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Mondspiel: Novelle (German Edition)

Mondspiel: Novelle (German Edition)

Titel: Mondspiel: Novelle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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es dem Kapitän nur aufgrund seiner großen Erfahrung und seiner
Ortskenntnis überhaupt möglich war, das Boot in diesem schrecklichen Unwetter zum Anlegesteg zu steuern.
    Es schüttete wie aus Eimern. Die Wolken über ihren Köpfen waren so schwarz und schwer, dass die Dunkelheit der Nacht erbarmungslos wirkte. Dennoch erhaschte Jessica ab und zu einen Blick auf den Mond, der einen gespenstischen Anblick bot, wenn das vorbeiziehende Schwarz der Wolken sein Licht verschleierte.
    »Los jetzt, Jessie«, rief Captain Long. »Bring die Kinder und euer Gepäck hinauf. Ich will euch keine Minute länger auf diesem Boot haben.« Die Worte gingen in der Heftigkeit des Sturms fast unter, aber es war deutlich zu erkennen, wie eilig er es mit seiner Aufforderung hatte.
    Sie eilte nach unten und warf Trevor mehrere Bündel und Rucksäcke zu, während sie Tara auf den Stufen und dem glitschigen Deck stützte. Captain Long hob Tara auf den Anlegesteg, bevor er Trevor ans Ufer half. Er packte Jessicas Arm mit festem Griff und zog sie eng an sich, damit sie ihn hören konnte. »Das gefällt mir nicht … Jess, ich hoffe, er erwartet euch. Wenn ich weg bin, sitzt ihr hier fest. Du weißt, dass er nicht gerade der umgänglichste Mensch ist.«
    »Mach dir keine Sorgen.« Sie tätschelte seinen Arm, obwohl ihr Magen rumorte. »Ich rufe dich an, falls wir dich brauchen. Willst du wirklich nicht über Nacht bleiben? «
    »Ich fühle mich dort draußen sicherer.« Er wies auf das Wasser.
    Jessica winkte ihm zum Abschied, wandte sich dann der Insel zu, und wartete, bis sich ihre Beine wieder an den festen Boden gewöhnt hatten. Vor sieben Jahren war sie
das letzte Mal hier gewesen. Ihre Erinnerungen daran waren der Stoff für Alpträume. Als sie jetzt zu dem Bergrücken aufblickte, rechnete sie fast damit, ein flammendes Inferno zu sehen, aus dem rote und orange Flammen turmhoch in den Himmel aufragten, doch sie sah nur die schwarze Nacht und den Regen. Das Haus, das früher einmal hoch oben auf der Klippe mit Blick auf das Meer gestanden hatte, gab es schon lange nicht mehr. Nur ein Haufen Asche war geblieben.
    Im Dunkeln war die Vegetation erschreckend, ein unheilverkündender Anblick. Der wolkenverhangene Mond sandte sein schwaches Licht auf den Boden, wo es ein eigenartiges, unnatürliches Muster erschuf. Die Insel war dicht bewaldet und mit undurchdringlichem Gestrüpp bewachsen ; der Wind ließ Bäume und Sträucher einen makaberen Tanz vollführen. Kahle Äste bogen sich und schabten geräuschvoll aneinander. Kräftige Tannen schwankten wie verrückt und ließen einen Schauer spitzer Nadeln durch die Luft regnen.
    Jessica holte tief Atem, hob resolut ihren Rucksack hoch und reichte Trevor eine Taschenlampe, damit er vorangehen und ihnen den Weg weisen konnte. »Kommt schon, Kinder, lasst uns zu eurem Vater gehen.«
    Der Regen prasselte auf sie herunter und durchnässte sie; die Tropfen bohrten sich wie spitze Eiszapfen direkt durch die Kleidung in ihre Haut. Mit gesenkten Köpfen schleppten sie sich die steilen Steinstufen hinauf, die vom Ufer zum Inneren der Insel führten, wo sich Dillon Wentworth vor der Welt verbarg.
    Die Rückkehr auf die Insel ließ eine Flut von Erinnerungen an die guten Zeiten über Jessica hereinbrechen – als Rita Fitzpatrick, ihre Mutter, den Job als Haushälterin
und Kindermädchen bei dem berühmten Dillon Wentworth an Land gezogen hatte. Jessica war hellauf begeistert gewesen. Sie war damals knapp dreizehn Jahre gewesen, alt genug, um den künftigen Star zu würdigen, einen Musiker, der seinen Platz unter den größten Musiklegenden einnehmen würde. Dillon hatte viel Zeit außer Haus verbracht, auf Tour oder im Aufnahmestudio, aber wenn er zu Hause gewesen war, war er meistens mit seinen Kindern zusammen gewesen oder er hatte es sich in der Küche mit Rita und Jessica gemütlich gemacht. Sie hatte Dillon in den guten Zeiten gekannt, während dieser fünf Jahre, die von unglaublicher Magie erfüllt gewesen waren.
    »Jessie?« Trevors junge Stimme riss sie aus ihren Gedanken. »Weiß er, dass wir kommen?«
    Der Junge sah ihr fest in die Augen. Mit seinen dreizehn Jahren musste Trevor durchaus klar sein, dass sie nicht ganz allein mitten in der Nacht durch ein Unwetter laufen würden, wenn sie erwartet worden wären. Sie wären mit einem Wagen auf der Straße am Bootshaus abgeholt worden.
    »Er ist euerVater,Trevor, und Weihnachten steht vor der Tür. Er verbringt zu viel Zeit allein.« Jessica

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