Modesty Blaise 12: Die Lady läßt es blitzen
habe, aber nicht, weil ich etwas verschweige. Ich habe Angst, daß Sie mich nicht mehr für sich arbeiten lassen könnten, Prinzessin, das ist alles.
Seit Sie mir diesen Job anvertraut haben, fühle ich mich so … anders. Ich kann es nicht erklären. Ich weiß nur, daß es mir dreckiger als je zuvor gehen wird, wenn Sie mich rausschmeißen … und das macht mich verrückt vor Angst.«
Modesty Blaise blickte ihn lange an, ging dann zum Schreibtisch zurück und setzte sich. »Sie arbeiten ein halbes Jahr auf Probe für mich, Willie Garvin. Sie nehmen nur Anweisungen von Garcia oder mir entgegen, von niemandem sonst. Sie bekommen eine anständige Unterkunft und werden gut bezahlt, monatlich im voraus. Garcia wird Ihnen unser System und alles, was Sie wissen müssen, erklären. Nur für das Protokoll: Ich bin sehr zufrieden mit der Art und Weise, wie Sie das mit Wei Lu erledigt haben. Gibt es im Moment noch weitere Fragen?«
Er schüttelte langsam den Kopf, holte tief Luft und atmete mit einem Seufzer der Erleichterung aus. Die Spannung, die ihn wie eine Zwangsjacke umgeben hatte, schien von seinen Gliedern zu weichen, und die Aktentasche entglitt beinahe seinen schlaffen Händen.
»Keine Fragen, Prinzessin«, sagte er beinahe schläfrig.
»Sie haben mir alles gesagt, was ich hören wollte. Danke. Ich werde Sie nicht enttäuschen.«
»Gut. Gehen Sie jetzt bitte und warten Sie an der Rezeption. Garcia wird in ein paar Minuten unten sein.«
Willie Garvin stand auf, lächelte ein wenig verwirrt und verabschiedete sich von Garcia und Danny Chavasse mit einem höflichen Nicken, bevor er sich umdrehte und ruhig das Zimmer verließ. Modesty Blaise lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und schaute von Danny Chavasse zu Garcia, wobei sie sich ihr Erstaunen nun anmerken ließ. »Was in aller Welt machen wir mit dem?«
Danny Chavasse lächelte: »Ich glaube, Sie können mit ihm machen, was immer Sie wollen, Mam’selle. Er ist Wachs in Ihren Händen.«
Garcia ging im Büro auf und ab, die Hände an den Hüften, und schüttelte fassungslos den Kopf. »Aber welches Wachs! Er ist natürlich verrückt. Total ausgeflippt. Das muß er auch sein, wenn er allein nach Rotchina geht und einen Gefangenen aus einem Armeelager befreit.«
»Der ausschlaggebende Punkt ist der, daß er es getan hat«, antwortete Modesty sanft. »Wer sonst im Netz könnte so einen Treffer landen?«
Garcia zuckte die Achseln. »Es gibt keinen anderen, Mam’selle. Es wäre wirklich schwierig, jemanden zu finden, der eine solche Aufgabe im Alleingang bewältigt. Was für ein Kerl!« Modesty sagte wie zu sich selbst: »Ich hätte ihn gern gesehen, wie er auf dem Fahrrad mit Wei Lu gestritten hat.«
Wieder sah Danny Chavasse in ihren Augen etwas, das beinahe einem Lächeln gleichkam, und wieder wunderte er sich. Sie hob den dicken Umschlag auf, öffnete ihn und ließ ihre Finger durch die Hundertdollarscheine gleiten. »Von den Spesen abgesehen gehört das rechtmäßig Garvin. Ich möchte, daß du ein Bankkonto auf seinen Namen damit eröffnest.«
Danny Chavasse räusperte sich unnötigerweise, und sie sah ihn mit gehobenen Augenbrauen an. »Ja?«
»Ich glaube, das sollte man noch einmal überlegen, Mam’selle«, meinte er respektvoll. »Es ist offensichtlich, daß dieser Mann nur den einen Wunsch hat, für Sie zu arbeiten. Er bringt Ihnen dieses Geld nicht als Geschenk, sondern als Ihr rechtmäßiges Eigentum, und ich glaube, es wäre falsch, es ihm wieder zurückzugeben. Wenn er sich bewährt, könnte man ihm ja nach dem halben Jahr eine Prämie von … sagen wir der Hälfte des Betrags zahlen.«
Modesty warf die Scheine auf den Schreibtisch.
»Verdammt.«
»Es tut mir leid, Mam’selle.«
»Es ist nicht deine Schuld, Danny. Du hast recht. Ich hätte selbst daran denken müssen.« Sie wandte sich an Garcia. »Wir werden es folgendermaßen machen. Ich möchte so rasch wie möglich eine Beurteilung von Garvins Fähigkeiten, und ich bin sicher, daß du sie ganz außergewöhnlich finden wirst.« Wieder zu Danny gewandt, fuhr sie fort: »Ich möchte auch, daß du einige Zeit mit ihm verbringst, Danny, und ihm zeigst, wie man sich in welcher Gesellschaft und in welchen Situationen benimmt. Es geht vor allem darum, ihm Selbstvertrauen einzuflößen, damit er selbstbewußt auftreten kann. Wenn ich bedenke, daß er die Wei Lu-Affäre nur einige Tage, nachdem ich ihn aus der Gosse geholt habe, geschaukelt hat, können wir uns darauf gefaßt machen, daß er
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