Mohnblumenmond (Gay Urban Romance) (German Edition)
euch wächst ja von Tag zu Tag. Ihr habt eine großartige Zukunft vor euch“, lobte Bodo, als Julian ihn am Vormittag nach einer kurzen telefonischen Terminabsprache besuchte. „Die Tournee durch drei japanische Städte ist auch so gut wie unter Dach und Fach. Ihr gebt jeweils zwei Konzerte in einer Stadt. Und ich hatte eine großartige Idee: wir werden einen Teil eurer Konzerteinnahmen für die Opfer der Atomkatastrophe spenden. Was sagst du dazu? Das gibt eine hervorragende Publicity. Man wird euch als Helden feiern.“ Bodos graue Gewitteraugen zeigten ein freudiges Wetterleuchten, während sein junger Schützling sich auf die Lippen biss, um nicht lauthals „ Stopp“ zu rufen.
„Also, was führt dich zu mir? Wo drückt der Schuh?“
Das war Julians Stichwort. Er holte tief Luft. „Ich weiß nicht, ob ich die nächste Tour noch mitmachen möchte. Ich leide seit Paris unter Schlafstörungen, habe keinen Hunger mehr, der ganze Stress ist einfach zu viel für mich. Außerdem kommen noch familiäre Probleme hinzu, über die ich jetzt nicht sprechen möchte Könnte man Japan nicht auf nächstes Jahr verschieben? Ich brauche eine Auszeit. Unbedingt.“
Bodos Augen sprühten nun Blitze. Er bemühte sich, ruhig zu bleiben und nicht aus der Haut zu führen, doch die Ader an seinem Hals trat deutlich hervor. Sollte er sich so in diesem Bengel getäuscht haben? Wieso wurden diese lästigen Popsternchen so empfindlich mit der Zeit? Bei Jonas war es nicht anders gewesen, der wollte auch nach anderthalb Jahren alles hinschmeißen! Diese jungen Hüpfer hätten mal die Nachkriegszeit durchmachen sollen wie seine Eltern. Dann wüssten sie, was Dankbarkeit heißt!
Er räusperte sich unnatürlich laut. „Mein lieber Julian. Ich verstehe, dass die Umstellung auf das Musikgeschäft dir Probleme bereitet, da du erst ein knappes halbes Jahr dabei bist. Aber ich bin sicher, es gibt hierfür eine Lösung. Das sind schließlich nur körperliche Wehwehchen.“
Wenn der wüsste, was es heißt, jede Nacht von Albträumen gequält zu werden!
Julians Unruhe verstärkte sich. Es sah nicht so aus, als hätte der untersetzte Manager ein Einsehen mit ihm.
„Wissen Chris und Okon schon von deinen Problemen?“, erkundigte sich Bodo jetzt und griff in seine Schreibtischschublade.
„Nein, aber sie ahnen etwas.“ Das war zumindest nur halb gelogen.
Bodo schien gefunden zu haben, was er suchte. Eine kleine runde Plastikdose ohne Aufschrift. Er reichte sie über den Tisch. „Hier, davon eine morgens nach dem Aufstehen und vor dem Auftritt. Du wirst sehen, die wirken Wunder!“
„Was ist das?“ Julian drehte die Packung in seinen Händen, bevor er sie öffnete. Kleine runde Tabletten lagen darin, ebenfalls ohne Aufdruck.
„Kleine Helferlein, mit denen du jede Stresssituation bestens überstehst“, lächelte Bodo. „Vertrau mir, Junge. Wenn dein Vorgänger die genommen hätte, wäre er nicht dem Alkohol verfallen.“
Bei diesem Satz fiel Julian das Gespräch mit Chris im Tourbus ein, wonach dieser Jonas keine Schnapsdrossel gewesen sein sollte. Er zweifelte daran, dass Bodo wirklich Interesse an seinen Klienten hatte. Die menschliche Seite seiner Stars schien ihm vollkommen schnuppe zu sein.
„Probier es aus, Julian. Und wenn du Nachschub brauchst, komm einfach zu mir“, sagte Bodo mit jovialer Großzügigkeit. „Ich will schließlich nur das Beste für euch. Aber es wäre nett, wenn du den anderen nichts davon erzählen würdest. Schließlich kann ich nicht für alle sorgen, die sind nicht ganz billig, glaub mir. Kommen direkt aus den USA.“
„Gibt es Nebenwirkungen?“
Bodo breitete die Arme aus. „Hey, sieh mich an. Ich nehm die auch und mein Alltag ist mindestens ebenso stressig wie der eurer. Und, was siehst du? Einen Mann in den besten Jahren, fit und vital.“
Das klang wie in einer billigen Fernsehwerbung, fand Julian. Um des lieben Friedens willen gab er klein bei. „Also schön, ich probier´s.“
„Brav“, lobte Bodo. „Und vor der Tournee geb ich dir noch ne volle Packung mit. Ich komm eh noch zur Villa raus, um mit euch den Zeitplan zu besprechen und die Flugtickets vorbei zu bringen.“
Julian erhob sich. Das Gespräch war nicht so gelaufen, wie er es sich erhofft hatte. Auch Bodo stand jetzt auf, ging zu dem schmalen Jungen und legte väterlich den Arm um seine Schulter, um ihn zur Türe zu geleiten. „Das ist nur eine vorübergehende Phase, mein Junge. Ihr habt hart trainiert und tolle Arbeit
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