Moerderjagd
zucken zu sehen. Ein letztes Aufbäumen, und dann sank sein Kopf ins Wasser. Er trieb leblos im Becken, und das klare Wasser vermischte sich mit seinem Blut … Mittwoch, Mittwoch würde es nun nicht mehr geben, dafür hatte ich gesorgt.
Ja, meine Schwester hätte ich aufsuchen sollen.
Zuerst sollte es so aussehen, als sei der Staatsanwalt der Mörder. Er, dessen Grundstück nicht genommen wurde. Die Idee war gut, sehr gut von mir. Leider ist die Polizei nicht auf ihn eingegangen. Halten dann doch immer zusammen …
Und es war so einfach, viel zu leicht … nur mein eigener letzter Schritt ist schwer, richtig schwer … Plötzlich spüre ich Angst in mir aufkommen. Ein Zurück gibt es für mich nicht mehr … genau wie für Paul und Arno gibt es keine Rückfahrkarte für mich …
Aber die Beerdigung wird schön, richtig schön. Schade nur, dass ich nicht alles so … im Grunde bin ich ja die Hauptperson, was will ich mehr?
12. August
Kommissar Schuster
Die Nachricht hatte sich wie ein Lauffeuer verbreitet, in der ganzen Stadt. Bereits am Morgen, gegen zehn Uhr, kamen die ersten Anrufe von Bürgern, die wissen wollten, ob es stimme. Mir fiel der Fall von vor drei Jahren wieder ein. Damals stand die Großveranstaltung Rhein in Flammen an. Die Hoteliers hatten Angst um ihre Gäste. Ein Mord passte doch nicht zu solch einem Ereignis. Ein Mord passt zu keinem Zeitpunkt, hatte ich geantwortet. Jetzt schien sich alles zu wiederholen. So sehr ich mich auch immer auf ein Wiedersehen mit Jil Augustin freue, es muss nicht unbedingt ein Toter der Auslöser sein.
Unruhig lief ich in meinem Büro auf und ab. Vor dem großen Fenster, das einen Blick auf den Rhein freigibt, blieb ich stehen. Die Hände in den Hosentaschen vergraben. Es klopfte an meine Tür. Ohne mich umzudrehen, rief ich: »Herein!« Mein Kollege Hoffmann betrat das Büro.
»Ein Vertreter der hiesigen Presse möchte Sie sprechen.«
Langsam drehte ich mich um und nickte, ging zurück zu meinem Schreibtisch.
»Können Sie uns schon etwas zu den beiden Morden sagen? Hat Doktor Rupp etwas damit zu tun?« Minuten später saß eine junge Frau vor mir. Sie schien höchstens Ende zwanzig zu sein, kaute unentwegt auf einem Kaugummi herum. Ihr Haar stand stoppelig vom Kopf ab und leuchtete in einem Rot, das einen an die Abendsonne erinnerte.
Anna Sturm war ihr Name, sie habe gerade ein Volontariat bei der Zeitung im Westerwald abgeschlossen und sei nun hier im Rheintal eingeteilt. Ihr Lächeln war ansteckend, spiegelte die jugendliche Leichtigkeit wider. Länger, als ich wollte, sah ich in ihre Augen, die mich katzengrün anleuchteten. Die Grübchen auf ihren Wangen sahen himmlisch aus. Meine Frau war in den letzten Jahren immer ruhiger geworden. Gäste wurden kaum mehr eingeladen, zu Veranstaltungen wollte sie mich nicht mehr begleiten. Oft habe ich mich schon gefragt, ob es an mir liegen könnte, ihr Verhalten. Sie schlief seit einem Jahr im Gästezimmer, brauche ihre Ruhe, wie sie mir sagte. Seitdem gab es keinen Sex mehr, keine zärtlichen Berührungen, nichts.
»Mein Büro ist so gar kein erfreulicher Ort«, fing ich an zu trällern. Anna Sturm sah mich verständnisvoll an.
»Wir sollten einen Kaffee in der Kantine trinken, dabei lässt es sich leichter reden.« Ich stand auf und gab ihr mit einer Handbewegung zu verstehen, mir zu folgen. Ihre Augen fesselten mich geradezu, taxierten mich. Die Grübchen waren nicht mehr zu sehen.
Meine Kollegen staunten nicht schlecht, als ich in Begleitung der jungen Dame in der Kantine auftauchte. Ich fühlte mich so leicht, es ging mir gut.
Sie wollte lieber eine Cola. Ich nahm Kaffee, schwarz.
Ob Sie mir nun einige Fragen zu dem Ermordeten stellen dürfe, wollte sie dann wissen. Wunderschöne Zähne hatte sie, das fiel mir sogleich auf.
Der Notizblock lag schon auf dem Tisch. Es war mir entgangen, dass sie ihn aus der Tasche genommen hatte.
»Ein Stück Kuchen?« Ich blickte sie an. Anna Sturm nickte. Fünf Minuten später stellte ich ein Stück Käsekuchen vor ihr ab. Sie lächelte, ich war glücklich. Mein Blick streifte ihre jugendliche Figur. Ich fühlte mich auf einmal wieder wie zwanzig, machte Witze, über die Anna Sturm lachte. Es war traumhaft!
Geschickt lenkte sie das Gespräch nach einer Weile wieder auf den Grund ihres Kommens.
»Der Mann wurde nicht ermordet. Es war Selbstmord«, teilte ich ihr anschließend mit. Sie schien nicht überrascht zu sein und teilte mir mit, dies habe sich schon
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