Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Moerder Im Gespensterwald

Moerder Im Gespensterwald

Titel: Moerder Im Gespensterwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
Vom Netzwerk:
Seidenkleid mit Spaghettiträgern, das ihre Bräune noch hervorhob. »Möchten Sie etwas trinken?«
    »Natürlich wollen sie«, rief der Junge.
    Nun protestierte sie doch: »Sean, deine Art passt mir nicht! Wenn du mich schon belehrst, dann solltest du daran denken, dass man Auseinandersetzungen nicht vor Besuchern führt. Auch das ist unhöflich.«
    »Du bist selber schuld! Ich hab dir gesagt: Du musst aufpassen!« Mit einem breiten überlegenen Grinsen sah er Barbara direkt in die Augen. In seinem Blick lag eine Mischung aus Stolz und Verachtung. »Das Kind ist nämlich von mir.«
    Frau Pinkert stieß einen Schrei aus. Barbara blieb das Herz stehen.
    ***
    Es war zu riechen, dass Kai Erdvogel Bier getrunken hatte, und er hatte noch im Bett gelegen, als die Kripo an der Tür geklingelt hatte. Seine Eltern hingegen waren auf und im Wohnzimmer damit beschäftigt, vor dem Fernseher eine Flasche Billigstkorn zu leeren. Die überquellenden Aschenbecher und die auf dem geblümten Tischtuch verstreute Asche verrieten, dass sie Selbstgedrehte in Kette rauchten.
    Uplegger und Lutze ließen sich von Kai die Orte zeigen, an denen er sich mit seinen Freunden traf. Wenig motiviert und maulfaul führte er sie durch Lütten Klein: zu Bänken, Hausdurchgängen und Tischtennisplatten. An einer dieser Platten hinter der Wohnscheibe Warnowallee hatten sie den vergangenen Abend verbracht und das Bier getrunken, das sie sich an einer Tankstelle beschafft hatten. Uplegger würde die Information an das Ordnungsamt weitergeben, sollten die sich um den Verstoß gegen das Jugendschutzgesetz kümmern.
    »War Sean Pinkert auch dabei?«, fragte Lutze.
    »Nö. Der wollte sich etwas im Fernsehen angucken. Über Ägypten, da ist der ein totaler Fan von.«
    »Aber er war am Donnerstag mit im Gespensterwald?«
    »Gespensterwald?« Kai schaute den Lorbass misstrauisch an.
    »Ja. Er wird auch Nienhäger Holz genannt.«
    »Da waren wir nicht.«
    Uplegger bluffte: »Ihr wurdet aber gesehen.«
    Kai dachte nach. Das war anstrengend, er zog Stirn und Nase kraus. Dann sagte er: »Am Strand.«
    »Ihr wart am Strand von Nienhagen?«
    »Hm.«
    »Wie seid ihr dorthin gekommen?«
    »Fahrrad.«
    »Ich meinte den Weg.«
    »Na, wie immer.«
    »Was heißt das?«
    »Quer durch.«
    Auf dem Weg zum Wagen wurde nach und nach klar, was quer durch bedeutete: Acht Jungen, unter ihnen Sean und Kai, hatten sich am Donnerstag gegen 10 Uhr an der Mehrzweckhalle getroffen. Von dort waren sie nach Lichtenhagen-Dorf geradelt, dann durch die Tannen bis Admannshagen-Ausbau und durch Steinbeck und den Ehbrauk nach Nienhagen. Kai kannte nicht alle Namen, aber Uplegger wusste, dass sie dabei auch den Neurethwischer Weg benutzt hatten und am Friedhof und dem Haus der Anni Kröber vorbeigekommen sein mussten. In Nienhagen seien sie durch die Strandstraße zur Küste gefahren und damit nicht durch den Gespensterwald gekommen. Vielleicht log Kai. Aber er hatte zumindest zugegeben, dass sie zur fraglichen Zeit in Nienhagen gewesen waren.
    Für den Weg zum Revier brauchte Uplegger fünf Minuten. Der Junge begleitete ihn widerstandlos, fragte nicht einmal, was die Kripo von ihm wolle. Vielleicht wusste er es.
    Zwei Teams wechselten sich halbstündlich mit dem Verhör ab. Obwohl keiner das angeblich übliche good cop/ bad cop spielte, sondern sie ihn freundlich behandelten und sogar mit Tee und Cola versorgten, war der Verdächtige bald weichgeklopft. Als Wendel und Breithaupt übergaben, raunte der Chef Uplegger und Lutze zu: »Er ist so weit. Sie waren öfter bei der Hütte und haben dort geraucht. Einmal haben sie die Bude in ihre Einzelteile zerlegt, vor vielleicht einem Monat, sagt er. Noch behauptet er, Karina und die Schweden nicht gesehen zu haben. Viel Erfolg!«
     
    Was auch immer hinter den ehrbaren Fassaden im Immenbarg 105 geschehen war, von wem die Initiative ausging und wer wen verführt hatte, war zweitrangig: Der angebliche Inzest wäre eine Straftat der Mutter. Die hatte einen Nervenzusammenbruch erlitten und wurde in einem Krankenwagen auf der Straße vor dem Haus behandelt, was bereits erste Schaulustige auf den Plan rief. Die Dampframme hatte den Ehemann angerufen, die Schutzpolizei, die Spusi und auch einen Bereitschaftsrichter. Doch dessen fernmündliche Voraberlaubnis, das Haus zu durchsuchen, war vorerst gar nicht notwendig, denn Sean erbot sich, sie durch das Haus zu führen. Völlig unberührt vom Kollaps seiner Mutter, erklärte er die Räume wie ein Museumsführer:

Weitere Kostenlose Bücher