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Mittsommerzauber

Mittsommerzauber

Titel: Mittsommerzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inga Lindström
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Entfernung erkennen. Womit auch immer sie sich beschäftigte, er würde es gleich wissen, denn er hatte sich bereits in Bewegung gesetzt, um ihr einen guten Morgen zu wünschen.
    Dann blieb er abermals stehen, denn außer ihm ging noch jemand auf den Tisch zu, eine hochschwangere junge Frau in einem zeltartigen Umstandskleid, die bereits die Hand ausgestreckt hatte, um sie Eva auf die Schulter zu legen. David zögerte einen Augenblick, dann wandte er sich entschlossen ab. Damit tat er das Gegenteil von dem, was seine Gefühle ihm befahlen, doch was blieb ihm übrig? Alles andere wäre verrückt gewesen. Verrückt und gefährlich.
    Leider war seine Laune nach dieser unerwarteten Begegnung in eine Art schwarzes Loch gefallen. Stumm und in sich gekehrt machte er sich auf den Weg zum Bauernverband.
     
    *
     
    Eva zog das nächste Blatt hervor, auf dem sie eine hochinteressante Zusammenfassung über Klauen ausgedruckt hatte. Schafsklauen natürlich. Schafe hatten gespaltene Klauen, und in den Ritzen konnte sich bei feuchtem Wetter und schlammigem Boden leicht Erde festsetzen, was zu Entzündungen führte und die Tiere lahmen ließ. Die Tragränder der Klauen mussten daher regelmäßig mit bestimmten Werkzeugen entfernt und die Hornwand sauber ausgeschnitten werden, damit es erst gar nicht dazu kam. Aufmerksam betrachtete Eva die Abbildungen mit den Werkzeugen und den Methoden des Klauenschnitts, als Britta von hinten an ihren Stuhl trat und sie aus ihrer Lektüre riss. »Seit wann interessierst du dich für Schafe?«
    Eva schaute zu ihr hoch. »Tu ich gar nicht«, behauptete sie. »Bin nur zufällig im Internet darauf gestoßen.« Sie berührte vorsichtig mit den Fingerspitzen Brittas Bauch. »Was sagt der Arzt? Wie lange darf ich noch hier bleiben?«
    Britta setzte sich auf den freien Stuhl neben Eva. »Er meint, das Kleine ist ziemlich ungeduldig. Aber je länger es sich noch Zeit lässt, umso besser.«
    Eva nickte. Sie hatte in einem der Schwangerschaftsmagazine, die überall bei Britta herumlagen, darüber gelesen. Bei Kindern, die mehr als drei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin zur Welt kamen, traten häufig gesundheitliche Komplikationen auf.
    Britta winkte der Bedienung. »Kann ich bitte einen Milchkaffee haben?« An Eva gewandt, setzte sie hinzu: »Soso, Schafzucht also. Eva, du bist mir ein Rätsel. Manchmal möchte ich wissen, was in deinem Kopf vor sich geht.«
    Eva merkte, wie sie rot wurde. Sie lachte gutmütig und schüttelte über sich selbst den Kopf. Wem wollte sie hier was vormachen? Einer Frau, die sie seit der Grundschule kannte?
    »Ich bin eben vielseitig interessiert«, sagte sie.
    Britta grinste. »Da gibt es wohl einen netten Schäfer, von dem ich nichts weiß, wie?« Sie lehnte sich zurück. »Wer ist es? Wen hast du getroffen?« Sie dachte kurz nach, dann hoben sich ihre Brauen. »Doch nicht David? Ja, er muss es sein. Du hast dich nach ihm erkundigt. Attraktiver Bursche, oder?«
    Eva zuckte die Achseln. Was hätte sie auch sagen sollen? Sie hatte ihn nur einmal getroffen, nichts weiter. Und es war ja auch nichts passiert. Nichts, außer dass die Welt irgendwie stehen geblieben war und sich gleich darauf doppelt so schnell weitergedreht hatte.
    »Lass uns eine Liste machen, was ich heute noch besorgen soll«, schlug sie vor. »Brauchst du etwas Besonderes? Was willst du heute Abend essen?«
    »Ich würde viel lieber über diesen Schäfer reden.«
    »Da gibt es nichts zu reden. Ich fahre dich jetzt nach Hause, du gehörst schon längst wieder in die Waagrechte.«
    Doch später, als sie mit dem Rad hinaus zu Gustavs Hof fuhr, wusste sie, dass sie jede Menge hätte erzählen können. Zum Beispiel hätte sie Britta gegenüber erwähnen können, dass sie kaum Luft bekam, wenn David sie ansah. Oder dass ihr Puls anfing zu rasen, wenn ihre Körper sich berührten. Oder, last but not least, dass er einen grässlichen Kaffee kochte. Den sie mit allergrößter Begeisterung heruntergeschüttet hatte, und zwar gleich drei Tassen davon. Nur um noch eine Weile länger bei ihm sitzen zu können.
    Sein Wagen stand in der Einfahrt, also musste er hier sein. Aufgeregt stellte sie das Rad ab und legte die Hand gegen die Brust, als könnte sie so ihr Herz dazu zwingen, langsamer zu schlagen.
    Akka kam angesprungen, und sie tätschelte ihr zerstreut den Kopf, während sie aufs Haus zuging. Zu ihrer grenzenlosen Enttäuschung öffnete ihr niemand, obwohl sie mehrmals klopfte und dann sogar zögernd seinen

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