Krieger des Lichts: Ungezähmtes Herz (German Edition)
Prolog
Anno Domini 1006
Auf dem blutigen Schlachtfeld nahm sie Gestalt an, eine Frau aus Nebel und Licht. Als sie zu Fleisch und Blut wurde, zerrte der kalte Wind an ihrer Tunika, stach ihr in die Wangen und riss dunkle Strähnen aus ihrem Zopf, sodass sie ihr vor ihren Augen flatterten. Unter Wolken, so dicht und grau wie die Wellen der aufgewühlten See, stand Ariana, die Königin der Ilinas, strich ihr Haar zurück und ließ den Blick über das Feld schweifen, auf dem eine Schlacht tobte zwischen Männern und Tieren.
Gestaltwandler.
Krieger des Lichts.
Es gab nur noch sechsundzwanzig echte Gestaltwandler auf der Welt, wo es doch einst Tausende gewesen waren. Sechsundzwanzig, jeder aus einer anderen Ahnenlinie stammend, einer anderen Tierart zugehörig. Raubkatzen und Bären, ein Pferd, ein Wolf und ein riesiger Fuchs, neben solchen, die keine geborenen Kämpfer waren und daher in ihrer menschlichen Gestalt fochten – unter anderem ein Adler und ein Bussard. Die Krieger des Lichts kämpften gegen ihre Erzfeinde – die Zauberer.
Aus dem Nebel tauchte neben ihr ihre Stellvertreterin Melisande auf, deren grazile Züge sich angewidert verhärteten, als sie die Kampfszene betrachtete. »Er möchte, dass du zusiehst, wie er tötet?«
»Er ist mein Gefährte, Melisande.« Trotz aller in dieser Rüge liegenden Ruhe fehlte es ihr nicht an Schärfe.
Ariana wusste, dass die Zurechtweisung nichts brachte. Melisande war ganz und gar nicht damit einverstanden gewesen, dass sich ihre Königin einen Gefährten nahm, und dann auch noch einen Gestaltwandler. Genau genommen war keine ihrer Kriegerinnen besonders glücklich über ihre Entscheidung gewesen, eine Entscheidung, mit der sie nun einmal zu leben hatten, da Ariana ihren Krieger des Lichts über alles liebte.
»Ich habe keine Ahnung, warum Kougar mich gerufen hat«, gab Ariana zu.
Das Klirren der Schwerter wurde vom Schmerzensschrei eines Zauberers übertönt, als der riesige Fuchs ihm den Arm abriss. Noch während sie dies beobachtete, machte der Löwe einen gewaltigen Satz und erleichterte einen anderen Zauberer in einer Gischt aus Blut um dessen Kopf.
Dann öffnete der Himmel seine Schleusen, und ein Schauer aus kleinen, schmerzhaften Hagelkörnern prasselte herab.
Ein großer goldener Puma löste sich aus dem Kampfgetümmel und rannte auf sie zu. Sein schlanker Katzenkörper bot eine prachtvolle Erscheinung, als er quer über das gefrorene Feld lief. Durch die mystische Verbindung, die sie für immer vereinte – die Paarbindung – , hatte er schon im Moment ihres Erscheinens gewusst, dass sie da war.
Als die Katze näher kam, verfiel sie in Schritttempo, um gleich darauf in einem funkelnden Regenbogen blendenden Lichts zu erstrahlen. Einen Augenblick später war an ihre Stelle ein Mann in einer dunkelblauen Kampftunika getreten, in dessen Gürtel Messer und ein Schwert steckten. Sämtliche Krieger des Lichts waren größer, stärker und edler als alle anderen männlichen Wesen auf Erden. Kougar – deren Anführer und ihr Mann – war zweifellos der edelste von allen. Sein Haar war so dunkel wie ihres, sein Bart kurz geschnitten, seine Augen hell wie Eis, doch zugleich loderte eine wilde und zugleich gütige Flamme darin.
Eine wohlige Wärme sickerte durch ihre Adern.
Obwohl sein Blick freundlich blieb, als er schließlich vor ihr stand, zog Kougar ein finsteres Gesicht. »Zwei weitere deiner Kriegerinnen haben uns während der Vorbereitungen zur Schlacht angegriffen, Liebes.«
Ariana sah ihn entgeistert an. »Nein. Sie wissen, dass ich mir das verbitte! Wo sind sie?«
»Horse hat einer die Hand abgeschlagen, Snake der anderen den Arm. Sie haben sich beide in Nebel aufgelöst und sind geflohen.«
Ihre Gliedmaßen würden schnell nachwachsen, so wie alle Körperteile einer Ilina, was jedoch sehr schmerzhaft werden würde. Weitaus besorgniserregender war jedoch die Tatsache, dass sie die Krieger des Lichts entgegen ihrem strikten Befehl überhaupt angegriffen hatten. Verdammt. Ihre Frauen hatten die Verbindung zwischen ihr und ihrem Krieger nie akzeptiert.
Melisande warf Kougar einen feindseligen Blick zu. »Wie viele Krieger hast du heute verloren?«
»Keinen.«
»Wie schade.«
Ariana bedachte ihre Freundin mit einem strengen Blick. »Mel.«
Kougar deutete eine spöttische Verbeugung an. »Dein liebreizendes Wesen erhellt jedes Schlachtfeld, Melisande.«
»Zur Hölle mit dir, Krieger.«
Ariana blickte ihrer Vertreterin in die Augen. »Warum
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