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Mittwinternacht

Mittwinternacht

Titel: Mittwinternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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mit Fotos aus der Tasche. Sophie, die ihnen gerade ein Kaffeetablett hereinbrachte, sah eins davon und schnappte nach Luft.
    «Sie haben doch nichts dagegen, oder?» Howe stand auf und schloss die Tür hinter Sophie.
     
    «Ich glaube, man nennt es die Ziege von Mendes», sagte Merrily.
    Ein Farbfoto, das offenbar ein Poster zeigte. Reißerisch aufgemachte Dämonie wie bei einem dieser Dinosaurier-Heavy-Metal-Alben aus den Achtzigern.
    «Darauf kommen wir noch zurück», sagte Howe. «Aber hier ist ein Foto von Paul Sayer. Nach allem, was wir wissen, könnte er sich schon ein paar Tage in der Stadt aufgehalten haben, bevor er umgebracht wurde.»
    Er hatte ein fuchsartiges Gesicht, die untere Hälfte beinahe dreieckig. Kein Lächeln. Glattes Haar, das fettig wirkte. Auch wenn sein Blick vollkommen leblos war, so war er auf diesem Foto keineswegs tot.
    «Passbild.» Annie Howe löste den Gürtel ihres Regenmantels. «Ist nicht schlecht getroffen. Erkennen Sie ihn?»
    Merrily schüttelte den Kopf. Howe sah sich interessiert in dem Büro um. Dann lächelte sie, und leiser Spott schien aus ihren Kontaktlinsenaugen zu blitzen. «Sie kommen mir hier oben in ihrem Turm fast wie ein Wachhund vor, Mrs.   Watkins.»
    «Sagen Sie – wenn Sie nicht gekommen sind, weil Sie vorhaben, mich zu verhaften   –, wollen Sie mich dann nicht Merrily nennen?»
    «Ehrlich gesagt sind die Leute, die ich beim Vornamen nenne, meistens solche, die ich schon verhaftet
habe
. Standard-Verhörtechnik, wissen Sie.»
    «Ich vermute aber, dass die Verdächtigen
Sie
nicht Annie nennen, oder?»
    Sie strahlte wirklich die Herzlichkeit eines Gletschers aus. Sie musste etwa zweiunddreißig sein, schätzte Merrily, also in demselben Alter wie der Tote, den sie aus dem Wye gefischt hatten – Paul Sayer, dessen Foto jetzt vor ihr auf dem Tisch lag.
    «Vermutlich klären Sie mich gleich darüber auf, was dieser arme Mann mit der Ziege und mir zu tun hat.»
    «Dieser arme Mann?», sagte Annie Howe. «Warum glaube ich nur, dass Ihre Sympathie für ihn ziemlich kurzlebig sein wird?»
    «War er vorbestraft?»
    «Nein, keineswegs. Er war, seiner Verwandtschaft zufolge, ein ruhiger, unauffälliger Mann in geordneten Verhältnissen, der in Chepstow als Bankangestellter arbeitete und in einem Reihenhaus am Stadtrand wohnte, das er makellos in Ordnung hielt. Er war unverheiratet, früher aber drei Jahre lang mit einer Frau aus Stroud verlobt, die inzwischen nach Australien ausgewandert ist. Ich werde heute Abend mit ihr telefonieren, aber ich kann mir schon denken, weshalb die Beziehung in die Brüche gegangen ist.»
    Merrily nahm eine Zigarette aus der Schachtel. «Stört es Sie?»
    «Das ist Ihr Büro.»
    «Ich mache das Fenster auf. Und warum ist die Beziehung nun gescheitert?»
    «Sie müssen das Fenster nicht aufmachen, Mrs.   Watkins. Ich werde schließlich dafür bezahlt, Risiken einzugehen. Tja, ich vermute, sie hat seinen Keller gesehen.»
    Keller?
    «O nein, er war doch kein Serienmörder wie Fred West, oder?»
    «Wir wollen doch nicht gleich das Schlimmste annehmen, oder? Das hier ist der Raum.»
     
    Sechs weitere Fotografien, alle in Farbe, obwohl es in diesem Keller kaum etwas Buntes gab.
    «Mein Gott», sagte Merrily.
    «Jetzt verstehen Sie bestimmt, warum ich zu Ihnen gekommen bin, oder?» Howe drehte eines der Bilder halb zu sich herum, es war mit Weitwinkel von der obersten Stufe der Kellertreppe aufgenommenworden. «Würde so ungefähr ein Standard-Satanistentempel aussehen, was meinen Sie?»
    «Ich war ehrlich gesagt noch nie in einem, aber es sieht aus, als   … na ja, als hätte er seine Einrichtungsideen vor allem aus alten Dracula-Filmen und Satanisten-Romanen von Dennis Wheatley.»
    «Der Altar», sagte Howe, «scheint aus Gusssteinelementen zusammengesetzt zu sein, die er sich möglicherweise in den Gartencentern der Umgebung zusammengesucht hat. Das Poster stammt aus Amerika, wahrscheinlich hat er es sich per Post bestellt – wir haben auch noch ein paar Zeitschriften mit solchem Zeug drin gefunden.»
    «Grässlich.»
    «Ich muss zugeben, dass ich ohnehin schon Probleme damit habe, die Millionen von Menschen zu verstehen, die Ihren Gott anbeten, aber das hier   … Wie ernst muss man diese Leute nehmen? Wie echt sind sie?»
    «Das kann ich nicht sagen   … Allerdings neige ich dazu, den Mann, der diesen Tempel gebaut hat, für das zu halten, was meine Tochter einen   … elenden Wichser nennen würde.»
    «Aber ein toter

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