Moerderische Idylle
Zusammenhang, wo Polizei und Staatsanwaltschaft doch die Möglichkeit besaßen, sogenannte rechtliche Zwangsmittel anzuwenden, ein Wort wie »freiwillig« benutzt wurde. In seiner Welt waren das unvereinbare Größen, und unter anderem deshalb begrüßte er den Vorschlag der sogenannten DANN-Kommission: umfassende Erweiterung der Möglichkeiten für die juristischen Instanzen, DANN-Proben zu sammeln, DANN-Analysen durchzuführen und die Ergebnisse zu registrieren. Die Frage der Freiwilligkeit werde hoffentlich bald obsolet sein, und in der besten aller möglichen zukünftigen Welten würde natürlich die DANN aller Menschen gleich nach der Geburt in einem nationalen flächendeckenden Register gespeichert werden. Und sei es nur aus Fürsorge für ebendiese Menschen.
Abschließend hatte er den Medien dann ob ihrer Wachsamkeit Anerkennung gezollt. Mit schöner Bescheidenheit wollte er nicht ausschließen, dass ihm das aktuelle Problem entgangen wäre, wenn die Medien ihn nicht rechtzeitig gewarnt hätten.
Die Medienvertreter hatten keine wesentlichen Einwände gegen die Analysen und Schlussfolgerungen des JK. Das Ganze sei eine wichtige Frage und in jeder Demokratie und in jedem Rechtsstaat von entscheidender Bedeutung, und der Chefredakteur von DN wollte, wenn möglich, das Thema in seiner Zeitung noch höher hängen. Rein persönlich sei er stolz und froh darüber, dass er und seine tüchtigen Mitarbeiter den Stein ins Rollen gebracht hatten.
Der Moderator, der die Debatte leitete, nutzte am Ende die Möglichkeit, den Chefredakteur von Smälandsposten - der anwesend war, und den sie ja nun nicht jeden Tag sahen - zu fragen, wie es möglich sei, dass eine kleinere Lokalzeitung einen Diskussionsbeitrag abgelehnt hatte, den Schwedens größte Tageszeitung sofort veröffentlicht und sogar mit Leitartikeln und Reportagen flankiert hatte.
Der Chefredakteur von Smälandsposten bedankte sich für die Frage. Ohne ins Detail gehen zu wollen, könne er doch immerhin verraten, dass die Ablehnung seiner eigenen Kenntnis der Person des Artikelverfassers zuzuschreiben sei. Umständen, die den Kollegen von Dagens Nyheter möglicherweise nicht bekannt gewesen seien oder die sie aus irgendeinem Grund nicht berücksichtigt hatten. Was wusste denn er, ein schlichter Presseschmierer aus der Provinz, über die Beschlussfassung bei der vornehmsten Zeitung des Landes?
Und wie auch immer, er habe persönlich die Entscheidung gefällt, den Beitrag des Bibliothekars Marian Gross nicht zu veröffentlichen. Er habe diesen Beschluss seither nicht eine Sekunde bereut, und sollte er jemals ein ähnliches Angebot erhalten, werde er auch dieses wieder ablehnen.
Danach begab man sich in die Operabar, in Grands Veranda und in andere nahe gelegene Lokale für die Gutbetuchten, und genau wie immer dauerte die mediale Debatte die halbe Nacht, bis die Teilnehmer endlich zu einigen Stunden wohlverdienter Ruhe zu ihren Familien fahren konnten.
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Der Prozess gegen Bengt Mänsson wurde am Montag, dem 20. Oktober, vor dem Stadtgericht von Växjö eröffnet, und das Urteil wurde erst an die drei Monate später verkündet, am 19. Januar des folgenden Jahres. Es hatte vor allem so lange gedauert, weil das Gericht beschlossen hatte, Bengt Mänsson einer sogenannten großen psychiatrischen Untersuchung zu unterziehen, damit man über die weiteren Schritte aufgrund der bestmöglichen Unterlagen entscheiden konnte.
Schon am 20. Dezember war die Antwort aus der gerichtspsychiatrischen Klinik in Lund eingetroffen, aber da hatte man doch Weihnachten und Neujahr und alle anderen Feiertage begehen müssen. Außerdem brauchte das Gericht Zeit, um an seinen Formulierungen herumzufeilen und sich ganz allgemein so seine Gedanken zu machen.
Aus den nicht geheim gehaltenen Erkenntnissen der gerichtspsychiatrischen Untersuchung ergab sich, dass Mänsson psychisch zwar heftig gestört war, dass seine Störung aber nicht tief genug ging, um ihn der geschlossenen psychiatrischen Unterbringung zu überantworten. In seinem Urteil folgte das Gericht deshalb einstimmig den Anträgen der Staatsanwaltschaft und verurteilte Bengt Mänsson wegen Mordes zu lebenslänglicher Haft.
Gegen dieses Urteil wurde Berufung eingelegt, und die nächste Instanz beantragte eine weitere gerichtspsychiatrische Untersuchung, die diesmal unter Leitung des jüngst berufenen Professors der Gerichtspsychiatrie, Robert Brundin, am Sankt-Sigfrids-Krankenhaus in Växjö
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