Mörderische Harzreise (German Edition)
ohne jeden Hintergedanken, blöde Sprüche oder sauertöpfisches Lächeln. Die Stimmung wurde fast etwas zu ausgelassen für einen Leichenschmaus. Aber genauso hätte Elvira es sich gewünscht. Nach dem Mahl halfen Alfonso, Beate und Lilly Frau Kuhfuß in der Küche. Und dann setzten sich alle ins Wohnzimmer, um einen gelungenen Tag ausklingen zu lassen.
Alfonso gab bekannt, dass er morgen früh abreisen würde. Beate, die ganz entsetzt schaute, fragte: »Aber wohin willst du denn?«
»Erst mal weg von der Familie, damit ich keinen von euch in Gefahr bringe. Die Drogenmafia hat mich gefunden. Da bin ich mir ganz sicher. Also werde ich erst mal eine Weile untertauchen. Und später melde ich mich dann wieder bei euch.«
Bei dem Wort Drogenmafia horchte Amadeus auf und sagte: »Wäre es nicht besser, deine Angelegenheiten in Ordnung zu bringen? Du bist in Deutschland. Wende dich an die Behörden. Du hast auch ein Anrecht auf Schutz.«
»Das interessiert diese Leute nicht. Die wollen meinen Kopf, egal wo ich mich aufhalte.«
»Aber man kann doch nicht einfach Mord und Totschlag in Kauf nehmen, nur weil das in Mexiko so üblich ist.«
Nun mischte sich Lilly ein: »Amadeus, lass doch nicht schon wieder den Juristen raushängen. Alfonso wird schon wissen, wie er überlebt.«
Schließlich beschloss Alfonso, mit Michael nach Hamburg zu gehen. In einer Großstadt, fernab von allen Verwandten, die den Namen Dünnbier trugen, wähnte er sich sicher.
Noch’n Mexikaner auf Harzreise: Alejandro
Alejandro war guter Laune. Verglichen mit Mexiko war das Autofahren in Deutschland die reinste Erholung. Er kam seinem Ziel immer näher. Für die vollautomatische Pistole hatte er gestern in Frankfurt zwar ein Vermögen ausgeben müssen - eine Machete hatte er nicht bekommen - aber dafür waren auch seine „Gewinnchancen“ außergewöhnlich hoch. Und den Kopf würde er Alfonso auch mit einem scharfen Messer abtrennen können. Das dauerte dann halt etwas länger und wäre eine ziemliche Sauerei. Egal!
Vergnügt einen Mariachi-Song pfeifend fuhr er von der Autobahn ab in Richtung Braunlage. Sein Mietwagen hatte ein Navi, das angab, dass er sein Ziel in weniger als einer Stunde erreicht haben würde. Genieße deine letzte Stunde, Alfonso, dachte er. Er hatte ja nichts gegen diesen Typen. Im Grunde war es ihm sogar sympathisch, dass er es gewagt hatte, diesen Möchtegern-Drogenbaron Barreta zu bescheißen. Alfonso hatte wirklich cojones . Aber es war nun mal sein Job, gewisse Dienstleistungen auszuführen und dabei keine Fragen zu stellen. Und nach dem erfolgreichen Abschluss dieses Auslandsauftrages würde man ihm mit noch größerem Respekt gegenübertreten. Sein Marktwert war im Steigen begriffen. Wenn er daran dachte, wo er selber herkam, aus ärmlichsten Verhältnissen, dass er sich mit sechs Geschwistern ein kleines Zimmer teilen musste, dann war das heute der reinste Triumphzug. Als Kind musste er stehlen, um nicht zu hungern. In der Bruchbude, in der er aufgewachsen war, gab es kein fließendes Wasser. Überall gab es Banden, die ihm das, was er selbst gestohlen hatte, wieder abnahmen. Aber er hatte gelernt, sich zu wehren. Und dann war er irgendwann selbst Mitglied einer Bande, die es verstand, sich durchzusetzen. Aber der Weg aus bitterer Armut zu relativem Wohlstand war verdammt hart gewesen. Er würde sich davon nichts mehr nehmen lassen. Und heute nun befand er sich auf einer Geschäftsreise im Ausland, für die er fürstlich entlohnt werden würde. Sein weiterer Aufstieg war nicht mehr aufzuhalten. Dieses Weichei Alfonso war für ihn eine leichte Beute. Freudig erregt trat Alejandro aufs Gaspedal.
Braunlage: Schwerer, alter Staubfänger
Die Runde in Ferdinands Wohnzimmer war von einer ausgelassenen Heiterkeit geprägt. Frau Kuhfuß hatte sich dazugesellt. Zuvor hatte sie Hans-Ulrich und Alfonso gebeten, die Sessel und Sofas in dem großen Raum so zu arrangieren, dass ein Kreis gebildet wurde, damit jeder jeden sehen konnte. Die Mitte des Raumes, in dem ein wertvoller, leicht verschlissener Teppich lag, der von dem monströsen Kronleuchter darüber angestrahlt wurde, war frei. Jeder hatte etwas Gutes zu trinken. Alle waren zufrieden. Bis auf Beate vielleicht, die daran dachte, dass Alfonso morgen nach Hamburg fahren würde. Sie wusste noch nicht, wie es weitergehen sollte. Vielleicht würde sie ihm nach einer gewissen Zeit der Trennung einfach hinterherfahren. Vielleicht würde sie sich aber auch
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