MondSilberTraum (MondLichtSaga) (German Edition)
erwartet und es hätte mich gewundert, wenn Calum sich noch länger zurückgehalten hätte«
»Na, wenn du das schon geahnt hast, hättest du mich auch ein bisschen aufmuntern und mir sagen können, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis meine große Liebe mich wieder einfängt«, erwiderte ich vorwurfsvoll.
»Ich hätte mich täuschen können«, brachte Amia zu ihrer Entschuldigung vor.
»Hast du glücklicherweise aber nicht«, lenkte ich ein. »Erzähl uns lieber, was in Berengar vor sich geht. Gibt es Neuigkeiten?«
»Elin ist ein Dauerthema. Alle haben Angst, dass er versuchen wird, Berengar mit Gewalt einzunehmen. Die Wachen sind um die gesamte Stadt verstärkt worden. Niemand kommt rein, ohne kontrolliert zu werden. Waffenbesitz ist seit Kurzem innerhalb der Stadt verboten. Es soll vermieden werden, dass Anhänger Elins, die in der Stadt leben, versuchen den Ältestenrat zu entmachten. Es ist fast wie im Krieg. Wir sind zuerst nicht nach Berengar geschwommen, sondern waren nur die letzten zwei Wochen dort. Es sind keine Kinder mehr zu sehen und die Straßen sind wie ausgestorben. Wer irgendwo anders unterkommen konnte, hat die Stadt verlassen. Elin ist vollkommen verrückt geworden. Wenn ich wüsste, wo ich ihn finden kann, würde ich versuchen, mit ihm zu reden. Doch wahrscheinlich würde das nichts nützen. Was haben die Undinen bloß mit ihm angestellt?«
Darauf wusste keiner von uns eine Antwort.
Ich ließ mir Amias Worte durch den Kopf gehen. So hatte ich das nie betrachtet. Was sollten die Undinen mit Elin angestellt haben? Im Grunde wusste ich nichts über die Undinen als das, was ich aufgeschnappt hatte. Calum hatte gedacht, dass sie ausgestorben waren, doch sie hatten sich als erstaunlich lebendig erwiesen. Ich beschloss, in der Bibliothek auf die Suche zu gehen und mir Informationen zu verschaffen. Heute würde das allerdings nicht gehen. Talin hatte uns viele Hausaufgaben aufgegeben und Myron stand ihm in nichts nach. Die beiden schienen einen Wettkampf daraus machen zu wollen, uns zu beschäftigen.
Ich versuchte mich zu erinnern, was Calum mir über die Undinen erzählt hatte. Wassergeister - fiel mir ein. Seelenlose Wassergeister sollten es sein. Wunderschön zwar, aber ohne jeden Skrupel.
Wie war Elin auf sie gestoßen? Oder hatten sie ihn gefunden? Früher war er nicht bösartig und verbittert gewesen, hatte Amia erzählt. Der Tod seiner Mutter hatte ihn verändert. War er deshalb zu einem Monster geworden, das vor nichts zurückschreckte? So hatte ich mir das vorgestellt. Aber vielleicht war das nicht die ganze Wahrheit. Der Gedanke ließ mich nicht los. Ich musste der Sache auf den Grund gehen.
Erst zwei Tage später kam ich dazu, mein Vorhaben in die Tat umzusetzen.
Ich ging in die Bibliothek und betrachtete die Reihen alter Bücher. Ob ich etwas über die Undinen fand, was mir weiter half? In einem dieser dicken Wälzer musste etwas über sie geschrieben stehen. Schließlich hatten alle anderen die Undinen gekannt und gewusst was sie waren. Wahrscheinlich hatten ihre Mütter ihnen Gruselgeschichten über sie erzählt.
Ich lief die Reihen ab. Mehrmals. Ich wurde nicht fündig. Dann erregte ein Buch meine Aufmerksamkeit. Uralte magische Völker war in silberner Schrift eingraviert. Das könnte passen. Ich wollte nichts unversucht lassen. Ein Versuch war es allemal wert.
Ich zog den Wälzer aus dem Regal und trug ihn zum Tisch. Selbst das Buch musste uralt sein, dachte ich, während ich es aufschlug. Nichtsdestotrotz war es gut erhalten. Farbige Illustrationen sahen mich an, während ich durch die Seiten blätterte. Von vielen Wesen, die abgebildet waren, hatte ich nie gehört. Im Grunde sollte mich das nicht wundern, denn die Wesen, die mich in Avallach umgaben, existierten in meiner menschlichen Welt ebenso wenig. Interessiert las ich einen Artikel über Selkies – Seehundmenschen. Sie besaßen die Fähigkeit, als Menschen und Seehunde zu leben. Ich las weiter. Seltsame Namen wie Fenoderee, Leprechaun oder Urisk sprangen mir ins Auge. Die Bilder zu diesen Gestalten waren mal gruselig, mal lächerlich. Seite um Seite blätterte ich weiter. Je mehr Bilder ich sah, desto deprimierter wurde ich. Egal, ob es böse oder gute Wesen gewesen waren, sie waren verschwunden. Viele taugten nicht einmal für Märchen und waren vergessen worden. Endlich fand ich, was ich suchte: Undinen – stand in geschwungener Schrift unter einem Bild. Mir stockte der Atem. Noch nie hatte ich eine so
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