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Moerder Im Gespensterwald

Moerder Im Gespensterwald

Titel: Moerder Im Gespensterwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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für wertlos angesehene Papiere landeten regelmäßig in den Abfallkörben der drei Stadtteile, und Barbara hatte veranlasst, dass in der Umgebung des Lütten Kleiner Boulevards alle Mülleimer durchsucht würden.
    Einer der Jungen erzielte einen Korb, nachdem er Sean den Ball angenommen hatte. Sean war sauer und sagte anscheinend etwas Abfälliges, worauf der andere ihm freundschaftlich in den Magen boxte, den Hieb nur andeutete.
    Barbara drehte sich zu Ann-Kathrin und seufzte: »Also los, gehen wir in die Höhle des Löwen.« Womit sie den Vater meinte: Pinkert war bekannt dafür, dass er die schlimmsten Halunken verteidigte, Mörder, Vergewaltiger, Drogenbarone und Mädchenhändler, weil das die meiste Presse brachte. Außerdem war er vor Gericht gefürchtet, vor allem bei der notorisch schlecht vorbereiteten Staatsanwaltschaft, denn er hatte nicht nur eine scharfe Zunge und studierte die Akten gründlich – sein Ruf war, dass er immer einen Fehler fand. Seinetwegen waren Hauptverhandlungen geplatzt oder hatten zumindest neu angesetzt werden müssen.
    Barbara stieg sehr langsam aus. Irgendwann waren die Kriminalisten der Jungenbande auf die Spur gekommen, hatten Gespräche geführt und Gegenüberstellungen mit den Opfern veranstaltet, aber Sean war erst 13 gewesen, also nicht strafmündig. Daher wurden allerlei sozialpädagogische Maßnahmen erwogen, doch Dr. Pinkert hatte alles abgebügelt. Sein Sohn besuchte das Ostseegymnasium in Evershagen, er war Klassenprimus, Klassensprecher und überhaupt ein Klassejunge, der nichts von all den Dingen tat, die man einem Kai Erdvogel wohl zutrauen konnte. Sean hatte es überhaupt nicht nötig, irgendjemanden abzuziehen. Er litt nicht unter Langeweile, denn er hatte genug, um sich die Zeit zu vertreiben: einen Computer, Sportgeräte, ein Mountainbike, Bücher. Er bekam Taschengeld, und wenn er Turnschuhe oder eine neue Jacke, wenn er ein Smartphone oder einen MP-3-Player brauchte, legten die Eltern etwas zu. Warum sollte ein solcher Junge andere berauben? Opfer und Zeugen mussten sich geirrt haben.
    Barbara war überzeugt, dass dies nicht der Fall war. Sie hatte die Akte überflogen und hielt das Material für hieb-und stichfest. Ob Sean auch etwas mit den Verbrechen im Gespensterwald zu tun hatte, stand auf einem anderen Blatt. Wer aber Kindern und Jugendlichen Geld und Wertgegenstände raubte, obwohl er es nicht nötig hatte, der konnte durchaus auf die Idee kommen, einer schwedischen Familie den Mercedes zu stehlen. Warum aber der Mord an Karina? Hier mussten andere Motive wirksam gewesen sein, und im Moment fielen ihr nur sexuelle ein.
    Die Kriminalistinnen näherten sich der Gartenpforte. Als die Jungen ihr Kommen bemerkten, ließen sie den Ball auf dem Rasen liegen und traten auf den Betonweg, der zum Vorbau führte. Sean langte nach einem T-Shirt, das auf einer Wäschespinne hing, und streifte es über.
    »Wir kaufen nichts an der Haustür«, rief er übermütig.
    »Sind deine Eltern da?«
    »Welche Eltern?« Noch ein Witz?
    »Ich nehme doch an, dass du …« Oder war es besser, ihn zu siezen? In Barbaras Schulzeit war es üblich gewesen, die Schüler nach der Jugendweihe mit Sie anzureden. Nun wusste sie zwar nicht, ob Sean überhaupt an irgendeinem Initiationsritus teilgenommen hatte, aber sie entschied sich: »… dass Sie Eltern haben.«
    »Ja, irgendwo hab ich solche Dinger.« Er feixte, und seine Freunde lachten etwas gezwungen. »Ich weiß aber nicht, wo ich sie hingelegt habe. Soll ich suchen?«
    »Das Haus ist kein 60-Zimmer-Palast, Sie werden sie schon finden.«
    »Okay. Und wer sind Sie?«
    »Dass wissen Sie.«
    »Zeugen Jehovas?«
    »Sean, sagen Sie Ihren Kumpels, wer wir sind!«
    »Cops?« Er wartete die Antwort nicht ab, sondern kam an die Pforte und klinkte sie auf. Zweifellos war er ein sehr hübscher Junge, und er wusste es. Mit einer großartigen Bewegung schob er sich das Haar aus der Stirn, und er wich Barbaras forschendem Blick keineswegs aus. Die Augen waren grün.
    »Haxen abkratzen«, sagte er. Auch das war nicht ernst gemeint, erinnerte nur an gewisse Fußmatten. Vor der Haustür lagen zwei. Auf der einen stand es tatsächlich, auf der zweiten RÄUBERHÖHLE.
    »Ist das eine Anspielung auf eine Ihrer Freizeitaktivitäten?«
    »Was?«
    »Räuberhöhle.«
    »Quatsch! Meine Mutter hat das im Drogeriemarkt gekauft. Fand sie wohl lustig.« Er verzog angewidert den Mund. Die Achtung vor seiner Mutter schien nicht allzu groß zu sein. Er wandte sich

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