Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady
einmal eine Ausgrabung sehen. Soll ich auf eigene Faust dorthin gelangen?»
«Du lieber Himmel, nein. Wenn Sie einverstanden sind, wird Aaronson es bei Presteign arrangieren, daß Sie von Algier aus mit dem Versorgungsflugzeug fliegen.»
«Hat er Presteign von seinen Befürchtungen unterrichtet?»
«Ja. Presteign hört ihn höflich an und gibt beruhigende Laute von sich. Sehr wahrscheinlich hat er damit recht. Ich fürchte auch, daß der arme Aaronson da eine fixe Idee hat.»
«Lassen Sie nur. Ich werde hinüberfliegen und mich mit Tangye freundlich unterhalten, danach zurückkommen und dann meinerseits beruhigende Laute von mir geben.»
«Da wäre ich Ihnen überaus dankbar.»
«Wären zwei Köpfe besser als einer?» fragte Collier.
«Ich meine, könnte ich vielleicht mitfliegen? Ich habe das Gefühl, meine Anwesenheit würde der ganzen Sache einen Hauch akademischer Distinktion verleihen. Besser, als wenn da einfach aus heiterem Himmel ein weiblicher Strolch auftaucht.»
Nachdenklich stieß Tarrant eine Wolke Zigarrenrauch aus. «Vielleicht haben Sie recht –»
«Danke», sagte Modesty.
«Ich meine, er hat insofern recht, als er vielleicht hilfreich sein kann, wenn Tangye sich als schwierig erweist. Man sagt von ihm, er wäre empfindlich.»
«Schön.» Modesty schaute Collier an. «Ich werde während des Fluges deine Hand halten und Statistiken zitieren.»
«Das kannst du tun», stimmte Collier zu, «wenn du neben deiner Aufgabe, dem Piloten meine Ratschläge, Warnungen und dringenden technischen Anfragen zu übermitteln, noch einen Augenblick freie Zeit findest.
Versuch nur nicht, meinen Sicherheitsgurt zu öffnen, das ist alles.»
4
Es war fünf Minuten vor elf Uhr, als Modesty den Jensen FF durch den Verkehr am Hyde Park Corner steuerte und in den Park einbog. Sie trug jetzt einen zum Kleid passenden Mantel aus Rohseide. Tarrant saß neben ihr, Collier auf dem Rücksitz.
Sie drückte einen Schalter am Armaturenbrett und sagte: «Willie hat sich während des letzten Monats nicht gerührt, aber man kann ja nie wissen.»
«Das mag ich, wenn du so geheimnisvoll tust», sagte Collier. «Was um alles in der Welt soll das bedeuten?»
«Wir haben einen zwanglosen Abhörplan für täglich 23 Uhr unserer Zeit. Willie hat sich schon ziemlich lange nicht gemeldet, aber wenn es gerade paßt, würde ich ihn gern rufen.»
«Sprichst du über Funk?» fragte Collier. «Hast du darum dieses Dingsda unter dem Armaturenbrett?»
«Das Dingsda unter dem Armaturenbrett ist ein KW2000 A-Sprechfunkgerät, das über verstärkte Stromkreise von der Batterie gespeist wird. Willie hat ein solches Gerät bei sich in
The Treadmill
und besitzt außerdem ein transportables, das er auf weite Reisen mitnimmt.»
«Ich wußte gar nicht, daß Sie Funkamateur sind», sagte Tarrant.
«Ich besitze eine Funklizenz. Amateur – dieser Ausdruck ist unter Amateuren nicht sehr beliebt.» Sie hielt vor der Ampel am Grosvenor Gate und befestigte eine kleine, leichtgewichtige Vorrichtung, die ein Mikrofon dicht vor ihren Mund hielt.
«Sag noch mehr so geheimnisvolle Dinge», forderte Collier sie auf.
«Schön. Es handelt sich hier um eine von der Stimme gesteuerte Übertragung. Das heißt, die Anlage schaltet automatisch auf Senden, wenn man zu sprechen beginnt, und auf Empfang, wenn man verstummt.
Es ist also keine Bedienung von Hand erforderlich.
Unser Empfangsbereich liegt im 20-Meter-Band – Peilfrequenz 14,103 MHz.»
«Du machst ja nur Spaß», erklärte Collier. «Willie befindet sich in den USA oder noch weiter weg. Du kannst von einem Wagen aus, der gerade durch den Hyde Park fährt, nicht einfach ein Schwätzchen mit ihm halten. So etwas ist nur in einem Spionage-Thriller auf dem Fernsehschirm möglich.»
«Ich bin schon durch London gefahren und habe mich dabei mit Willie und anderen Funkamateuren in Hongkong, Indien, Brasilien, Neuseeland, oder wo immer du willst, unterhalten.»
«Und ich habe heute morgen zehn Minuten gebraucht, ein Telefongespräch mit Harrods zustande zu bringen», sagte Collier. Er beugte sich vor. «Natürlich glaube ich dir nicht. Aber wenn er tatsächlich über Funk hereinkommt, kann ich ihm dann irgendeine Grobheit sagen?»
«Nein. Ohne Lizenz kannst du ihm nicht einmal guten Tag sagen. Tatsächlich ist es auch nicht gestattet, während des Aufenthalts in einem königlichen Park zu senden, aber wir werden ihn ja in einer Minute verlassen haben, und außerdem ist das ohnedies eine veraltete
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