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Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran

Titel: Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric-Emmanuel Schmitt
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fängt an, mit mir zu reden. Ich betrachte dabei ihre Brüste, wie die, sobald sie etwas lebhafter wird, sanft auf- und abhüpfen. Ich kann es kaum glauben. Da redet eine Frau mit mir. Eine Frau. Lächeln. Sie redet. Lächeln. Sie redet.
    Am Abend, als mein Vater nach Hause kommt, helfe ich ihm, wie jeden Abend, aus dem Mantel, umschwänzle ihn dann, im Licht, um sicher zu sein, daß er mich auch sieht.
    »Das Essen ist fertig.«
    Zack: Lächeln!
    Er schaut mich erstaunt an.
    Ich lächle weiter. Am Ende des Tages ist das zwar sehr anstrengend, aber ich halte durch.
    »Du hast was ausgefressen.«
    Schluß mit Lächeln.
    Aber ich laß mich nicht entmutigen.
    Beim Nachtisch versuch ich's wieder.
    Zack: Lächeln!
    Er schaut mich unbehaglich an.
    »Komm mal her«, sagt er.
    Ich spüre, daß mein Lächeln gewinnen wird. Hoppla, ein neues Opfer. Ich komme näher. Vielleicht will er mir einen Kuß geben? Er hat mir mal erzählt, daß er Popol gerne einen Kuß gegeben hat, weil der ein sehr verschmuster Junge war. Vielleicht hatte Popol das mit dem Lächeln schon von Geburt an kapiert? Oder meine Mutter hatte sich Mühe gegeben, es Popol beizubringen.
    Ich geh ganz nah an meinen Vater heran, lehne mich an seine Schulter. Seine Wimpern klimpern. Ich lächle, grinse, von einem Ohr zum andern.
    »Du brauchst eine Zahnspange. Ich habe bis heute nicht bemerkt, daß du vorstehende Zähne hast.«
    Ab diesem Abend fing ich an, nachts, kaum war mein Vater eingeschlafen, runter zu Monsieur Ibrahim zu gehen.
    »Es ist meine Schuld, wäre ich wie Popol, hätte es mein Vater leichter, mich liebzuhaben.«
    »Woher willst du das wissen? Popol ist weg.«
    »Na und?«
    »Vielleicht konnte er deinen Vater nicht mehr ertragen.«
    »Meinen Sie?«
    »Er ist auf und davon. Das ist doch Beweis genug.«
    Monsieur Ibrahim gab mir die Kupfermünzen, um sie zu rollen. Was mich ein bißchen beruhigte.
    »Haben Sie Popol gekannt? Monsieur Ibrahim, haben Sie ihn gekannt, den Popol? Wie fanden Sie Popol?«
    Er schlug kurz auf die Kasse, als wollte er vermeiden, daß sie redet.
    »Momo, eins möchte ich dir sagen: Dich habe ich hundertmal, tausendmal lieber als Popol.«
    »Ah ja?«
    Ich war ziemlich froh, wollte das aber nicht zeigen. Ich ballte die Fäuste und fletschte ein wenig die Zähne. Man muß doch seine Familie verteidigen.
    »Vorsicht, ich erlaube Ihnen nicht, schlecht über meinen Bruder zu sprechen. Was hatten Sie gegen Popol?«
    »Er war sehr nett, Popol, sehr nett. Aber, tut mir leid, mir ist Momo lieber.«
    Ich ließ Gnade walten: Ich verzieh ihm.
    Eine Woche später schickte mich Monsieur Ibrahim zu einem Freund, einem Zahnarzt in der Rue Papillon. Augenscheinlich hatte Monsieur Ibrahim beste Verbindungen. Und am nächsten Tag sagte er zu mir:
    »Momo, nicht zuviel lächeln, so reicht's. Nein, das war ein Witz... Mein Freund hat mir versichert, daß du keine Zahnspange brauchst.«
    Er beugte sich mit lächelnden Augen zu mir runter.
    »Stell dir vor, du in der Rue de Paradis mit Metall im Mund: Welcher könntest du dann noch weismachen, daß du schon sechzehn bist?«
    Damit hatte Monsieur Ibrahim einen verdammt guten Treffer gelandet. Also habe ich ihn gebeten, mir schnell Kleingeld zum Rollen zu geben, um wieder Fassung zu gewinnen.
    »Woher wissen Sie das alles, Monsieur Ibrahim?«
    »Ich? Ich weiß gar nichts. Ich weiß nur, was in meinem Koran steht.«
    Ich rollte weiter.
    »Es ist sehr gut, zu den Professionellen zu gehen, Momo. Die ersten Male sollte man immer zu den Professionellen gehen, zu Frauen, die ihr Handwerk verstehen. Später, wenn es komplizierter wird, wenn sich Gefühle einmischen, kannst du dich mit den Amateurinnen begnügen.«
    Ich fühlte mich besser.
    »Gehen Sie auch manchmal in die Rue de Paradis?«
    »Das Paradies steht für alle offen.«
    »Och, Sie wollen mich auf den Arm nehmen, Monsieur Ibrahim. Sie wollen mir doch nicht weismachen, daß Sie da noch hingehen, in Ihrem Alter!«
    »Wieso nicht? Ist das nur für Minderjährige reserviert?«
    Da merkte ich, daß ich Mist geredet hatte.
    »Momo, was hältst du davon, einen Spaziergang mit mir zu machen?«
    »Ach, Sie laufen auch manchmal, Monsieur Ibrahim?«
    Da hatte ich mal wieder was Dummes gesagt. Aber ich schob ein breites Lächeln hinterher.
    »Nein, was ich sagen wollte, ist, ich habe Sie stets nur auf diesem Hocker sitzen sehen.«
    Wie auch immer, ich war außer mir vor Freude.
    Am nächsten Tag zeigte mir Monsieur Ibrahim Paris, das schöne Paris, das von

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