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Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Titel: Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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Regierung Ihrer Majestät gehörten.»
    «Das hat uns erstaunt», sagte Tarrant nachdenklich.
    «Können Sie sich einen Grund dafür denken?»
    «Es könnte sein, daß die verantwortliche Person sich schließlich in England anzusiedeln gedachte und nicht daran interessiert war, als unerwünscht zu gelten.»
    «Warum gerade hier?»
    «Das könnte eine lange Geschichte werden. Ich glaube aber nicht, daß es wichtig ist.»
    «Wir verzeichnen außerdem», sagte Fraser zweifelnd, «daß ‹Das Netz› sich auch völlig zweier weiterer gewinnbringender Zweige des Verbrechens enthielt – Narkotika und Rauschgift. Zweimal lieh es sogar dem amerikanischen Bureau of Narcotics wertvolle Hilfe.» Sie nickte. «Das glaube ich auch. Wenn man einmal einen bestimmten Standpunkt einnimmt, dann muß man wahrscheinlich auch entsprechend positiv handeln, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet.»
    «Im Jahre 1962», sagte Fraser, «haben wir als Tatsache verzeichnet, daß Sie in Beirut einen heruntergekommenen Engländer geheiratet haben. Wir vermuten, daß es sich dabei um ein rein finanzielles Abkommen zur Erlangung der britischen Staatsbürgerschaft handelte.»
    «Ja. Ein sehr reines, sehr ausschließlich finanzielles.»
    Wieder erhellte das plötzliche Lächeln ihr Gesicht.
    Fraser räusperte sich, sah verlegen drein und starrte auf die Maschinenschriftseite hinunter.
    «Und damit», fuhr er fort, «kommen wir jetzt zu der Zeit zwei oder drei Jahre nach Ihrer Übernahme des Netzes, als William Garvin sich Ihnen anschloß. Wir haben als Anlage seine Personalakte mit.» Er blätterte mehrere Seiten durch. «Er war in einer Besserungsanstalt in England und saß später zwei kurze Gefängnisstrafen ab, bevor er ins Ausland verschwand. In verschiedenen Teilen der Welt geriet er einige Jahre lang wiederholt in mancherlei Unannehmlichkeiten. Ich will die Einzelheiten, soweit wir sie haben, übergehen, aber wir glauben, daß Sie ihn bald nach seiner Entlassung aus der Fremdenlegion in Saigon gefunden haben.
    Von diesem Punkt an begeben wir uns wieder auf das – äh – Gebiet der Vermutungen.» Fraser hielt inne und nahm einen Schluck Brandy.
    Er war Brandy-Kenner, und Tarrant beobachtete interessiert seinen Kampf, einen Blick erfreuten Staunens zu unterdrücken. Nach einem erstarrten Augenblick stellte Fraser tapfer das Glas hin und runzelte nichtssagend die Nase.
    «Es hat den Anschein», sagte er und wandte sich wieder der Akte zu, «daß Garvin sechs bis sieben Jahre lang Ihr enger Geschäftspartner war, Miss Blaise – praktisch bis zum vergangenen Jahr, als ‹Das Netz› zwischen seine verschiedenen – äh – Abteilungsleiter in den einzelnen Ländern aufgeteilt wurde.»
    Fraser schloß den Aktendeckel und schaute mit einem schlauen Ausdruck auf. «Wir wissen, daß Sie beide vor elf Monaten in unser Land kamen, Miss Blaise, und wir wissen, daß Garvin ein Gasthaus namens
The Treadmill
an der Themse kaufte. Wir wissen auch, daß Sie beide äußerst vermögend sind, was vielleicht erklärt, warum es seither keinerlei Andeutung –» er machte eine Pause und grinste hinterhältig – «irgendeiner – äh – ungesetzlichen Tätigkeit mehr gab.»
    «Sehr gut», meinte Tarrant. «Wunderschön formuliert, Fraser. Ihre Redewendungen sind bewundernswert.» Er empfing das erwartete abwehrend bescheidene Lächeln und schaute Modesty Blaise fragend an.
    «Interessant», sagte sie langsam. «Aber wie Sie sagen: in der Hauptsache Vermutungen. Ich habe nicht das Gefühl, daß Sie das für irgendeinen drastischen Schritt benützen können.»
    «Ich habe nicht daran gedacht, es zu benützen.» Tarrant machte eine Pause, und es herrschte Schweigen.
    Ein Gutes an diesem Mädchen war, daß Schweigen es nicht beunruhigte. Es ließ einem Zeit zu überlegen, ohne hastig Gesprächslücken füllen zu wollen.
    Tarrant überlegte und wurde sich einer Enttäuschung bewußt. Das Mädchen faszinierte ihn. Sie war schön und anregend. Ihre heitere Ruhe vor dem seltsamen dunklen Hintergrund ihres Lebens war ungeheuer erregend. Aber etwas fehlte – eine Eigenschaft, die er bei seinen Agenten zu wittern gelernt hatte, wie er die Qualität einer guten Zigarre wittern konnte, noch bevor er sie rauchte.
    Es war schwer zu definieren – vielleicht eher eine latente Kraft als eine Eigenschaft. Eine potentielle kalte Wildheit, gepaart mit einem unbeugsamen Willen. Guter Gott, sie mußte das doch einst besessen haben!
    Konnte es sein, daß sie das verloren hatte?

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