Möwenspur
Vermisstenanzeigen der gesamten Bretagne durchgesehen und auch die der Normandie.“
„Ich schlage vor, die Suche auf ganz Frankreich auszudehnen. Wir sollten das Fernsehen und die Presse einschalten.“, meinte Marc Louvin.
„Wir sind gerade
dabei. Wir wollten in dem OuestFrance ein Bild des Toten veröffentlichen.“
„Wenn Sie wollen, dann können wir die Bilder der beiden Toten sofort vom Fernsehen ausstrahlen lassen. Ich
habe ganz gute Beziehungen zur Redaktion von TF1.“
„Das Angebot nehme ich gerne an, ich lasse Ihnen sofort
zwei Bilder zukommen. Haben Sie eine Email-Adresse?“
Natürlich hatte Gerard einen Computeranschluss und die
Möglichkeit eine Mail zu erhalten. Marc Louvin gab
dem Kommissar die Adresse und beendete dann das Gespräch.
„Wieso hat er die Presse noch nicht früher informiert?
Wenn ich nach einer Woche noch immer keinerlei Informationen über die Identität des ersten Toten hätte,
dann wäre das doch der erste Schritt. Gerard, hier in der
Provinz scheint es nicht viele Morde zu geben. Selbst ein
Anfänger würde in Paris sofort an die Presse denken.“
Er erzählte seinem Freund alles, was er gerade von Kerber erfahren hatte.
„Marc, ich kann es dir nicht sagen, ich komme auch aus
Paris und kenne die Mentalität der Menschen hier nicht
so gut. Auch wenn ich schon seit Jahren immer wieder
für etliche Monate im Jahr vor Ort bin. Er wird davon
ausgegangen sein, dass es sich um jemanden aus der
Umgebung handelt. Vielleicht dachte er nicht, dass man
hier, um diese Jahreszeit auch einen Touristen umbringen könnte. Es dürften jetzt nicht sehr viele hier sein.
Die Menschen, die sich jetzt an der Küste aufhalten sind
meist Einheimische.“
Louvin war damit nicht zufrieden und rief deshalb seinen
Kollegen Jean-Paul Claude in Paris an.
„Bonjour Jean-Paul, Marc hier, ich brauche deine Hilfe.“
„Hey du bist im Urlaub, nicht schon wieder Verbrecher
jagen!“
„Bin da einfach so rein geschlittert, aber ich brauche von
dir zweierlei. Erstens schicke ich dir zwei Bilder von
unbekannten Toten. Gib diese bitte an TF1 weiter, mit
einem Gruß von mir und sie sollen sie sofort ausstrahlen.
Wir wüssten gerne, wer die Toten sind. Zweitens brauche ich von dir eine Auskunft über einen Kommissar in
Quimper, sein Name ist Ewen Kerber. Versuche, alles
was du über ihn finden kannst herauszubekommen.“
„Traust du einem Kollegen nicht?“
„Doch schon Jean-Paul, aber es gibt hier einige Ungereimtheiten. Du kennst mich, lieber verschaffe ich mir
sofort Klarheit, anstatt tagelanges Misstrauen zu hegen.“
„Wie kann ich dich erreichen?“
„Am besten über mein Handy, Jean-Paul, oder über diese
Mail-Adresse. Er gab seinem Kollegen auch die Verbindungsdaten seines Freundes und beendete das Gespräch.
„Was versprichst du dir von der Überprüfung deines
Kollegen?“, fragte Gerard, als Marc das Handy zur Seite
legte.
„Keine Ahnung, einige seiner Handlungen finde ich seltsam. Vielleicht liege ich auch komplett daneben, wäre
nicht das erste Mal. Aber besser danebenliegen, als einen
Fehler begehen oder etwas zu übersehen.“ Marc sah seinen Freund an und bemerkte, dass er seine Stirn in Falten gezogen hatte.
„Du findest das nicht gut, habe ich recht?“
„Nun, ich denke mir, dass man seinen Kollegen, zumal
wenn man sie noch nicht gerade lange kennt, ein gewisses Maß an Vertrauen entgegenbringen sollte.“
„Du hast ja recht Gerard, aber wenn man so lange bei der
police judiciaire ist wie ich, dann entwickelt man ein
Gespür für Unstimmigkeiten. Das muss nachher nicht
unbedingt zu einem Fehlverhalten führen, aber es genügt
schon, wenn die Person nur bestimmten Spuren nicht
nachgehen will, weil man zum Beispiel einen Bekannten,
Verwandten oder Freund schützen möchte. Manchmal
liege ich natürlich auch daneben und muss mich dann
entschuldigen. Lass uns den Nachmittag bei einem Glas
Rotwein genießen.“
Gerard war sofort einverstanden und sie gingen, jeder ein
Weinglas in der Hand in den Garten. Gerard hatte noch
eine zweite, angefangene Flasche Pomerol mit hinaus
genommen. Sie setzten sich unter die große Kiefer. Der
mächtige Baum überspannte mit seinen weit ausladenden
Ästen den ganzen Tisch und die Gartenstühle darunter.
Die Sonne stand schon recht hoch und die Temperaturen
waren bereits deutlich auf über zwanzig Grad angestiegen. Von dem Tisch aus hatten sie einen herrlichen Blick
über den kleinen Badestrand auf der gegenüber liegenden Straßenseite, auf die rechts
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