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Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Titel: Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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Bisher hatte er keine Andeutung davon an Modesty Blaise entdecken können, sie war völlig locker, völlig beherrscht, und das war richtig so. Aber von der vitalen Möglichkeit, zu einer Tigerin werden zu können, konnte er nichts entdecken. War der stählerne Kern verrostet, die Flamme des Willens erloschen?
    «Weit entfernt davon, unsere Vermutungen in irgendeiner Weise gegen Sie ausnützen zu wollen», sagte er liebenswürdig, «haben wir vielmehr gehofft, daß umgekehrt Sie uns von Nutzen sein könnten.»
    Sie trank von dem Rotwein, ohne Tarrant aus den Augen zu lassen.
    «Mich benützt niemand, Sir Gerald», antwortete sie sehr ruhig. «Niemand. Diesbezüglich habe ich meinen Entschluß schon vor langer Zeit gefaßt – bevor noch dieses Dossier beginnt.»
    «Ich verstehe. Aber ich habe gehofft, Sie überreden zu können.»
    «Wie?» Sie schaute ihn neugierig an. Tarrant studierte die Spitze seiner Zigarre und warf einen flüchtigen Blick zu Fraser; dieser hatte eine Hand auf dem Knie liegen. Die Finger und der Daumen waren gerade ausgestreckt und dicht beieinander; die Hand lag mit der Fläche nach unten. Frasers Meinung war demnach, daß hier direkt gespielt werden sollte. Tarrant war derselben Meinung.
    «Wir sind uns klar, daß es keinen Sinn hätte, Ihnen Geld anzubieten, Miss Blaise», sagte er. «Aber wir können Ihnen Willie Garvin anbieten.»
    «Willie?» Die dunklen Brauen hoben sich.
    «Ja. Hatten Sie in der letzten Zeit Kontakt mit ihm?»
    «Seit ungefähr sechs Wochen nicht. Damals war er auf einige Abende in London und verbrachte sie hier.
    Wir fuhren auf ein Wochenende miteinander zur ‹Tretmühle›, um sein neues Rennboot auszuprobieren.
    Danach verbrachte ich einen Monat mit einigen Freunden auf Capri und bin vor einer Woche zurückgekommen. Seither habe ich noch nichts von ihm gehört.»
    «In der ‹Tretmühle› werden Sie ihn nicht antreffen.»
    «Das überrascht mich nicht. Sein Traum, ein eigenes kleines Gasthaus zu führen, hat sehr rasch an Reiz verloren. Er zieht ziemlich viel herum – und er hat eine wunderbar vielfältige Liste von Freundinnen. Von erster Auslese bis zum redlichen Landwein.»
    «Derzeit widmet sich Garvin nicht seinem Geschmack für Romantik. Er ist sehr weit weg, auf der anderen Seite der Erde, und er ist im Gefängnis, Miss Blaise. Nicht unter seinem Namen, darf ich sagen. Aber es dürfte wohl kaum darauf ankommen, unter welchem Namen man gehängt wird.»
    Dann kam es, und Tarrant kostete es mit unendlicher Freude aus. Modesty Blaise hatte weder ihren Ausdruck noch ihre Haltung auch nur um Haaresbreite verändert. Sie saß immer noch mit heraufgezogenen Beinen an dem einen Ende der Couch, das Weinglas in der Hand. Nichts hatte sich geändert. Und trotzdem schien der ganze Raum plötzlich mit der knisternden Ausstrahlung von Kraft aus dieser stillen Gestalt geladen zu sein.
    Für Tarrant kam das wie der prickelnde Geruch eines Gewitters, wenn sich das statische Potential bis zu dem Punkt aufbaut, an dem es sich in einem wilden Ausbruch der Energie zur Erde entlädt.
    «Gehängt wird?» Ihre Stimme war immer noch weich. So weich, dachte Tarrant, wie der Schlachtruf von Rolands Horn.
    «Oder erschossen», antwortete er mit einer leichten Geste. «Es steht, genau genommen, nicht unmittelbar bevor, weil die Situation in – nun, dort, wo sich Garvin befindet, immer noch einigermaßen verwirrt ist.
    Ich habe das Gefühl, daß jemand gerade noch Zeit hätte, etwas zu unternehmen – wenn dieser Jemand es innerhalb der nächsten acht, neun Tage tut.»
    Modesty Blaise drückte die halbgerauchte Perfecto Fino aus und zog einen Topf aus Sèvresporzellan zu sich heran. Sie entnahm ihm grobgeschnittenen schwarzen Tabak und gelbliches Zigarettenpapier.
    Geistesabwesend streute sie mit gekonnter Bewegung den Tabak auf das Papier, rollte die Zigarette zusammen und zündete sie an.
    «Das klingt alles ein bißchen geheimnisvoll, Sir Gerald.»
    «Ja. Natürlich mit Absicht.»
    «Sie wollen mich benützen für – ?»
    «Für eine einzige Unternehmung», unterbrach er sie schnell. «Eine Sondermission, meine Liebe. Das ist alles.
    Es ist etwas, wozu Sie in außerordentlicher Weise geeignet sind, und es kann sich dabei herausstellen, daß es nichts als eine Beobachterrolle wird.»
    «Und dafür wollen Sie mir sagen, wo Willie Garvin derzeit ist?»
    Ihre Frage hing in der Luft. Tarrant trank und stellte das Glas hin. Frasers Hand, immer noch auf dem Knie, war nun umgedreht und locker

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