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Mondgeschöpfe (Phobos)

Mondgeschöpfe (Phobos)

Titel: Mondgeschöpfe (Phobos) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schuck
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Matratze. Sie muss jetzt ihr Gewicht über die Kante des Bettes stemmen, muss sich, rücksichtslos gegen etwaige Schmerzen, aus dem Bett fallen lassen. Dann, nur dann, hat sie eine Chance aus der Lähmung zu erwachen. Emela zieht am Rand der Matratze.
    Ihr Körper gerät ein wenig in die Schräglage. Ihr Gesicht ragt über den Rand, sie blickt nach unten, Schweiß läuft ihr ätzend in die Augen. Emela sieht nebelhaft verschwommen. Sie sieht einen Mann vor dem Bett hingestreckt. Blitzschnell schließt sie die Augen wieder. Das kann nicht sein.
    Ein wahnsinniger Schrecken flammt in ihr hoch. Sie war am Nachmittag vom Strand gekommen und neben ihrem Wochenendhaus in den Schlagschatten geraten. Sofort hatte sie gespürt, wie ihre Kraft entwich. Hastig war sie ins Haus geflohen und hatte sich aufs Bett geworfen. Seit diesem Augenblick kämpfte sie mit den Schatten Tamisrahs. Sie war sich sicher, nicht geschlafen zu haben. Niemand hatte das Haus betreten. Vielleicht aber war er schon vorher da gewesen?
    D ieser Mann liegt vor ihrem Bett und sieht genauso aus, wie der Mensch, der... Er ist der Mensch, an den sie sich nie ganz erinnern kann. Sie öffnet die Augen um ein Weniges. Er liegt immer noch da. Emela erkennt, dass ihm ein Kupferbolzen rötlich schimmernd aus dem rechten Auge ragt. Ein Rinnsal Blut zeichnet an seiner Nase vorbei eine rote Narbe auf seine Wange. Emela ist sich sicher, dass der Mann tot ist. Mit dieser Wunde muss er tot sein. Aber da bemerkt sie eine Bewegung an ihm.
    Mühsam neigt sie ihren Kopf weiter nach unten und sieht, wie er die Hände etwas vom Boden hebt. Er bewegt seine Finger. Der Mensch auf dem Boden öffnet sein linkes Auge und sieht Emela an. Es ist ein Blick voll herzerweichenden Schmerzes, so dass Emela sich plötzlich aller Lähmung enthoben fühlt. Sie setzt sich im Bett auf.
     
    Riss.
     
    Es geschah an einem Freitagabend. Sie hatten lange geübt. Ihr Lehrer und sie. Er verabschiedete sich von ihr mit einem scherzhaften, aber durchaus galanten Handkuss. Emela sah ihm nach, wie er das Musikzimmer verließ. Sie wusste, dass ihn im Flur ihre Mutter empfing. Sie würde ihn entlohnen und dann verabschieden. Emela trat wieder in ihr Zimmer. Was sie nicht wusste, war, dass ihre Mutter den Lehrer nicht aus dem Haus geleitete. Stattdessen führte sie ihn die Treppe hinauf in ihr eigenes Zimmer. Um keinen Verdacht zu erwecken, verließ ihre Mutter den sensiblen Musiklehrer rasch, kaum hatte er ihr Zimmer betreten. Sie eilte wieder die Treppe hinunter und traf sich mit Emela zum Abendessen. Mutter wirkte beschwingt und trotzdem ruhig. Sie aßen nur zu zweit, denn es war Freitagabend, der Abend, an dem Vater immer lange im Gericht zu tun hatte.
    Sie plauderten miteinander. Nach dem Essen spielte Emela ihrer Mutter vor. Die beiden wirkten wie eine Skulptur aus bemaltem Biedermeierporzellan, kleine Hausmusik, die lauschende Dame, das musikalische Mädchen, ein idyllisches Bild heiterer Beschwingtheit.
    Ein Stockwerk höher wartete der Musiklehrer. Er wusste, dass er von der Tochter geliebt wurde und von der Mutter benutzt. Er wusste auch, dass er sich gegen keine von beiden so recht wehren konnte. Warum also sollte er sie nicht beide genießen, auf ganz unterschiedliche Art und Weise? Warum sollte er dieser durchaus attraktiven Frau nicht helfen, ihren vernachlässigten Zärtlichkeitshaushalt auszugleichen.
    Um das Haus herum wurde es immer dunkler , und in den näher kriechenden Schatten lauerte Tamisrah und spann seine grauenhaften Pläne.
    Emela beendete ihr Spiel. Die Mutter brachte sie auf ihr kleines Zimmer im Parterre und gab ihr einen freundlichen Gutenachtkuss. Emela hörte, wie sie die Diele entlang ging, die Treppe hinauf, über den knarrenden Holzboden im ersten Stock und dann ihr eigenes Zimmer betrat.
    Der musikalische Geliebte hatte es sich inzwischen bequem gemacht. Er lag auf dem Bett und hatte seine Jacke abgelegt. Die Frau stellte sich vor das Bett und betrachtete ihn mit diesem seltsamen Gemisch aus Lüsternheit und tiefster Verachtung. Sie wusste, dass er ein schwacher Mensch war. Aber sie wusste auch, dass sie ihn brauchte. Sie setzte sich auf das weiße Laken und ließ sich von ihm das Kleid öffnen. Zieh dich aus, sagte sie mit rauer Stimme, und er kam ihrer Anweisung nach. Sie löschte das Licht, und die blauen Schatten des Sommerabends nahmen von ihrem Zimmer Besitz.
    Der Vorhang an der Balkontür bauschte sich. Sie legte sich auf das Bett, und der Mann, Werkzeug ihrer

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