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Mitternachtskinder: Roman (German Edition)

Mitternachtskinder: Roman (German Edition)

Titel: Mitternachtskinder: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Salman Rushdie
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sich schwindlig zu fühlen, wusste nicht recht, ob er tatsächlich laut gesprochen hatte, fragte sich, was er mit dieser Sache mit dem Loch meinte, merkte, dass seine Füße nicht mehr zu entkommen versuchten, und erkannte, dass er beobachtet wurde. Eine Frau mit dem Bizeps eines Ringers starrte ihn an und winkte ihm, ihr ins Zimmer zu folgen. Der Zustand ihres Saris machte ihm klar, dass sie eine Dienerin war, aber sie war nicht unterwürfig. «Sie sehen grün aus wie ein Fisch», sagte sie. «Ihr jungen Ärzte. Kommt in ein fremdes Haus, und eure Leber verwandelt sich in Gallert. Kommen Sie, Doktor Sahib, Sie werden erwartet.» Seine Tasche eine Spur zu fest umklammernd, folgte er ihr durch die dunkle Teakholztür.
    ... In ein geräumiges Schlafzimmer, das genauso schlecht beleuchtet
war wie das übrige Haus, wenn hier auch durch ein fächerförmiges Fenster hoch oben in einer Wand staubige Sonnenstrahlen durchsickerten. Diese verstaubten Strahlen illuminierten eine Szene, die bemerkenswerter war als alles, was der Doktor je erlebt hatte: ein Tableau von solch unwahrscheinlicher Fremdartigkeit, dass es seine Füße wieder zur Tür zog. Zwei weitere Frauen, ebenfalls wie Berufsringer gebaut, standen unbeweglich im Licht, und jede hielt mit hoch über den Kopf erhobenen Armen eine Ecke eines riesigen weißen Lakens, sodass es wie ein Vorhang zwischen ihnen hing. Herr Ghani tauchte aus der Düsternis auf, die das sonnenbeschienene Laken umgab, und erlaubte dem verdutzten Aadam, vielleicht eine halbe Minute lang das absonderliche Bild anzustarren. Nach deren Ablauf machte der Doktor, ohne dass ein Wort gesprochen worden war, eine Entdeckung.
    Genau in die Mitte des Betttuchs war ein annähernd rundes Loch mit einem Durchmesser von ungefähr fünfzehn Zentimetern geschnitten.«Mach die Tür zu, Ayah», befahl Ghani der ersten der Ringerinnen und wurde dann, sich an Aziz wendend, vertraulich. «Diese Stadt beherbergt viele Tunichtgute, die bei Gelegenheit versucht haben, ins Zimmer meiner Tochter zu klettern. Sie braucht», er nickte in Richtung der drei muskelstrotzenden Frauen, «Beschützerinnen. »
    Aziz betrachtete immer noch das Laken mit dem Loch. Ghani sagte: «Nun gut, machen Sie schon, untersuchen Sie meine Naseem auf der Stelle. Pronto.»
    Mein Großvater spähte im Raum umher. «Aber wo ist sie, Ghani Sahib?», stieß er schließlich hervor. Die Ringerinnen setzten eine geringschätzige Miene auf und, so schien es ihm, strafften ihre Muskeln für den Fall, dass er versuchen sollte, irgendwelche Kapriolen zu machen.
    «Aha, ich sehe Ihre Verwirrung», sagte Ghani mit breiter werdendem boshaften Lächeln. «Ihr aus Europa zurückgekehrten Kerlchen vergesst gewisse Dinge. Doktor Sahib, meine Tochter ist ein anständiges
Mädchen, das versteht sich von selbst. Sie stellt ihren Körper nicht unter der Nase fremder Männer zur Schau. Sie werden verstehen, dass Ihnen nicht erlaubt werden kann, sie zu sehen, nein, unter keinen Umständen. Folglich habe ich darum gebeten, dass man sie hinter diesem Laken aufstellt. Dort steht sie, wie es sich für ein braves Mädchen gehört.»
    Ein hitziger Ton hatte sich in Doktor Aziz’ Stimme geschlichen. «Ghani Sahib, sagen Sie mir, wie ich sie untersuchen soll, ohne sie anzusehen!»
    Ghani hörte nicht auf zu lächeln. «Sie werden freundlicherweise im Einzelnen anführen, welcher Teil meiner Tochter der Untersuchung bedarf. Ich werde ihr dann den Befehl erteilen, den verlangten Körperteil gegen das Loch zu halten, das Sie hier sehen. Und auf diese Weise mag die Sache dann durchgeführt werden.»
    «Aber über was für Beschwerden klagt die Dame eigentlich?» – mein Großvater war der Verzweiflung nahe. Worauf Herr Ghani, dessen Augen sich in ihren Höhlen nach oben drehten und dessen Lächeln sich zu einer Grimasse des Kummers verzerrte, entgegnete:«Das arme Kind! Es hat schreckliche, wirklich zu fürchterliche Magenschmerzen.»
    «In diesem Fall», sagte Doktor Aziz mit einiger Selbstbeherrschung,«wird sie mir bitte ihren Magen zeigen.»

Jod
    Padma – unsere pummelige Padma – schmollt großartig. (Sie kann nicht lesen, und wie alle Leute, die Fisch mögen, hat sie es nicht gern, wenn andere etwas wissen, was sie nicht weiß. Padma: stark, lustig, der Trost meiner letzten Tage. Aber ganz gewiss ein Neidhammel.) Sie versucht, mich von meinem Schreibtisch wegzulocken:«Iss, komm schon, das Essen verdirbt ja.» Ich bleibe eigensinnig übers Papier gebeugt. «Aber was

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