Montana 04 - Vipernbrut
über Weihnachtsgeschenke zerbrach, dann sollten sie wenigstens für ihre Kinder oder Santana sein. Allmächtiger, was sollte sie ihm bloß dieses Jahr schenken?
»Wie wäre es mit gar nichts?«, hatte er vorgeschlagen, als sie ihn nach seinem Weihnachtswunsch gefragt hatte.
»Wenn ich die leere Schachtel ausgepackt habe, könntest du sie dir auf den Kopf setzen.«
»Sehr komisch«, hatte sie erwidert, doch sie hatte ein Lächeln unterdrücken müssen. Sie waren allein in seinem Blockhaus gewesen, und er hatte sie geküsst und in sein Schlafzimmer getragen.
Das hatte vor ihm noch kein Mann getan, und ihr Herz hatte angefangen, schneller zu schlagen. Sie war keine zierliche Frau, obwohl sie bestimmt nicht dick war, aber sie war groß und sportlich. Santana hatte das nichts ausgemacht, als er sie über die Türschwelle und ins Bett gehoben hatte, wo er sie liebte, als wäre sie die einzige Frau im ganzen Universum.
Allein der Gedanke brachte ihr Blut zum Kochen.
Nein, sie würde nicht daran denken, wies sie sich selbst zurecht. Nicht bei der Arbeit. Genauso wenig würde sie zum x-ten Male ihre Gründe durchgehen, warum sie nicht bei ihm einzog. Er hatte ihr diesen Vorschlag vor über einem Jahr - im Grunde waren es mittlerweile fast zwei - unterbreitet, doch sie hatte abgelehnt, angeblich, um auf Nummer sicher zu gehen. Ihre beiden vorherigen Ehen waren alles andere als perfekt gewesen, deshalb hatte sie kein Interesse daran, sich wieder Hals über Kopf in eine zu enge Beziehung zu begeben.
Zu spät, gestand sie sich ein, doch sie zwang sich, sich auf ihren Schreibtischstuhl zu setzen und auf die Arbeit zu konzentrieren. Weihnachtswichteln hin oder her, sie musste herausfinden, ob Martin Zwolski der größte Pechvogel auf dem Planeten oder ein kaltblütiger Mörder war, der der Polizei sonst durch die Maschen zu schlüpfen drohte.
Die Kirchturmglocke schlug zur halben Stunde, als Brenda Sutherland über den vereisten Parkplatz des Gotteshauses eilte. Jetzt war es schon zwanzig Uhr dreißig, dabei hatte Lorraine Mullins, die Ehefrau des Geistlichen, versprochen, dass es nicht später als zwanzig Uhr werden würde. Versprochen.
Andererseits hatte sie auch nicht damit rechnen können, dass Mildred Peeples immer wieder auf den Kosten für die neue Kirche herumreiten würde. Mildred war mindestens neunzig, blitzgescheit und unglaublich starrsinnig. Und die alte Dame war absolut nicht bereit, sich auf den eigentlichen Grund für diese Zusammenkunft des Bibelkreises zu konzentrieren: das Wunschbaumprojekt, das sie in diesem Jahr ins Leben gerufen hatten und das dazu dienen sollte, die Weihnachtswünsche von Kindern zu erfüllen, die sonst nichts geschenkt bekamen. Stattdessen hatte sie immer wieder die »absurden«, »haarsträubenden« Kosten angesprochen, die der Bau der neuen Kirche mit sich bringen würde. »Dies ist ein Gotteshaus«, hatte sie beharrt, »und jeder in der Stadt, jedes einzelne Gemeindemitglied sollte sich mit seiner Zeit, seinem Geld und seinem persönlichen Einsatz daran beteiligen. Lorraine?«, hatte sie sich an die Frau des Predigers gewandt. »Hast du den Kostenvoranschlag für die Sanitäreinrichtungen gelesen?« Ihr Gesicht war unter der dicken Puderschicht rot angelaufen, und sie hatte mit dem Zeigefinger vor Dorie Oestergard herumgewedelt, der Frau des glücklosen Bauunternehmers, der der Kirche, so wusste man, bereits einen Nachlass von fünfundzwanzig Prozent gewährt hatte. Dennoch war Mildred überzeugt davon, dass er sich »die Taschen vollstopfen« wolle, was sie der Bibelrunde lautstark verkündete. »Dein Mann sollte sich schämen, Dorie. Das ist Wucher! Oder blickt er durch seine eigenen Rechnungen nicht durch?«
Dorie hatte empört nach Luft geschnappt, doch Mildred war nicht zu bremsen gewesen. »Wenn ihr mich fragt«, hatte sie lautstark verkündet, »steckt der Teufel dahinter. Satan ist allgegenwärtig, müsst ihr wissen. Er steht direkt hinter euch und wartet nur darauf, sich auf euch zu stürzen.«
Sie hatte die Lippen geschürzt, doch bevor sie sich weiter über Dories Mann, Jon Oestergard, auslassen konnte, fragte Jenny Kropft, eine weitere Frau aus dem Bibelkreis, ob sie so nett sein könnte, ihr Brombeerstreuselkuchenrezept für das Backbuch zur Verfügung zu stellen, das die Gruppe plante. Mildred entging dieses Ablenkungsmanöver nicht, doch sie fühlte sich auch geschmeichelt.
»Gott bewahre mich«, flüsterte Brenda, als sie nun den fast leeren Parkplatz
Weitere Kostenlose Bücher