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Mittwinternacht

Mittwinternacht

Titel: Mittwinternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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spazieren, aber dann hätte ich ja zumindest ein paar Fußabdrücke im Schnee sehen müssen.»
    «Ich komme rüber», sagte Denny. «Bleib dort, verdammt.»
     
    Lol ging gemeinsam mit den Purefoys wieder hinaus in Richtung Scheune.
    «Die Scheune   … ähm   … gehört immer noch Ihnen, oder?»
    «O ja», sagte Anna. «Katherine hat ein paarmal Interesse an einem Kauf angedeutet, aber davon waren wir nicht sehr angetan. Die Scheune steht sehr nahe beim Haus, und wenn sie nun   … Also, was wäre, wenn sie es sich nun anders überlegt und plötzlich wieder verkauft hätte?»
    Lol vermutete, dass sie sich eher gefragt hatten, was wäre, wenn Kathy von Männern in weißen Kitteln abgeholt worden wäre.
    «Dann hätte
jeder
die Scheune kaufen können», sagte Tim. «Und sie steht wirklich sehr nahe beim Haus.»
    «Dann haben Sie vermutlich noch einen Schlüssel, oder?»
    «Na ja, wir haben die Schlüssel. Aber wir würden niemals unaufgefordert hineingehen. Wie ich immer zu Anna sage, das geht uns nichts an. Man sollte nie zu   … neugierig sein. Wir versuchen nicht zu bemerken, was wir nicht bemerken sollen.»
    Was hatte Moon hier getrieben?
    Lol fragte sich, wie lange die Purefoys selbst hierbleiben würden, wenn sie sich einmal an den Ausblick gewöhnt hätten und das Brotbacken den Reiz des Neuen verlieren würde. Häuser wie dieses, das jahrhundertelang von derselben Familie bewohnt worden war, wechselten in den ersten zwanzig Jahren danach häufig ein halbes Dutzend Mal den Besitzer. Es war schwer, sich unter der altehrwürdigen Tradition eines anderen einzurichten.
    Und teuer war es garantiert auch. Man kaufte ein Landhaus für den Bruchteil dessen, was man in London für eine Wohnungzahlte, und stellte erst hinterher fest, wie viel man in das Haus stecken musste, nur damit es nicht einstürzte. Moon war den Purefoys vermutlich gerade recht gekommen.
    «Haben Sie auch etwas mit diesem kleinen Laden zu tun?», fragte Anna. «In dem Katherine arbeitet?»
    «Ich? Nein, eigentlich nicht. Ich bin nur   … ein Freund von ihr. Und von Denny.»
    «Muss ein sehr beschäftigter Mann sein, ihr Bruder», sagte Tim. «Scheint nie Zeit für einen Besuch bei ihr zu haben.»
    Lol versuchte es noch einmal mit lautem Klopfen, für den Fall, dass Moon immer noch schlief.
    «Soll ich vielleicht mal nach hinten gehen und an ein Fenster klopfen?»
    «Tun Sie, was Sie für richtig halten, mein Lieber.»
    Lol schob sich durch das Gebüsch. Hinter der Scheune lag unter der Schneedecke offenbar ein leicht erhöhtes Rasenstück. Es sah sehr hübsch aus, wie ein Kuchen mit rosafarbener Glasur.
    Allerdings entdeckte er darin wie bei exotischem Konfekt bei näherem Hinsehen weitere Farbtöne. Das Rosa war an den Stellen, an denen es schon getaut hatte, leicht bräunlich geworden. Erdbeereis in der Mitte, Sorbet an den Rändern und dahinter die Feldsteinwand der Scheune.
    Es fehlte nur noch die Kirsche in der Mitte, dachte Lol in diesem surrealen Augenblick. Das Béret aus roter Wolle, das Merrily so oft getragen hatte, würde sich sehr gut eignen. Wenn man es auf die Mitte dieses Rasens warf, würde es auf dem weichen, feuchten rosa Schnee aussehen wie eine leuchtende Kirsche.
    Unter einem Rohrstutzen, der etwa in Kniehöhe aus der Scheunenwand ragte, hatte sich im Schnee ein gezacktes Schmelzloch gebildet.
    Sie haben bei den Klempnerarbeiten gepfuscht, dachte er. Das war der Überlauf aus dem Bad, und er sollte in einen Abfluss laufen.
    O Gott!
    Lol dachte daran, wie vollständig sich Moon verändert hatte, als sie an der Tür der Scheune angekommen waren. Ihr Stimme hatte so schneidend geklungen wie die Kälte des Abends, und ihre Augen hatten im Mondlicht wie Eis geglitzert, als sie ihre Schlüssel herauszog. Sie hatte wieder über Dick Lyden geredet und darüber, was für ein Clown er war. Dabei hatte sie einen langen schwarzen Schlüssel aus dem Bund geschüttelt und die Tür aufgeschlossen.
    Vielleicht doch kein so großer Clown, hatte Lol in diesem Moment gedacht. Moons Selbstvertrauen schien wie auf Knopfdruck zu erscheinen, sobald sie auf den Hügel kam – sobald sie das Kind vom Hügel, die starke Ausstrahlung der alten Siedlung um sich spürte. In Dicks Terminologie war es eine Phantasiekonstruktion.
«Auf diese Art bestimmen wir unser Schicksal.»
    Er hatte eine Bewegung gemacht, um ihr in die Scheune zu folgen, doch sie hatte sich im Türrahmen umgedreht und war irgendwie erstarrt.
    «Nein»
, hatte sie

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