Mohnblumenmond (Gay Urban Romance) (German Edition)
geleistet. Bald bist du wieder auf dem Damm.“
Julian nickte und verabschiedete sich. Mit Bodo würde er über seine persönlichen Probleme jedenfalls nicht sprechen können. Blieb nur noch Chris. Aber erstmal wollte er es mit diesen kleinen, weißen Tabletten versuchen. Wenn Bodo die so gut vertrug, warum nicht auch er?
Ab dem nächsten Tag probten sie das neue Stück „Moon of the Poppy Moon“ – zu Deutsch „Mohnblumen-Mond“, den Titel ihrer Japantournee und ihres neuen Albums. Und tatsächlich war Julian so munter wie schon lange nicht mehr, obwohl er in dieser Nacht genauso schlecht geschlafen hatte wie all die Nächte zuvor. Dennoch zeigte er in den kommenden Wochen vollen Einsatz bei den Tanzpassagen und auch im Studio. Sollte er seine Krise überwunden haben? Chris blieb skeptisch, obwohl es ihn freute, den jungen Mann wieder fast so heiter zu sehen wie am Anfang. Ihm allein fiel allerdings auch auf, dass der Blick aus Julians Augen immer ausdrucksloser erschien.
Bodo Hallmann hielt Wort und tauchte zwei Tage vor dem Start der Japantour in der Bandvilla auf. Er verteilte die Zeitpläne und lud zu einer kurzen Besprechung ein. Dabei zog er freudestrahlend einen Wust von Papieren aus seinem silbernen Aktenkoffer. „Ihr seid bereits überall in Europa in den Top Ten, meine Lieben, und ich möchte, dass das möglichst lange so bleibt. Deshalb habe ich den Release eures Albums vorverlegt und zeitgleich mit dem Tourneestart veranlasst. Das bedeutet eine Menge Interviews und Presse in den nächsten Tagen. Einiges wird mein Büro erledigen können. Tanja wird als Begleiterin mit nach Japan fliegen und euch vor Ort den Rücken freihalten. Außerdem bleibt ihr unter ihrer Aufsicht fit.“ Er kicherte vor sich hin. „Nach eurer Rückkehr geht es dann an den Videodreh für die ersten beiden Singleauskopplungen. Aber das Beste ist, dass ich ab nächstes Jahr sogar die größten Hallen für euch gebucht habe! Na, was sagt ihr?“ Beifallheischend blickte Bodo von einem zum anderen. Doch der Beifall blieb aus. Erstaunt runzelte der Manager die Stirn.
Die drei jungen Männer hatten schweigend zugehört. Zum ersten Mal wurde auch dem fröhlichen Okon bewusst, dass dieser Mann dort sie ausquetschen würde wie eine Zitrone.
„Denkst du nicht, dass wir mal eine Pause verdient haben? Seit einem halben Jahr stehen wir unter Strom und davor die Zeit war auch nicht gerade ruhig zu nennen“, warf Chris mit kritischem Blick auf Julian ein. Dieser wirkte unnatürlich blass und starrte auf den Boden, als wolle er die einzelnen Fliesen des Bodenbelages zählen. Er schien völlig desinteressiert an der Unterhaltung. Okon goss ich ein Glas Cola ein. Auch er hatte noch kein Wort gesagt.
Bodo winkte lächelnd ab. „Aber, aber, wir müssen das Eisen schmieden, solange es heiß ist, versteht ihr? Zur Ruhe setzen könnt ihr euch, wenn der Hype vorbei ist.“ In Gedanken fragte er sich, ob Julian nun Chris vorschob, um sein Anliegen doch noch durchzudrücken. Ärger stieg in ihm auf.
„Und wann wird das sein?“, warf Julian tonlos ein, ohne hochzublicken.
Alle Augen wandten sich ihm zu. Der Manager schüttelte verständnislos den Kopf. „Das kannst du nicht ernsthaft gefragt haben, Julian. Wir verdienen gerade Millionen mit euren Songs und der Gunst eurer Fans. Jeder von uns, vergiss das bitte nicht.“
Der Satz seiner Mutter fuhr Julian bei diesen Worten durch den Kopf und er blickte hoch. Noch immer waren die Blicke auf ihn gerichtet. Chris wirkte besorgt, Okon neugierig und Bodo Hallmann erzürnt.
„Nach der Japantournee werde ich aufhören“, verkündete der hübsche, dunkelhaarige Junge. Bodo erhob sich aus seinem Sessel und ging zu ihm hin. Jovial klopfte er ihm auf die Schulter. „Darüber reden wir nach eurer Rückkehr, mein Junge. Ich bin sicher, du wirst es dir noch überlegen, wenn du erstmal siehst, wie viel Erfolg du noch haben wirst. Komm, begleite mich zum Wagen, ich möchte gerne noch kurz unter vier Augen mit dir sprechen.“
Fast widerwillig stand nun auch Julian auf und unter den verwunderten Blicken der beiden anderen gingen er und Bodo nach draußen. Sie durchquerten den gepflegten Vorgarten und das schmiedeeiserne Tor, welches die halbhohe Ziegelmauer unterbrach, die von innen durch die dichte Bepflanzung auf Anhieb kaum zu erkennen war. Auf ihr kringelte sich ein Stacheldrahtwall. Von außen wirkte es fast wie ein ausbruchsicheres Gefängnis, fand Julian jetzt. Er hätte lieber in seiner
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