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Mittsommerzauber

Mittsommerzauber

Titel: Mittsommerzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inga Lindström
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Sonnensegeln aus Leinen. Eine dampfende Tasse stand dort bereit. »Wusste ich es doch, dass du jeden Moment auftauchen würdest.«
    Anna blieb stehen und verzog reumütig das Gesicht. »Du bist so ein Schatz, Silke. Aber ich hab echt keine Zeit. Bin mal wieder viel zu spät dran.« Doch sie wollte ihre beste Freundin nicht verärgern und nahm einen Schluck. Und gleich darauf einen zweiten. Silke hatte Recht. Heißer Kaffee war genau das, was sie jetzt brauchte.
    »Das tut gut, danke!«
    Silke nickte vergnügt. »Siehst du. Kaffee muss sein, wenn du sonst schon immer ohne Frühstück wegrennst. Wie wär’s mit frischem Kuchen? Bertil sagt sowieso ständig, dass du viel zu wenig isst.«
    Anna stellte die Tasse ab. »Gott sei Dank wisst ihr alle hier bestens über mich Bescheid, hm?« Sie hatte beabsichtigt, es in scherzhaftem Ton zu sagen, doch sogar in ihren eigenen Ohren klang ihre Stimme eine Spur vorwurfsvoll. Sie lachte hastig, um den Eindruck zu verwischen, doch Silkes Gesicht hatte den heiteren Ausdruck verloren.
    »Du warst schon wieder allein beim Paddeln. Das ist zu gefährlich, und du weißt es genau.«
    »Woher willst du wissen, dass ich paddeln war?« Anna wusste, dass diese Frage kindisch war, schon bevor Silke auf ihren Wagen deutete, der von hier aus zu sehen war. Das leuchtend orangerote Kajak prangte wie ein vorwurfsvolles liegendes Ausrufezeichen auf dem Gepäckträger und strafte jeden Versuch, das Offensichtliche abstreiten zu wollen, schon im Vorfeld Lügen.
    »Henner hat dich auch gesehen, er kam vorhin kurz vorbei. Du warst wieder an dieser schrecklich gefährlichen Stelle, wo du schon mal rausgefallen bist.«
    Anna grinste unwillkürlich, gegen ihren Willen belustigt. »Toll. Wie schön, in so einem Kaff zu leben. Da wird wenigstens jeder Schritt beobachtet.«
    Silke breitete die Hände aus. »Na und? Das garantiert immerhin, dass es jemand mitkriegt, wenn du aufhörst, zu atmen. Ist doch nett, wenn man nicht allein auf der Welt ist.«
    »Du, ich muss jetzt wirklich an die Arbeit.« Anna klemmte sich ihre Tasche unter den Arm und knöpfte rasch ihren Kittel zu. »Sonst zerreißen sich am Ende noch die allwissenden Leute die Mäuler, dass ich wieder zu spät angefangen habe.«
    Sie warf Silke einen übermütigen Handkuss zu. »Danke für den Kaffee. Der war meine Rettung! Auch wenn diese Fürsorge schon fast zu viel ist!«
    »Hauptsache, wir lieben dich«, rief Silke ihr nach.
    Anna nickte, ohne sich noch einmal umzudrehen.
    Die Apotheke lag direkt neben dem Café, ein Arrangement, das für Silke und Bertil höchst praktisch war. Beide waren ausgeprägte Familienmenschen und verliehen ihrer gegenseitigen Zuneigung gern und häufig Ausdruck, indem einer den anderen regelmäßig auf ein Schwätzchen an seinem Arbeitsplatz besuchte.
    Silke hatte das Café vor vier Jahren aufgemacht, als der Tourismus in der Gegend zugenommen und darüber hinaus die Eröffnung einer Kartonagefabrik etliche neue Anwohner in die Gegend gezogen hatte. Der Laden lief, zumindest in den Sommermonaten, ausgezeichnet, und Silke hatte bereits scherzhaft gemeint, ob Anna nicht lieber bei ihr jobben wollte als bei Bertil, es bliebe ja schließlich in der Familie. Vor ein oder zwei Jahren hätte Anna über eine derartige Bemerkung vielleicht noch lachen können, doch diese Zeiten waren längst vorbei.
    Sie kannte Silke und Bertil schon seit dem Kindergarten und liebte beide aufrichtig, doch seit einer geraumen Weile fühlte sich dieses Leben hier einfach falsch an. Anna konnte nicht einmal sagen, woran es lag. Alles war wunderbar harmonisch, es gab weder Streit noch sonstigen Stress in ihrer Beziehung mit Bertil. Und doch war es nicht mehr dasselbe wie früher.
    Sie atmete durch, als sie die Apotheke betrat. Nach dem hellen Sonnenlicht draußen war die Atmosphäre hier drin für einen Moment auf unheimliche Weise düster, beinahe wie in einem Mausoleum. Doch der Eindruck verflog sofort, und in der nächsten Sekunde war es nur noch eine etwas altertümlich wirkende Apotheke mit liebevoll polierten dunklen Schubfächern und geschnitzten Paneelen an Decke und Wänden. Bertil hatte die gesamte Innenausstattung originalgetreu restaurieren lassen, und auf den ersten Blick sah alles so aus wie vor fünfzig Jahren, als sein Großvater diese Apotheke eröffnet hatte. Hinter der antiken Fassade verbarg sich indessen modernste Technik, mit lautlos auf Spezialschienen gleitenden Auszügen, indirekter Beleuchtung, Klimaelektronik und einem

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