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Monkeewrench - 03 - Mortifer

Monkeewrench - 03 - Mortifer

Titel: Monkeewrench - 03 - Mortifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. J. Tracy
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sie schließlich an dem Türknauf drehte.
    Die Tür führte in einen zentralen Flur, der sich von vorn bis hinten durch das Haus zog. Zu ihrer Rechten lag die Eingangstür, durch die Grace zuvor bereits von außen ins Haus gespäht hatte, als sie auf der kleinen Veranda gestanden und sich gefragt hatte, wer zur Hölle auf die Idee gekommen war, sämtliche Telefonleitungen dieser kleinen Ortschaft mitten im Nichts zu durchtrennen.
    Sie bewegten sich lautlos im Gänsemarsch durch das Haus und hielten kurz bei dem offenen Doppelschiebefenster im Wohnzimmer, um nach draußen zu spähen und zu lauschen. Von der Straße kam nicht mehr das leiseste Geräusch, und das für sich allein genommen war gruselig. Nach einem Gemetzel wie dem vorhin hätte es Geräusche geben müssen, dachte Grace
    – das Heulen von Sirenen und einen Menschenauflauf am Ort des grauenhaften Geschehens. Und doch war nichts von alledem eingetreten.
    In der Küche fanden sie – endlich – Spuren, dass tatsächlich jemand in der kleinen Ortschaft lebte – eine ungeöffnete Packung mit vier Schweinekoteletts in einer Schale auf der Spüle. Die drei Frauen blickten von ihrem Fund auf und sahen sich erneut um, und ihre Gewissheit, dass diese unnatürlich leere Ortschaft noch kurze Zeit vorher von ganz normalen Leuten bewohnt gewesen war, die Schweinekoteletts für eine Mahlzeit aus dem Gefrierschrank nahmen, war stärker als je zuvor.
    Das Schlafzimmer und das Bad gehörten einer älteren Frau, voll gestellt mit einem Sammelsurium aus Schnickschnack, gehäkelten Deckchen und – bizarrerweise – einem alten Stofftier, das sorgfältig auf dem Bett gegen ein Kopfkissen gelehnt saß. In Grace entstand die Vorstellung von einem Volksfest fünfzig Jahre zuvor und von den Erinnerungen einer alternden Frau an bessere Zeiten und einen schlaksigen Jungen. Der durchdringende, widerlich süße Geruch nach viel zu altem billigem Parfum, hing in der erstickenden Luft.
    Sharon setzte sich auf das Bett und griff halbherzig nach dem Telefon auf dem Nachttisch. Sie wusste, dass es nicht funktionierte. Es war eine rein mechanische Geste. »Ihr habt gehört, was sie gesagt haben«, sagte sie leise und stellte den toten Apparat zurück. »Sie sind alle tot. Jeder, der hier in diesem Ort gelebt hat. Die Frau, die in diesem Haus gewohnt hat.«
    Grace und Annie sahen sie schweigend an. Zugegeben, Sharon hatte offensichtlich Recht, doch das bedeutete noch lange nicht, dass es einen Grund gab, es so laut auszusprechen.
    »Und es sind keine Soldaten. Unsere Soldaten ermorden keine Zivilisten. Sie schießen keine unbewaffneten Menschen auf offener Straße nieder.«
    Grace hielt es nicht für nötig, sie daran zu erinnern, dass etwas so Undenkbares schon früher stattgefunden hatte, sowohl in diesem Land als auch in anderen. Sharon wusste es genauso gut wie jeder andere Amerikaner. Doch gute Soldaten und gute Cops verband in den Köpfen der Menschen etwas – eine Kraft, die alles zum Guten wenden konnte, etwas, das Grace niemals kennen gelernt hatte. Sie hatte zu lange auf der anderen Seite gestanden und nur durch Magozzi einen kurzen Blick darauf erhascht. Annie dagegen belastete sich schon gar nicht mit derartigen Gedanken – soweit Grace wusste, vertraute sie keinem Mann, weder in Zivil noch in Uniform.
    »Es wäre nicht das erste Mal, dass das Militär versucht, einen Unfall zu vertuschen«, sagte Annie taktlos. »Vielleicht sind es keine Soldaten, vielleicht ist es irgendeine Randgruppe – irgendwelche Irren, die sich über ihre Kreditkarte bei einem örtlichen Army-Laden eingedeckt haben. Beides wäre möglich. Was spielt es für eine Rolle? Es sind jedenfalls keine freundlichen Leute, so viel steht fest.«
    Sharon kniff die Augen zusammen. »Du klingst genauso wie jeder Verschwörungstheoretiker, dem ich je begegnet bin. Glaubst du wirklich, dass Soldaten einfach so hier auftauchen und auf alles schießen, was sich bewegt?«
    Annie ging zu einem kleinen Boudoirstuhl vor einer Spiegelkommode, die sie interessierte. Sie kramte in den Schubladen und entdeckte ein Gewirr von Kosmetiktuben und -tiegeln sowie eine überraschend ordentliche Reihe von Nagellacken in jeder Regenbogenfarbe. Sie nahm ein Nagellackfläschchen Purpur mit Metallglitzer und hielt es ins Licht. »Ich sag dir, was ich denke. Ich denke, hier ist irgendwas Unerwartetes passiert – möglicherweise ein Unfall –, und diese Arschlöcher in Tarnanzügen, ob sie nun Soldaten sind oder nicht, versuchen, es zu

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