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Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Titel: Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Biesenbach
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dem Stuhl, als sie hinter sich eine Bewegung bemerkte. Sie war zu schwach, um den Kopf zu drehen, aber das war auch gar nicht notwendig. Inga wusste, dass es der Fluch der Sandbank war, der dort hinter ihr in der Küche stand.  
    „Lange nicht mehr gesehen“, keuchte Inga. Das Atmen fiel ihr von Minute zu Minute schwerer. Sie hustete.
    „Viel zu lange, meine Liebe. Es ist schrecklich, wie du dich an diesen verrottenden Körper klammerst. Du müsstest dich ansehen“, antwortete Margarete ihre Stimme klang immer noch wie damals, tot, verfault, kehlig. Inga hörte, wie sie näher kam. Ihre Schritte gaben bei jedem Auftreten leise Schmatzgeräusche von sich. Sie war direkt aus dem Wasser gekommen und würde bald wieder dorthin zurückkehren. Inga stieg der Geruch von Brackwasser, totem Fisch und Fäulnis in die Nase.
    „Es gibt gute Gründe dafür, glaub mir“, sagte sie.
    „Schwachsinn. Er ist alt und schwach. Er war es vor sechzig Jahren schon.“
    Inga schüttelte den Kopf, sie würde diese Diskussion nicht führen.
    „Und jetzt? Wie soll es weitergehen? Oder bist du nur gekommen, um meine Küche mit deinen dreckigen Füßen zu verschmutzen?“
    „Liebes, es ist keine Zeit für Scherze. Wir haben eine Menge zu tun. Ich hoffe sehr, dass du dich an unsere Abmachung gehalten hast.“
    Nach diesen Worten wurde Inga in die Höhe gerissen und hart auf den Stuhl gesetzt. Auf diese Weise war sie gezwungen, Margarete genau in die Augen zu schauen. Sie sah nichts Neues. Seit damals hatte sich Van Buren nicht verändert. Ihr Anblick war noch immer ein Graus.
    „Glaubst du, ich wusste nicht, dass du herkommen würdest? Glaubst du, ich habe keine Vorbereitungen getroffen?“, fragte Inga matt. Das Blut tränkte mittlerweile große Teile der Bluse, sammelte sich an einer Naht und tropfte von dort zu Boden.
    „Seit damals ist eine Menge Zeit vergangen“, gab Margarete zu bedenken. „Ich hatte reichlich Gelegenheit herauszufinden, was damals falsch gelaufen ist. Komm jetzt. Diesmal wird alles anders, versprochen, Schwester.“
    Inga weigerte sich aufzustehen.
    „Nein, ich werde nicht mitkommen. Ich bin damals nicht mit zurückgekommen und werde es auch heute Nacht nicht“, entschied sie.
    Margarete machte einen amüsierten Eindruck, sofern man das aus ihrem verrotteten Gesicht überhaupt herauslesen konnte.
    „Bist also immer noch die gleiche widerspenstige Ziege wie damals. Nun gut, aber du vergisst eines, heute wird dir Daddy nicht zur Hilfe kommen. Keiner wird deine Schreie hören. Du bist ganz allein und so wirst du sterben. Die Gabe, die du mir vor sechzig Jahren entrissen hast, wird dir nichts nützen.“ Mit diesen Worten drehte sie sich um und verschwand in der Nacht. Natürlich war sie nicht gegangen, ohne etwas zurückzulassen. Auf dem Fensterbrett saß einer ihrer Vögel. Bislang hatte er ruhig die Szene beobachtet. Jetzt hüpfte er durch das kaputte Fenster auf die Anrichte. Er starrte Inga mit bösen Augen an, drehte den Kopf und kreischte. Eine weitere Möwe kam zum Fenster hereingeflogen, noch eine und noch eine und danach noch viele weitere. Irgendwann war der halbe Raum voll mit Vögeln, die sich in der ganzen Küche ausbreiteten. Sie stimmten ein dissonantes Konzert aus Möwenschreien an und näherten sich dabei langsam dem Stuhl, auf dem Inga zusammengesunken und verletzt kauerte. Sie unternahm erst gar nicht den Versuch, zu fliehen. Vögel flogen schneller als Menschen rennen konnten, das war nicht erst seit gestern so.
    Das erste Tier flatterte direkt auf sie zu und setzte sich auf ihre Schulter. Ohne Umschweife bohrte sich sein scharfer Schnabel in ihren Nacken. Inga spürte den Schmerz, schloss die Augen und lächelte bitter. Auch das hatte sie vorhergesehen. Sie wusste, das würde nicht das Ende sein…
    Verflixt und zugenäht!
     
     
     

Möwenschloss
     
     
    von
     
     
    Christian Biesenbach
     
     

 
     
     
     
     
    Christian Biesenbach
    Möwenschloss
    Meeuwennest-Reihe
    Band 3
     
    Copyright © 2013 Christian Biesenbach
     
    All rights reserved
     

Prolog
     
     
    Juni 2002
    Die weißen Türflügel wurden unerwartet und heftig aufgerissen. Sekundenbruchteile darauf schepperten sie gegen die Wände links und rechts.
    Ari Sklaaten ließ sich weder von der protestierenden Wache im Flur noch von den Gedanken über die Konsequenzen, die diese ganze Aktion womöglich haben würde, aufhalten. Er stürzte einfach in den Raum, das Ziel immer vor Augen. Die weiße Kochbekleidung bildete

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