Mörderische Vergangenheit (German Edition)
tot!“
Also richtete er sich langsam an der Stoßstange auf, wie ein Säugling, der das Stehen lernte. Der Fahrer sprang aus dem Wagen und ruderte mit den Armen.
„Mein Gott, wo kommen Sie denn plötzlich her?“
„Das werden Sie mir nie glauben!“, keu chte Keppler. Der Fahrer bemerkte die blutende Einschusswunde im Bauch des Fremden und schien erleichtert, dass er selbst bloß für die winzige Schramme auf Kepplers Stirn verantwortlich war.
„I ch bringe Sie sofort ins Krankenhaus!“, versprach er.
„Wie weit ist das?“, fragte Keppler.
„Zwei Stunden!“, antwortete der Fahrer. Keppler sah auf die Uhr und schüttelte den Kopf,
„Das passt nicht in meinen Terminplan!“
In drei Stunden würde bereits sein Kopf explodieren. Und da die Ärzte in diesem Jahrzehnt bestimmt keine Erfahrung mit der Entschärfung chinesischer Miniatursprengkapseln besaßen, blieb nur der Kühlraum als letzte Hoffnung. Wenn ihm bis dorthin nicht das Blut ausgegangen wäre. Sie mussten also in die Hauptstadt.
„Fahren Sie bitte los! So s chnell Sie können!“
Der Fahrer zierte si ch nur einen kurzen Augenblick, bis er in den Lauf von Kepplers Revolver blickte. Mit durchdrehenden Reifen ging es die Landstraße entlang. Nach einer Weile schien der Geisel die Sache sogar zu gefallen.
„Meine Frau verbietet mir immer, s chnell zu fahren!“, erzählte der Mann.
„Und i ch verbiete Ihnen, langsam zu fahren!“, hauchte Keppler.
Der Fahrer rei chte ihm lächelnd seinen Flachmann.
„Ich schätze, Sie werden mir nichts tun! Sie sehen für mich nicht aus wie ein kaltblütiger Killer!“
„Da haben Sie leider recht!“, gab Keppler zu, „Ich wünschte, ein paar Chinesen hätten Ihre Menschenkenntnis!“
Dann nahm er gierig einen großen Schluck aus dem Flachmann, wahrscheinlich war es der allerletzte Drink für ihn. Der Fahrer versu chte nicht einmal, in einer von Kepplers Blackout-Phasen an den Revolver zu kommen. Er fuhr einfach weiter und weiter, bis der Hijacker irgendwann hochschreckte. Sie waren nahe an seinem Ziel. Keppler rieb sich die Augen und klatschte sich selbst mit den Händen gegen die Wangen, um sich anzutreiben.
„Hier können Sie mi ch rauslassen! Danke für die Hilfe!“, sagte er noch und wankte aus dem Wagen. Er reichte dem Fahrer ein Bündel Scheine für die Reinigung der Polster durchs offene Fenster, denn er hatte Sitz und Fußmatte des Kombis total voll geblutet. Von hier an musste er sich allein durchschlagen. Er wollte dem Schläfer ja nicht die Polizei auf den Hals hetzen, vielleicht war er auf dessen Hilfe und Unterschlupf noch angewiesen. Er konnte ja nicht wissen, ob Hong ihn hier herausholen würde. In dieser Gegend fiel ein herumstolpernder Mann zu dieser Tageszeit nicht weiter auf und so schaffte es Keppler wenige Minuten vor dem Zuschlagen des Zeitfensters zum Gebäude des Schläfers. Eines der halb nackten Mädchen half ihm hinein. Doch Keppler hatte keinen Blick für ihre schönen Brüste übrig. Sein Überlebenstrieb war stärker als der nach Fortpflanzung. Und ob irgendjemand sein Erbgut überhaupt haben wollte, interessierte ihn im Moment wenig. Er schleppte sich am langen Tisch vorbei auf den Kühlraum zu und zog dabei eine breite Blutspur hinter sich her.
„Ist wohl ni cht so gut gelaufen?!“, vermutete der Schläfer, der mit einem Joint im Mundwinkel aus seinem Büro herauslugte.
„Soll i ch mir das ansehen? Ich hab´ mal Medizin studiert, das hilft in dem Job!“
„Keine Zeit!“, flüsterte Keppler und stolperte in den Kühlraum. Er vers chloss die Tür hinter sich und hoffte, das Eintreffen der Maschine noch zu erleben. Als sie endlich kam, machte er sich auf den Rückweg in seine Zeit. In eine Zeit, in der sich nichts zum Besseren gewendet hatte. Er lebte noch, als sich seine Gestalt auflöste. Doch wenn Peters seine Pflicht tat und das Kleinkind umbrachte, würde Keppler niemals in der Gegenwart eintreffen. Er wäre schon vor langer Zeit gestorben und niemals los geflogen.
D oktor Hong humpelte auf Krücken durch den Kühlraum. Die Scharniere an seinen Beinschienen hatten ihn ebenso im Stich gelassen wie der Schläfer und all die Illegalen in dem Gebäude. Seine Mitarbeiter waren jedoch auf seinen persönlichen Befehl verschwunden, vielleicht konnten wenigstens sie irgendwo Schutz finden. Die
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