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Mittsommerzauber

Mittsommerzauber

Titel: Mittsommerzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inga Lindström
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hier überall ständig versprühten, rochen seine Sachen wie frisch aus dem Paradies.
    Er bückte sich, um nach seinen Schuhen zu greifen, als er aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahrnahm.
    Die Tür des Krankenzimmers hatte sich geöffnet, und vor dem hellen Rechteck des Gangs sah er die Umrisse der Nachtschwester. Sie stand da wie der leibhaftige Zerberus, beide Hände in die Hüften gestemmt und einen, wie Gustav meinte, geradezu fanatischen Ausdruck im Gesicht.
    »Sie sind ja aufgestanden«, sagte sie.
    »Was Sie nicht sagen«, gab Gustav brummig zurück.
    »Das geht aber nicht, Herr Axelsson.« Und schon war sie an seiner Seite, um ihn zurück ins Bett zu verfrachten. Gustav fügte sich notgedrungen. Nicht nur, weil er schwach war wie ein kleines Kind und daher körperlich gar nicht in der Lage, sich gegen die aufgedrängte Fürsorglichkeit zu wehren, sondern auch, weil er vernünftig genug war, es für diese Nacht gut sein zu lassen. Er wusste jetzt, dass er laufen konnte, und das war die Hauptsache.
     
    *
     
    An diesem Morgen war die Welt wie frisch poliert, als David aus dem Haus trat und zum Seeufer ging. Er hatte hervorragend geschlafen und war fit und ausgeruht. Seit langem hatte er nicht mehr so gute Laune gehabt, was vielleicht auch gleichzeitig der Grund war, warum er sich dafür gewappnet fühlte, Monica anzurufen. Es war ihm egal, ob sie ihn mit Vorwürfen überhäufte oder sonst wie ihren Zorn über die Entwicklung der Dinge an ihm ausließ - heute Morgen würde er das problemlos verkraften. Es war das Wenigste, dass er ihr eine gute Reise wünschte.
    Um diese Zeit musste sie am Gate sitzen und auf das Boarding warten. Ihr Flug ging in fünfundvierzig Minuten.
    David zog sein Handy heraus und tippte die Kurzwahl mit Monicas Nummer. »Hej«, sagte er freundlich. »Ich wollte dir einen guten Flug wünschen. Und viel Erfolg in Chicago.«
    »Danke.« Ihr Tonfall war reserviert, doch bei ihrer nächsten Bemerkung erkannte David, dass sie bloß aufgeregt war. »Ich habe Angst, ob ich das alles schaffe.«
    »Ach was, du musst nicht nervös sein. Die sind froh, wenn sie jemanden wie dich bekommen.«
    »Was machst du gerade?«, wollte sie wissen.
    »Ich bin auf dem Weg zum See. Will mal nachsehen, ob das Boot noch funktioniert. Falls ja, fahre ich damit nach Barkhult und frage beim Bauernverband nach einer Aushilfe. Und natürlich sehe ich nach deinem Vater. Er wird sicher einen Bademantel oder einen Pyjama brauchen. Und normale Kleidung natürlich. Ich habe schon was zusammengepackt.«
    »Ja«, sagte Monica. Es klang geistesabwesend. »Bis dann also. Ich melde mich.«
    »Alles Gute«, sagte er erneut, doch sie hatte die Verbindung bereits getrennt.
    Das Gespräch hatte seiner Laune einen Dämpfer versetzt, aber nicht so sehr, dass es ihm den Spaß am Bootfahren verdorben hätte. Der alte Kahn funktionierte tatsächlich tadellos. Der Motor tuckerte zwar reichlich laut, und beim Starten ertönte eine Abfolge knatternder Geräusche, die es zweifelhaft erscheinen ließen, dass er mit dem Ding heil über den See kommen würde. Aber als er erst einmal unterwegs war, verschwanden die Zweifel mit jedem Meter, den er zurücklegte. Der Wind fuhr ihm durchs Haar und blähte sein Hemd, als er wie ein Kapitän am Bug stand und über das von Sonnenreflexen leuchtende Wasser schaute. Viel zu schnell für seinen Geschmack kam er im Hafen von Barkhult an. Mit gedrosseltem Motor fuhr er an der Mole entlang zur Anlegestelle für Kleinboote, wo er das Boot vertäute und über den Steg in Richtung Dorfmitte ging. Eine Weile spazierte er einfach nur entspannt durch die Straßen und ließ die Umgebung auf sich wirken. Wenn er mit Monica hier war, kamen sie meist nicht dazu, durch Barkhult zu schlendern. Genau genommen hatten sie es noch nie gemacht, sondern waren immer nur durchgefahren, bis auf das eine Mal, als ihr ein Kosmetikspiegel kaputtgegangen war und sie unbedingt einen neuen brauchte. Damals hatte er sie überredet, in einem kleinen Bistro noch einen Kaffee mit ihm zu trinken.
    Er fand das Straßen café mit den verschnörkelten weißen Stühlen und der grüngold gestreiften Markise auf Anhieb wieder und ging erfreut darauf zu. Doch dann stockten seine Schritte, und er blieb stehen. An einem der Tische saß Eva Winklund. Ihr Haar schimmerte in der Morgensonne, und der Pastellton ihres Kleides unterstrich ihre ätherische Erscheinung. Vor ihr stand eine Kaffeetasse, und sie las etwas, so viel konnte er aus der

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