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Modesty Blaise 12: Die Lady läßt es blitzen

Modesty Blaise 12: Die Lady läßt es blitzen

Titel: Modesty Blaise 12: Die Lady läßt es blitzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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hörte nur einige flüchtige Worte auf chinesisch, mit denen der Posten vermutlich um Zigaretten oder Feuer bat. Willie Garvin brummte eine wortlose Antwort, ging weiter und warf dann seinen zweiten Knüppel aus kurzer Entfernung mit einem Schwung von unten. Er war schnell genug, um das Gewehr des bewußtlosen Mannes aufzuheben, bevor es auf den sandigen Boden fiel.
    Der letzte Wachtposten befand sich im Wachhäuschen am Eingangstor, wo er auf einem Stuhl saß, wach, aber nicht aufmerksam. Er hatte eine kurze Schrecksekunde, als eine Hand um die Ecke des Häuschens schnellte und ihn an der Kehle packte, dann wurde ihm schwarz vor den Augen. Willie benutzte seine dritte Ampulle, schleppte den Mann in die Ecke des Häuschens und machte sich erneut auf den Weg zur Tankstelle. Dort befestigte er eine kleine Zündvorrichtung an einem der aufgestapelten Benzinkanister und stellte den Zünder auf fünf Minuten nach zwei Uhr früh.
    Die Zellentüren des Gefängnisses waren mit Steckschlössern versehen. Willie nahm einen Dietrich aus einer kleinen Werkzeugtasche und öffnete die Tür zu Wei Lus Zelle geräuschlos innerhalb von dreißig Sekunden. Drinnen schloß er die Tür wieder ab, bevor er eine Taschenlampe einschaltete, um die er einen groben schwarzen Stoff gewickelt hatte, damit sie gedämpftes und diffuses Licht gab. Auf der Pritsche neben der Wand lag ein Mann. Seine Augen waren offen und voller Angst. Willie lenkte den Strahl der Taschenlampe auf sein eigenes Gesicht und flüsterte: »Ich bin ein Freund aus England. Sind Sie Wei Lu?«
    Der Mann nickte schwach, und in seinen schmerzgequälten Augen standen noch immer Angst und Mißtrauen. Das Licht ging aus, und die flüsternde Stimme sprach aus dem Dunkel: »Modesty Blaise hat mich geschickt, um Sie zu holen. Machen wir, daß wir fortkommen.«
    Mehrere Sekunden verstrichen. Die Pritsche knarrte. Dann hörte man ein unterdrücktes Schluchzen, und Wei Lu stöhnte: »Ich … kann nicht. Meine Füße.«
    Willie Garvin schaltete die Taschenlampe wieder ein und kniete sich neben die Pritsche. Der alte Chinese saß nun aufrecht da, zitternd, und schaute auf seine Füße auf dem Boden. Sie waren nackt, schrecklich geschwollen und mit getrocknetem Blut verkrustet. Immer noch auf den Knien schaltete Willie die Taschenlampe aus. Er hatte gesehen, wie Wei Lu am späten Nachmittag mit seinen Bewachern zur Vernehmungsbaracke und wieder zurück gegangen war, und zu diesem Zeitpunkt war der Mann noch nicht so zugerichtet gewesen. Sie mußten ihn nach Einbruch der Dunkelheit einem neuerlichen Verhör unterzogen und dabei begonnen haben, die Folter als Instrument ihrer Behandlung einzusetzen. Das kam unerwartet und war untypisch, aber Willie sagte sich betrübt, daß er mit einer solchen Möglichkeit rechnen hätte müssen. Wei Lus alter Feind wollte Rache üben. Es konnte kaum überraschen, daß er seine Technik der Gehirnwäsche mit einem Anstrich altmodischer Folter verfeinerte.
    Wei Lu war von schmächtiger Statur, und es würde nicht schwer sein, ihm mit Socken und Stiefeln eines der Wachtposten zu versorgen. Aber es war eine Illusion zu glauben, daß er in den nächsten Stunden acht Kilometer durch unwegsames Gelände zur Küste marschieren könnte, selbst wenn man ihm dabei half. Nicht mit diesen zerfetzten Füßen. In der Dunkelheit der Zelle stand Willie Garvin auf und wappnete sich gegen die Welle von bitterem Haß und Zorn, die nun angesichts dieser grausamen Fügung gleich über ihn hereinbrechen würde.
    Nichts dergleichen geschah. Irgendwo in seinem Kopf tauchte das Bild gelassener Augen in einem ruhigen Gesicht auf, die ihn taxierten, bewerteten, über ihn richteten und das Urteil sprachen. Er hörte wieder das weiche Timbre von Modestys Stimme, als sie gesagt hatte: »Wenn Sie auf Schwierigkeiten stoßen, handeln Sie entsprechend.«
    So einfach war das. Man konzentrierte sich auf die Lösungen, nicht auf die Probleme. Sein Vergnügen an dieser Erkenntnis war so groß, daß es beinahe schmerzte. Willie zwang sich dazu, die Lage emotionslos zu beurteilen und völlig flexibel das Ziel der Flucht im Licht sämtlicher für diesen Zweck einsetzbarer Mittel zu überdenken.
    Eine halbe Minute später nahm er Wei Lus Arm und flüsterte: »Okay, Opa. Ich werde jetzt dieses Leintuch um Ihre Füße wickeln, dann nehm’ ich Sie auf den Rücken und Sie halten sich fest. Ich bringe Sie nach Hause.«
    Das Büro oberhalb des Casinos war erlesen und teuer eingerichtet. Garcia stand

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