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Mittsommerzauber

Mittsommerzauber

Titel: Mittsommerzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inga Lindström
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völlig aussichtsloses Unterfangen, wie er nach ein paar Sekunden einsehen musste. In den vergangenen Stunden hatte er bereits öfter den Versuch unternommen, nicht an Eva zu denken, doch ebenso gut hätte er sich befehlen können, mit dem Atmen aufzuhören. Es war beinahe, als hätte er sich mit einem merkwürdigen Virus infiziert, der seither in seinem Blut kreiste. Das Gefühl war nicht nur angenehm, weil er darin eine Macht erkannte, vor der er hilflos war. Für gewöhnlich war er Herr seiner Empfindungen, und er war ganz und gar nicht sicher, dass das, was da mit ihm geschehen war, für ihn oder sonst jemanden wirklich gut war.
    Das Geräusch des näher kommenden Wagens war eine willkommene Unterbrechung seiner Grübeleien.
    Das Taxi hielt in der Einfahrt, und im Licht der Scheinwerfer sah David, wie Monica die Beifahrertür öffnete und ausstieg. Sie hätte ihn ebenso gut vom Krankenhaus aus anrufen können, dann hätte er sie abgeholt. Sein Handy steckte immer in seiner Hosentasche, und sie wusste das genau. Trotzdem hatte sie es vorgezogen, mit dem Taxi zu kommen. Schwer zu sagen, ob dies eine Demonstration ihrer Unabhängigkeit sein sollte oder ob sie damit eher ihrer Verärgerung Ausdruck verleihen wollte. David war es ohnehin egal. Im Moment interessierte ihn nur, was mit ihrem Vater war.
    »Wie geht es ihm?«, fragte er, nachdem sie ihn zur Begrüßung auf die Wange geküsst hatte. Also Unabhängigkeit, kein Arger.
    »Er will nach Hause«, sagte Monica. »Aber der Arzt ist anderer Meinung. Sie wollen operieren.« Sie ließ sich auf den Stuhl neben David fallen und nahm ihm das Käsemesser aus der Hand. »Immerhin haben sie ihn überreden können, erst mal dazubleiben.« Sie trank einen Schluck von dem Wasser, das David sich vorhin eingeschenkt hatte. »Ich wünschte, er würde endlich aufhören, den starken Mann zu spielen. Er ist nun mal nicht mehr der Jüngste. Stell dir vor, er klappt zusammen, und keiner ist in der Nähe...« Der Ausdruck von Besorgnis in ihrer Miene war echt, als sie sich David zuwandte. »Er kann einfach nicht hier bleiben! Nicht allein!«
    David nahm das Messer wieder an sich und schnitt ein Stück von dem Käse ab. »Hier, iss. Wird dir gut tun.«
    Monica warf einen Blick auf den Käse und das Wasserglas. Sie lachte, aber es klang alles andere als erheitert. »Käse und Wasser, wie? Was bist du für ein genügsamer Mensch! Und dabei erfindest du täglich neue Köstlichkeiten für das Volk!«
    David schob sich den Käse in den Mund und kaute voller Genuss. »Ich würde sonstwas drum geben, wenn ich so einen Geschmack synthetisch herstellen könnte, glaub mir.« Er deutete in die Runde. »Überhaupt, das alles hier. Es ist... Es ist einfach traumhaft. Ich frage mich schon die ganze Zeit, wieso wir eigentlich nicht öfter herkommen. Es würde uns gut tun. Und wir könnten deinem Vater helfen, so wie früher.«
    »Für dich ist das hier ja vielleicht toll.« Ihre Stimme klang emotionslos, doch David ließ sich nicht täuschen. In ihr brodelte es, und bei ihrer nächsten Bemerkung brach es aus ihr heraus. »Du stehst vielleicht auf diese Bauern-romantik mit Schafsmist und Blöken und Käse und diesem Kram! Ich kann es nicht ausstehen! Hörst du?« Sie beugte sich vor, das Gesicht voller Abscheu und Wut. »Verstehst du, was ich sage? Ich hasse es!«
    Er wollte widersprechen, doch ihm fiel rechtzeitig ein, welche Umstände in ihrem Leben zu dieser Abwehrhaltung beigetragen hatten. Es war besser, ihren Zorn nicht noch weiter herauszufordern, das würde zu nichts führen.
    Er schob den Stuhl zurück und stand auf. »Ich schaue mal nach, ob ich was Richtiges für dich zum Essen auftreibe. Vorhin habe ich Knäckebrot gesehen, und Eier habe ich auch im Angebot. Wie wär’s mit Rührei oder Spiegelei?«
    Monica schüttelte den Kopf und stand auf. »Keine Zeit. Ich muss in aller Herrgottsfrühe raus, wenn ich den Flieger morgen erwischen will.«
    David blieb perplex stehen. »Du willst allen Ernstes fliegen?«
    Sie bedachte ihn mit gereizten Blicken. »Was dachtest du denn, was ich mache? Hier bleiben?«
    »Und dein Vater? Der Hof? Wie soll das denn hier alles weitergehen?«
    Monica wollte auffahren, doch dann ließ sie die Schultern nach vorn fallen. Von einer Sekunde auf die andere wirkte sie verzagt wie ein kleines Mädchen, und plötzlich meinte David, sie wieder vor sich zu sehen, wie sie mit dreizehn gewesen war. Sein innerer Widerstand schmolz, und er hätte gern etwas getan, um es ihr

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