Möwenspur
nur: „Ruf deine
hiesigen Kollegen in Quimper an, die Nummer steht sicher im Telefonbuch und schicke sie an den Küstenstreifen von Kerliou und dann komm Du bitte auch her. Ich
habe eine Leiche gefunden!“
„Warte Gerard, Du solltest mir den Weg schon genauer
beschreiben, ich habe keine Ahnung wo Kerliou liegt.“
„Entschuldige Marc, aber für mich ist das alles so vertraut. Also, du fährst nach Raguénez und dann weiter zu
dem
‚Lieu dit
Kerliou‘. An der
einzigen
Kreuzung
nimmst Du den rechten Weg und folgst ihm bis zu seinem Ende. Dort gibt es einen kleinen Waldparkplatz.
Stell den Wagen dort ab und folge dem Fußweg hinunter
zum Meer. Danach biegst du links ab und gehst etwa
dreihundert Meter auf dem kleinen Weg über den Klippen entlang. Du siehst mich dann irgendwo auf dem
Weg. Du kannst auch der Polizei den Weg so beschreiben.“
Er klappte das Mobiltelefon wieder zu, steckte es in die
Tasche zurück und sah dem Treiben der Vögel weiter zu.
Seine Blicke gingen jetzt über die Felsen hinweg, als
wollte er nach einem Täter Ausschau halten. Dabei war
es doch gar nicht sicher, ob es sich um ein Verbrechen
handelte oder ob der Mann abgestürzt und eines natürlichen Todes gestorben war. Der Mann trug einen Anzug.
Ohne Jacke oder Mantel würde man am frühen Morgen
nicht an den Strand gehen, dachte er sich. Ein Spaziergänger hätte sicherlich keinen Anzug angezogen um an
der Küste entlang zu spazieren. Die Lederschuhe, die er
von hier oben deutlich erkennen konnte sprachen auch
nicht dafür. Martinou griff in seine andere Jackentasche
und holte zwei Latexhandschuhe heraus. Aus Gewohnheit trug er immer welche bei sich. Als Arzt musste er
jederzeit auf einen Notfall vorbereitet sein. Er streifte die
Handschuhe über und machte sich auf den Weg nach
unten. Er wollte sich davon überzeugen, dass der Mann
wirklich tot war. Vorsichtig stieg er von einem Felsbrocken auf den nächsten tiefer gelegenen und näherte sich
so dem Körper. Als er näher kam flogen die Möwen auf
und kreischten noch lauter als zuvor. Dann hatte er den
Mann erreicht. Er brauchte nur wenige Sekunden um
festzustellen, dass der Mann wirklich tot war. Er erkannte eine größere Wunde an der linken Schläfe. Die konnte
von einem Sturz herrühren. Bevor die Polizei eintraf
wollte er den Körper nicht bewegen. Er sah sich die
Kleidung des Mannes an. Der Anzug war sehr elegant
und die Schuhe stammten von Bally, wie man dem `B`
an der Schnalle entnehmen konnte. Die Lage des Körpers ließ die Vermutung zu, dass er von dem Weg oberhalb der Felsen abgestürzt und auf dieser Stelle aufgeschlagen war. Die genaue Todesursache würde der Pathologe feststellen müssen.
Es war noch nicht lange her, dass er mit seinem Freund
telefoniert hatte. Dennoch hörte er bereits die Sirenen der
Polizeifahrzeuge, die sich schnell näherten. Er beschloss
nach oben zu gehen und den Polizisten die Stelle zu zeigen.
Der Weiler, der der Straße den Namen gab, hatte die
Form einer Tasse mit Henkel und am Ende des Henkels
lag der kleine Waldparkplatz, den er seinem Freund beschrieben hatte. Es gab nur diese kleine Stichstraße, die
direkt ans Wasser führte. Fünfzig Meter vor dem Ufer
war der Parkplatz, der im Sommer ganz schnell von den
Badegästen, die aus den umliegenden Häusern zum Baden herfuhren überfüllt war. Bog man an dem Küstenweg links anstatt nach rechts ab, dann war man sofort an
dem herrlichen Sandstrand von Raguénez, dem ‚plage de
Tahiti‘. Martinou hatte den Weg, der zu dem Parkplatz
führte gerade zum Teil erklommen, als er den ersten Polizeiwagen näherkommen sah. Er ging auf das Fahrzeug
zu und winkte den Fahrer herbei. Dahinter erkannte er
einen Krankenwagen und meinte auch, das Fahrzeug
seines Freundes zu erkennen.
Die zwei Polizisten stiegen aus und kamen auf ihn zu.
„Marc Marson und das ist Claude Ylian. Sie haben einen
Toten gefunden?“
„Ja, er liegt zwischen den Felsen, genau unterhalb des
Küstenweges. Mein Namen ist Gerard Martinou, ich
habe ein kleines Haus an der Küste und bin bei meinem
Spaziergang hier vorbeigekommen. Ich bin Arzt und
konnte mich vom Tod des Mannes bereits überzeugen.
Ich habe nichts verändert und…“ Martinou machte eine
kleine Pause und hob seine beiden Hände, die noch immer in den Latexhandschuhen steckten „ich habe auch
keine Spuren verwischt oder neue hinzugefügt.“
Die Polizisten betrachteten seine Hände und nickten.
Inzwischen waren zwei weitere Männer zu der kleinen
Gruppe
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