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Mondgeschöpfe (Phobos)

Mondgeschöpfe (Phobos)

Titel: Mondgeschöpfe (Phobos) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schuck
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schwarzmetallenen Harnisch eingefangen. An einem breiten Ledergurt hing ein schmales Schwert. Ihre Beine waren mit einer schwarzen Samthose bekleidet, so eng, dass sich jeder Muskel ihrer Beine abzeichnete. Die harte Musik dröhnte immer noch aus den Lautsprechern. Ihr rechtes Bein schwang in einem kleinen Bogen nach hinten und damit ging sie in Kampfhaltung. Ihre rechte Hand zog das Schwert. Sie hielt es stoßbereit auf Julian gerichtet.
    Sie sah herrlich aus. Die Ringe und Schuppen der Rüstung gaben ihr etwas Echsenhaftes. Aber Julian kam sich ihr gegenüber ungeheuer hässlich und ungelenk vor.
    "Kannst du kämpfen?", herrschte sie Julian an. Sie wies mit der Schwertspitze auf die Wand, wo mehrere katana (japanische Langschwerter) waagerecht aufgehängt waren.
    Wollte sie wirklich einen Kampf mit ihm, dem besten Schwertkämpfer des Landes? Man sah es ihm wirklich nicht an, aber er war ein Meister des Schwertkampfes. Julian trat zu den Langschwertern. Sie schienen alle gleich lang zu sein mit wunderschön verzierten Griffen und der ebenso verzierten Tsuba, dem Stück zwischen Griff und Klinge. Julian zuckte die Schultern, dann nahm er das oberste Schwert vom Ständer. Schon als er das Gewicht der Waffe fühlte, durchströmte ihn wieder jene magische Kraft, jene Energie, die ihn zum Kämpfer machte. Schon dass er diese schöne Waffe in seinen Händen halten durfte, war ihm ein Geschenk. Julian drehte sich von der Wand ab und hielt das Schwert in der Scheide mit seiner Linken waagerecht vor Cassia. Er ließ sich in den relativ tiefen Stand ( kibai dachi ) sinken. Sein Gewicht lag auf beiden tief gebeugten Beinen gleichmäßig verteilt. Cassia hingegen stand in Ausgangshaltung ( zenkutsu dachi ). Ihr linker Fuß war auf Julian gerichtet, das Bein leicht gebeugt. Der rechte Fuß stand im rechten Winkel zum linken, das Bein tief gebeugt. Das Gewicht des Körpers lastete auf ihm.
    An seiner Haltung erkannte Cassia, dass in Julian etwas anders geworden war. Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie versuchte einen verbalen Ausfall.
    "Oh, ist der kleine Mann durch das Schwert zum großen Mann geworden? Wie stark er plötzlich aussieht! Hoffentlich schneidest du dir dein Ding nicht ab."
    Ihre Stimme triefte von tiefer Verachtung und hatte doch gleichzeitig einen süßlich, schmeichlerischen Klang.
    Julian hörte nicht, was sie sagte. Für ihn gab es eine Zeit der Schwäche und eine Zeit der Stärke. Schwarzweiß. Nun war Stärke angesagt, und wie bei jedem Kampf kein Raum für Schwäche. Er schottete seine Ohren gegen alles ab, was sie sagte. Aber er nahm wahr, dass sie, während sie sprach, immer näher herangeglitten war.
    Cassia versuchte Julians Blick einzufangen, ihn mit ihren eishellen Augen zu lähmen. Sie s prach weiter: "Wollen wir doch einmal sehen, ob..."
    Und mitten in den Satz hinein täuschte sie einen Stich gegen seinen Bauch an. Als Julian Schwert nach unten und zur Seite fuhr, um den vermeintlichen Stich abzuwehren, schnellte ihr rechtes Bein hoch, von der Seite auf seinen Kopf zu. Aber Julian hatte sich nicht irritieren lassen. Sein noch von der Holzscheide bedecktes Schwert hatte Cassias katana abgewehrt. Jetzt fuhr es, allein getrieben mit der Kraft seines Handgelenkes und des Unterarmes im Bogen hoch, traf Cassia am Fußknöchel, hakte sich hinter die Ferse. Und während Julian seinen Stand noch vertiefte, führte sein Schwert Cassias Bein über seinen Kopf auf die andere Seite. Um nicht zu stürzen, musste Cassia dieser Bewegung folgen und kam nun mit dem Rücken zu Julian zu stehen. Blitzschnell versuchte sie, sich nach vorne fallen zu lassen, um seiner Reichweite zu entgehen, aber es war schon zu spät. Präzise traf die Holzscheide den vitalen Punkt unterhalb des rechten Schulterblattes. Sie brach in die Knie, ließ das Schwert fallen und rang nach Atem.
    Julian ließ sich durch ihre Schwäche aus der Härteposition herausbringen und kniete neben ihr nieder. Diesen Fehler nutzte Cassia sofort, um ihm ihren Ellbogen kraftvoll in die Seite zu rammen. Julian rollte hilflos und schmerzverkrümmt auf den Rücken. Sie sprang auf, bemächtigte sich wieder ihres Schwertes, stellte sich zwischen seine Beine und drückte ihr Schwert gegen seinen Bauch. Julian hatte diesen Kampf verloren, weil er Stärke und Schwäche, Härte und Weichheit miteinander vermischt hatte.
     
    *****
     
    Das war nun alles schon ein Jahr vorbei. Aber auch heute noch bekam Julian wieder weiche Knie, als er den Raum betrat. Nicht etwa

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