Monkeewrench 06 - Todesnaehe
davon?»
Gino betrachtete den Kalender auf seinem Schreibtisch. Er zeigte den fünfundzwanzigsten Oktober. «Ich glaube, ich rufe mal Agent Dahl an.»
Während Gino mit Dahl telefonierte, spielte Magozzi noch ein bisschen mit der Beckenstützfunktion an seinem Schreibtischstuhl herum und spürte gleich darauf, wie der stechende Schmerz im Rücken nachließ. Unglaublich.
Gino legte auf. «Dahl schickt liebe Grüße und einen dicken Kuss, weil wir diese Information an ihn weitergegeben haben. Außerdem sagt er, wir sollen den Fernseher anmachen.»
«Wieso?»
Achselzuckend stand Gino auf und schaltete das kleine Fernsehgerät ein, das auf dem Aktenschrank stand; gleich darauf füllte die Stimme einer Nachrichtensprecherin den Raum.
«… wurden in der vergangenen Nacht im Stadtteil Culver City fünf Männer am Küchentisch von einem einzelnen Scharfschützen erschossen, der seinerseits dem Gegenfeuer erlag. Doch damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Keine Stunde nachdem die Schießerei gemeldet wurde, war das Sprengstoffkommando vor Ort, und die umliegenden Straßen wurden evakuiert. Anscheinend wurde in dem Haus nicht nur der Morgenkaffee gebraut.» Auf dem Bildschirm sah man jetzt nächtliche Aufnahmen von Streifenwagen, den Einsatzwagen eines Sprengkommandos und Menschen auf der Flucht. Sie erinnerten frappant an die gestrigen Bilder aus Minneapolis.
Magozzi blätterte bereits im landesweiten Register der Polizeistationen und wählte eine Nummer. «Ich rufe in Culver City an. Informationen bekommen wir wahrscheinlich nur von dem Beamten, der als erster vor Ort war. Alle anderen Kanäle dürften längst dichtgemacht haben.»
«Gute Idee.»
Magozzi ließ sich durch die verschiedenen Etappen des Durchstell-Karussells schleusen, bis er schließlich in der richtigen Abteilung und beim richtigen Beamten war, dann klemmte er sich den Hörer zwischen Ohr und Schulter und schrieb mit. Kurz darauf beendete er das Gespräch schon wieder und schlug mit seinem Notizblock auf den Tisch.
«Das ging aber schnell.»
«Bei denen ist die Kacke am Dampfen. Der Mann, mit dem ich gesprochen habe, hatte eine Heidenangst, dass jemand reinkommt. Offenbar wimmelt es da nur so von FBI -Agenten.»
«Und, was hast du?»
«Der Tatort ist ziemlich identisch mit unserem», erzählte Magozzi, «und natürlich mit dem aus Detroit. Das ganze Haus voller Sprengstoff, jede Menge radikal-islamistischer Kram. Die Opfer, sagt der Kollege, hätten irgendwie arabisch ausgesehen, aber er kann nach eigener Aussage keinen Somalier von einem Samurai unterscheiden. Den Schützen hat’s erwischt, und sie konnten ihn sofort identifizieren. Ein gewisser Juan Flores, früher bei den Marines, zwei Mal im Irak im Einsatz und seit der Rückkehr Kfz-Mechaniker bei einem großen Transportunternehmen. Keine Vorstrafen.»
Gino beugte sich so weit vor, dass sein Bauch gegen den Schreibtischrand drückte. «Hast du ihn auch nach dem Kalender gefragt?»
«Ja. Die hatten auch einen.»
KAPITEL 21
A ls Magozzi am Dienstagabend in seine Garageneinfahrt einbog, saß auf der Veranda eine Frau, die ihn an Grace MacBride erinnerte. Allerdings erinnerte ihn praktisch jede Frau an Grace, so verschwindend gering die Ähnlichkeit auch sein mochte.
Diese Frau hatte immerhin genauso dunkle Haare wie Grace, trug sie aber ganz kurz geschnitten, und hatte außerdem Sandalen und ein Sommerkleid an. Nackte, braun gebrannte Beine, nackte Arme, keine Reitstiefel, keine Möglichkeit, irgendwo eine Waffe zu verstecken. Das konnte nicht Grace sein – so ungeschützt. Außerdem hatte die Frau eine Handtasche dabei. Seines Wissens besaß Grace keine einzige Handtasche, geschweige denn so eine aus billigem Kunststoff mit aufgedruckten Fischen. Das war überhaupt nicht ihr Stil. Und doch: Etwas in ihrer aufrechten Haltung, ihrer Art und der Anspannung, die sie ausstrahlte, ließ ihn überlegen, ob sie es nicht vielleicht doch war.
Füße marsch. Vielleicht ist es ja Grace, vielleicht auch nicht, aber das findest du nie heraus, wenn du hier wie ein Trottel in der Einfahrt stehen bleibst.
Auf halbem Weg zur Tür erkannte er sie – spürte sie förmlich, und plötzlich hatte er ein ganz merkwürdiges Gefühl in den Beinen. Er kam sich vor wie eine dieser hölzernen Marionetten, die schwanken und einknicken, je nachdem, wie man an ihren Fäden zieht. Um die drei Stufen zur Veranda zu erklimmen, musste er sich am Geländer festhalten.
«Grace.»
Er wusste nicht, was er mit den
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