Montgomery & Stapleton 04 - Der Experte
wieder losließ. Er war rot geworden und vermied jeglichen Augenkontakt.
»Ich bin oben in meinem Büro«, sagte Jack. »Mein Schreibtisch quillt über vor Arbeit. Rufen Sie doch kurz durch, wenn Sie soweit sind.«
Peter nickte.
»Ich lade Sie demnächst zum Dinner ein«, versprach Jack und klopfte dem Assistenten zum Dank auf die Schulter.
»Ist schon in Ordnung«, murmelte Peter und sammelte die Gläschen ein.
»Als erstes sollte ich wohl ein paar Formulare ausfüllen«, entschied Jack jetzt. »Falls sich diese Geschichte tatsächlich als Mordfall entpuppt, müssen wir lückenlos nachweisen, in wessen Gewahrsam sich die Proben befanden.«
Er verließ das Toxikologielabor, nahm die Treppe hinauf in den vierten Stock und betrat federnden Schrittes das histologische Labor. Dank Peter fühlte er sich erheblich besser. Maureen O’Conner, die Leiterin dieses Laborbereichs, hatte sich gerade ihren Mantel angezogen und wollte nach Hause gehen.
»Na, da habe ich ja ein Glück!« rief Maureen mit ihrem melodisch klingenden irischen Akzent. »Jetzt komme ich zwar zu spät zu meiner Pathologie-Konferenz – aber was soll’s? Man erhält ja nicht alle Tage Besuch von so einem charmanten und wißbegierigen Herrn.«
Das ganze Labor brach in Gelächter aus.
Jack und sein Kollege Chet waren im gesamten Institut die einzigen unverheirateten Männer, und Maureen und ihren Laborassistentinnen bereitete es einen Heidenspaß, die beiden aufzuziehen. Da das Büro von Jack und Chet sich nur ein paar Meter den Gang hinunter befand, hatten sie dazu reichlich Gelegenheit.
»Ich muß zu keiner Konferenz«, rief eine Kollegin. »Ich stehe zur Verfügung.« Ihre Bemerkung löste eine weitere Lachsalve aus.
Jack öffnete seine Tasche und holte das Probeglas mit dem Hautfetzen hervor, den er aus Connies Gesicht geschnitten hatte.
»Oh, verflixt!« stöhnte Maureen. »Sieht ja doch nicht so aus, als ob Sie aus reiner Geselligkeit da sind!«
Jack grinste. »Heute interessiere ich mich lediglich für ein paar präparierte Schnitte von dieser Hautprobe. Aber morgen ist ein anderer Tag.«
»Habt ihr das gehört, Mädels?« rief Maureen in den Raum. Die Assistentinnen antworteten im Chor mit einem lauten ›Ja‹.
Maureen nahm das Probeglas entgegen und reichte es an die am nächsten sitzende Assistentin weiter. »Betrachten Sie die Sache als erledigt. Welche Färbungsverfahren sollen wir anwenden?«
»Die üblichen«, erwiderte Jack. »Ich möchte die Bestätigung, daß es sich um eine von außen zugefügte Verletzung und nicht um eine Infektion handelt.«
»Wann brauchen Sie die Schnitte?«
»Je früher, desto besser«, drängte Jack.
»Warum frage ich überhaupt?« entgegnete Maureen und legte den Kopf in den Nacken, als ob sie zum Himmel spräche.
Jack verließ das Histologielabor und machte sich auf den Weg in sein Büro. Im Vorbeigehen sah er, daß in Lauries Büro Licht brannte. Er schwenkte um und blieb im Türrahmen stehen. Drinnen saßen Laurie und Lou, doch sie sprachen nicht miteinander, sondern starrten in unterschiedliche Richtungen. Die Stimmung war gereizt, da lag etwas in der Luft.
»Findet hier gerade eine Totenwache statt?« fragte Jack.
Die beiden sahen auf. Laurie wirkte unverkennbar verärgert. Lou sah eher zerknirscht aus.
»Wie ich gehört habe, steckt ihr beiden unter einer Decke«, fuhr Laurie Jack an, als sie ihn erblickte.
Jack hob die Hände. »Ich ergebe mich. Welches Verbrechen wird mir vorgeworfen?«
»Ich habe ihr von Paul Sutherlands Vorstrafenregister erzählt«, gestand Lou. »Und ihr gebeichtet, daß du ebenfalls Bescheid weißt.«
»Verstehe«, murmelte Jack. »Und jetzt passiert genau das, was wir befürchtet haben: Der Überbringer der schlechten Nachricht muß die Sache ausbaden.«
»Haltet nur zusammen!« keifte Laurie. »Lou hat nicht das Recht, in Pauls Akte herumzuschnüffeln. Ich habe ihn bestimmt nicht darum gebeten.«
»Da magst du recht haben«, pflichtete Jack ihr bei. »Aber unter den gegebenen Umständen solltest du doch besser wissen, in welcher Branche dein Zukünftiger tätig ist.«
»Wie meinst du das?« fragte Laurie noch wütender als zuvor. »Und was, zum Teufel, willst du damit andeuten?«
»Ich habe ihr nur von dem Kokainbesitz erzählt«, erklärte Lou.
»Ach je!« brachte Jack hervor. Er fühlte sich auf einmal unbehaglich und mußte schlucken.
»Paul dealt nicht mit Drogen«, stellte Laurie empört klar. »Falls du das denken solltest.«
»Darf ich
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