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Mittsommerzauber

Mittsommerzauber

Titel: Mittsommerzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inga Lindström
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Weise düster, beinahe wie in einem Mausoleum. Doch der Eindruck verflog sofort, und in der nächsten Sekunde war es nur noch eine etwas altertümlich wirkende Apotheke mit liebevoll polierten dunklen Schubfächern und geschnitzten Paneelen an Decke und Wänden. Bertil hatte die gesamte Innenausstattung originalgetreu restaurieren lassen, und auf den ersten Blick sah alles so aus wie vor fünfzig Jahren, als sein Großvater diese Apotheke eröffnet hatte. Hinter der antiken Fassade verbarg sich indessen modernste Technik, mit lautlos auf Spezialschienen gleitenden Auszügen, indirekter Beleuchtung, Klimaelektronik und einem effizienten Computersystem.
    »Da bist du ja«, sagte Bertil. Er stand hinter der Theke und bediente eine Kundin. »Hat meine Schwester dich mit ihrem Kaffeeklatsch aufgehalten?«
    »Silke ist absolut unschuldig. Ist mal wieder meine Schuld, dass ich zu spät bin.« Anna nickte der Kundin im Vorbeigehen zu. »Guten Morgen, Frau Hansen.« Rasch trat sie hinter die Theke und gab Bertil einen Kuss auf die Wange. »Tut mir Leid.«
    »Kein Problem«, sagte Bertil. »Ist ja noch nicht viel los um diese Tageszeit.« Er schlang beide Arme um Anna und drückte ihr einen Kuss auf die Lippen, eine völlig normale und unter Verlobten durchaus angemessene Begrüßung. Dennoch widerstand Anna nur mit Mühe dem Drang, einen Schritt zurückzutreten. Als hätte Bertil ihre Verspannung gespürt, ließ er sie los und schickte sich an, das Medikament für Frau Hansen einzupacken. Während er den Preis in die Kasse tippte, wandte er sich zu Anna um, die bereits im Begriff war, in eines der Hinterzimmer zu gehen. »Ach, warte mal, Anna. Da war vorhin ein Anruf aus Stockholm für dich.«
    Anna fuhr herum, davon überzeugt, dass ihr die Aufregung über diese Mitteilung auf mindestens hundert Meter Entfernung anzusehen war. »Wer war es denn?«, brachte sie mühsam heraus.
    Bertil hob die Brauen. »Eine Frau Lindberg. Sie ruft wieder an.« Zögernd setzte er hinzu: »Wer ist das denn?«
    »Lindberg? Keine Ahnung.« Anna hasste sich für die plumpe Lüge, doch in diesem Moment konnte sie nicht anders. Dies war weder der richtige Ort noch die richtige Zeit, eine Auseinandersetzung zu beginnen, schon gar nicht im Beisein von Frau Hansen, der größten Tratschtante des Ortes.
    »Vielleicht jemand von dem Einrichtungshaus«, sagte sie in gespielt nachdenklichem Ton. »Ich habe mir doch Stoffe für Vorhänge angeschaut.« Sie zuckte die Achseln. »Naja, ist auch egal.«
    Eilig verdrückte sie sich ins Büro. Nachdem sie sorgfältig die Tür hinter sich geschlossen hatte, zog sie den Prospekt der Reederei aus ihrer Tasche. Auf der Rückseite befand sich die Telefonnummer. Anna kannte sie längst auswendig, doch allein schon beim Wählen das bunte Blatt in der Hand zu halten und das Schiff zu betrachten vermittelte ihr ein eigentümliches Gefühl von Sicherheit und half ihr gegen die Nervosität.
    »Hier ist Anna Blomquist«, sagte sie, als die Telefonistin der Reederei Olsson sich gemeldet hatte. »Kann ich bitte Frau Lindberg sprechen?«
    Sie umklammerte den Hörer fester, während sie verbunden wurde.
    »Lindberg.« Eine angenehme, frische Frauenstimme. Anna holte Luft. »Anna Blomquist hier. Sie hatten angerufen?«
    »Richtig, Ihre Bewerbung liegt noch vor mir. Ich finde, es sieht recht vielversprechend aus. Ihre pädagogische Ausbildung in Kombination mit Ihrem sportlichen Interesse... Es gefällt mir. Können Sie sich persönlich bei uns vorstellen? Sie würden dann mit Frank Brodersten sprechen, unserem Personalchef.«
    »Oh, natürlich!« Anna konnte kaum atmen vor lauter Aufregung. »Selbstverständlich komme ich persönlich! Das ist toll! Ich meine, das ist... Wann? Wann soll ich kommen?«
    »Passt es morgen um elf Uhr dreißig?«
    »Das passt ganz wunderbar.« Es lag mitten in ihrer Arbeitszeit, doch wen interessierte das im Augenblick. Sie ganz sicher nicht.
    Als die Tür aufging und Bertil das Büro betrat, blieb Anna gerade noch Zeit, einen kurzen Abschiedsgruß ins Telefon zu stammeln und dann rasch aufzulegen.
    »Tut mir Leid, wenn ich störe«, sagte er. Anna glaubte, leichte Irritation in seiner Stimme wahrzunehmen, doch seiner Miene war nichts anzumerken. Sein schmales, intelligentes Gesicht wirkte beherrscht wie immer, und die dunklen Augen hinter der randlosen Brille zeigten den gewohnt freundlichen Ausdruck. Sein Kittel stand offen, was ihm einen leicht legeren Anstrich verlieh. Anna hatte einmal im Scherz

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