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Mörderische Harzreise (German Edition)

Mörderische Harzreise (German Edition)

Titel: Mörderische Harzreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Exner
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die Vorstellung durch den Kopf, dass Stefan neulich die Wahrheit gesagt haben könnte. Sein Vater ein Mörder. Und nun war er möglicherweise wieder unterwegs, um einen Menschen umzubringen. Im nächsten Moment hoffte er inständig, dass sein Vater einfach unter einer Schizophrenie litt. Er bildete sich lediglich ein, diese Menschen umgebracht zu haben. So etwas war behandelbar. Sein Vater konnte einfach kein Mörder sein. Er durfte es nicht.
    Irgendwann während der Fahrt kam ihm ein Geistesblitz. Wenn Stefan wirklich zu seinem Erzeuger nach Braunlage unterwegs war, dann war es ja idiotisch, nach Duderstadt zu fahren. Also hielt er auf einem Parkplatz und googelte mit seinem Smartphone die Adresse dieses Herrn Dünnbier in Braunlage, gab sie in sein Navi ein und düste weiter.
    Mit jedem Kilometer wiederholten sich seine Gedankengänge. Sein Vater ein verrückter Mörder, der den Rest seines Lebens in einer geschlossenen Anstalt zubringen würde. Er stellte sich vor, wie er den alten Mann in Braunlage abstach. Michael erschrak, als er seine eigene Stimme hörte: »Nein, Papa, das darfst du nicht!«

Achtermann / Braunlage

     
    Sie waren sehr früh am Morgen, kurz vor Sonnenaufgang, aufgebrochen. Das Auto hatten sie am Dammhaus abgestellt und waren dann, einer stillen Prozession gleichend, den Achtermann hinaufgestiegen. Hans-Ulrich ging voran. Dann folgten Beate, Alfonso und Ferdinand. Als sie auf dem Gipfel angelangt waren, hatte die Sonne gerade den Himmel in ein herrliches Orangerot gemalt. Niemand sagte ein Wort. Hans-Ulrich holte die Urne aus seinem Rucksack, öffnete sie und reichte sie Beate. Sie stand auf dem höchsten Punkt des Berges und umfasste die Urne mit beiden Händen, drehte sich einmal um sich selbst und verstreute die Asche. Ein leichter Wind trug sie ins Tal. Dann gab sie ihrem Mann die Urne zurück und wischte sich mit dem Taschentuch eine Träne aus dem Auge. Es war absolut friedlich und still. Nur die ersten Vögel zwitscherten schon. Die drei Männer umarmten Beate kurz. Hans-Ulrich machte ein Foto von dem herrlichen Himmel, der Elvira zweifellos gefallen hätte. Dann machten sie sich auf den Rückweg.
    So früh am Morgen hatte noch kein Restaurant geöffnet, sodass man zuhause frühstücken musste. Danach begaben sich alle noch mal zur Ruhe. Das frühe Aufstehen und die Emotionen, als Beate die Asche verstreut hatte, waren an keinem spurlos vorübergegangen. Bei Hans-Ulrich kam sogar ein leichtes Schuldgefühl auf, dass es sich gar nicht um die Asche seiner Schwiegermutter gehandelt hatte. Was soll´s, dachte er. Beate wusste es nicht und Elvira erst recht nicht. Tot ist tot. Und Asche ist Asche.
    Mittags ließ Ferdinand einen Imbiss anliefern. Frau Kuhfuß würde erst nachmittags kommen, um ein schönes Abendessen vorzubereiten. Eigentlich wollte sie schon früher kommen, um endlich diesen grässlichen Kronleuchter zu putzen, der ihrer Meinung nach nichts als ein Staubfänger war. Aber Ferdinand bat sie, das heute sein zu lassen, damit er sich ungestört mit seinem Sohn unterhalten konnte.
    Ferdinand bat seine Gäste, ihn nun eine Zeitlang allein zu lassen, weil sein Sohn bald kommen würde. Das Wetter war sommerlich warm. Also beschlossen Beate und Alfonso, mal wieder in den Wald zu gehen. Und Hans-Ulrich wollte durch den Ort wandern, vielleicht einen Kaffee trinken und die Buchhandlung besuchen.
     
    Gegen halb drei läutete es an der Haustür. Als Ferdinand öffnete, stand ein etwas grimmig dreinschauender Stefan davor. Er bat ihn herein, und sie setzten sich ins Wohnzimmer. Ferdinand hatte es geschafft, eine Kanne Kaffee zu kochen und schenkte Stefan und sich ein.
    »Stefan, es tut mir leid, so unendlich leid. Mein Leben lang habe ich mich nur um mich selbst gesorgt. Nicht mal das. Immer wenn es prekär wurde, hat sich mein Vater um alles gekümmert. Ich habe keinen Gedanken daran verschwendet, wie es anderen geht. Die Konsequenzen meines Verhaltens habe ich nicht getragen. Ich war ein Egoist. Und du hast jedes Recht der Welt, mich zu verabscheuen.«
    Ferdinand redete so offen wie nie zuvor in seinem Leben. Nicht mal Pfarrer Johannes oder Lilly gegenüber hatte er sich jemals so offenbart. Stefan wusste nicht, wie ihm geschah. Das Gefühl, das er schon die ganze Zeit hatte und körperlich spüren konnte, wurde zu einer unerträglichen Last. Er glaubte, ersticken zu müssen, hatte größte Schwierigkeiten, zu atmen. Eine Gänsehaut bemächtigte sich seines Körpers. Er hatte einen Kloß

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