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Mittwinternacht

Mittwinternacht

Titel: Mittwinternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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keine Schönheit – es war überhaupt nicht wie bei Ophelia.
    Die niemals nackt gewesen wäre oder so gegrinst hätte wie Moon, als sie in dieser Wanne voll stehendem, rotbraunem, kaltem Wasser erstarrte. Mit aufgerissenen Augen, die an Milchglas erinnerten, und Lippen, die über das Zahnfleisch und weiße Zähne zurückgezogen waren.
    Die schöne Moon, wie abstoßend sah sie aus mit ihrem abgefeimten, verschlagenen, blutleeren Grinsen und den in Blut eingelegten Fingern unter den Brüsten – an der Wasserlinie, an der Blutlinie. Und mit den aufgerissenen Handgelenken; es waren keine säuberlichen Schnitte – die Haut war aufgerissen und zerfetzt.
    «Lol!», schrie Denny. Der Druck gegen Lols Rücken verschwand. Denny nahm Anlauf, um sich gegen die Tür zu werfen.
    Sie lag schon lange so da, das war klar. Es war weder am Morgen noch in der vergangenen Nacht passiert; es musste schon Samstagnacht passiert sein, vielleicht nur Stunden nachdem er sie nach Hause gebracht und widerspruchslos ihre Ablehnung hingenommen hatte   … sogar fast dankbar war er ihr gewesen, weil er um Moon etwas Dunkles, Unreines gespürt hatte. Er hätte sagen sollen: Moon, wir müssen ein paar Dinge besprechen. Das hätte er schon längst sagen müssen – nach der Sache mit der Krähe. Und er hätte schon längst mit Merrily Watkins darüber reden müssen.
    Lol schluckte seine Übelkeit hinunter, ging näher zur Wanne und beugte sich über sie. Zwischen Moons Beinen lag die korrodierte, feilenartige Klinge, gezackt, schwärzlich und schartig und alt, sehr alt.
    Er erinnerte sich an ihre schlanken, überraschend kräftigen, mit Krähenblut beschmierten Hände. Er wandte sich ab und öffnete Denny die Tür.
    «Ich möchte jetzt schlafen, Lol.»

25
Elender Wichser
    Sophie fragte: «War es sehr schrecklich?»
    «Kann man wohl sagen.»
    «Es ist wirklich abstoßend.» Sophies Stirn umwölkte sich. «Ich habe einmal ein Buch von einem Aussteiger-Satanisten gelesen, und er schreibt, dass sie, wenn sie in Kirchen einbrechen und diese widerwärtigen Dinge tun, fast rauschhafte Gefühle entwickeln. Danach haben sie ein unglaubliches Hochgefühl. Es soll beinahe   … sexuell sein.»
    «Na ja», sagte Merrily, «es wäre ja auch erstaunlich, wenn sie so etwas tun würden, damit ihnen schlecht wird, oder?»
    Als sie in ihr eigenes Büro gegangen war, rief Merrily bei Huw Owen an.
    Keine Reaktion, kein Anrufbeantworter.
    Sie überlegte, ob sie Lol anrufen sollte, um das Treffen mit seiner Freundin Moon zu verschieben, doch dann klingelte das Telefon. Sophie.
    «Merrily, da ist Chief Inspector Howe in der Leitung.»
    «Oh. Stellen Sie durch.»
    «Mrs.   Watkins?»
    «Guten Morgen.»
    «Mrs.   Watkins, ich   … mmh   … ich möchte bei Ihnen einen fachlichen Rat einholen.»
    «Bei mir?»
    «Ganz recht», sagte Howe.
    «Meine Güte.» Wahrscheinlich hatte ihr der Polizeipräsident bei einem kleinen Mittagessen mit dem Bischof geraten, Merrily um irgendeine Auskunft zu bitten.
    «Mrs.   Watkins?»
    «Entschuldigung, ich musste nur gerade eine meiner Tabletten gegen plötzliche Nervositätsausbrüche nehmen.»
    Howe seufzte. «Vielleicht könnten wir uns persönlich treffen. Ich vermute, Sie haben nach diesen Teufelsanbetern in der Kirche aufgeräumt.»
    «Wenn man diese Leute so nennen kann. Ich bin davon jedenfalls nicht überzeugt.»
    «Gut. Genau darüber wollte ich mit Ihnen sprechen.»
    «Sagen wir um ein Uhr? In einem Pub?»
    «Nein, ich komme zu Ihnen ins Büro», sagte Annie Howe.
    Sophie kam zu Merrily herein. «Jetzt ist Hochwürden Owen am Apparat. Sie können das Gespräch bei mir annehmen. Ich muss ohnehin kurz weg.»
     
    «Schwer, diese Atmosphäre zu vergessen, was, junge Frau?»
    «Schwer, den Geruch zu vergessen.»
    «Haben sie denn auch irgendwohin gekackt?»
    «Davon habe ich nichts bemerkt, allerdings bin ich auch nicht in sämtliche dunklen Winkel gekrochen.»
    «Also, das Problem hier besteht darin», sagte Huw, «zu entscheiden, ob man das ernst nehmen muss oder ob es nur ein paar Kids sind, die es lustig finden, ein bisschen Satanist zu spielen.»
    «Ich dachte, beim Spielen bleibt es dabei nie.»
    «Meiner Erfahrung nach nicht. Erzählen Sie mir von dem Vogel.»
    «Na ja, es war eine Krähe oder ein Rabe. Gibt es da einen Unterschied? Keine Ahnung. Sie haben ihn aufgeschlitzt und seine Innereien über den Altar verteilt. Es gibt in dieser Kirche so eine Art Doppelaltarraum, aber sie haben es auf dem Hauptaltar auf der

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