Montgomery & Stapleton 04 - Der Experte
unserem russischen Freund einen Besuch ab!«
Sie öffneten die Pforte in dem an der Vorderseite des Grundstücks entlanglaufenden Maschendrahtzaun. Der Gehweg aus rissigem Beton war durch das herunterfallende Laub kaum zu erkennen. Auf der winzigen Rasenfläche wucherte das Unkraut.
Curt suchte nach einer Klingel, fand aber keine. Er wollte gerade die außen angebrachte Fliegenschutztür öffnen und anklopfen, als von drinnen ein lautes Krachen ertönte. Die beiden Feuerwehrmänner sahen sich an.
»Was, zum Teufel, war das denn?« fragte Steve.
»Keine Ahnung«, erwiderte Curt. Als er ein zweites Mal zum Klopfen ansetzte, krachte es erneut. Diesmal folgte dem Krachen ein Geräusch, als ob Glas zu Bruch ginge. Außerdem hörten sie Yuri lauthals auf russisch fluchen.
»Klingt so, als ob unser Kommunisten-Freund gerade seine Bude zu Bruch schlägt«, stellte Steve fest.
»Wenn er mal bloß nicht in seinem Labor tobt«, hoffte Curt und pochte kräftig gegen die Tür. Er wollte sichergehen, daß Yuri ihn auch hörte.
Etliche Minuten war von drinnen kein Mucks zu hören. Schließlich klopfte Curt erneut. Sie vernahmen Schritte, und jemand riß die Tür auf.
»Besuch«, erklärte Curt zum Gruß. Er versuchte, an Yuri vorbeizusehen, um festzustellen, was alles in Trümmern lag. Yuris Gesicht machte eine rasante Wandlung durch; zuerst wirkte er wütend, dann überrascht, und als er seine Freunde erkannte, erkennbar begeistert. Sein Kopf war zwar noch rot angelaufen, doch immerhin brachte er ein breites Lächeln zustande. »Hi, Kumpels!« begrüßte er die beiden mit heiserer Stimme.
»Wir waren gerade in der Nähe«, erklärte Curt. »Da dachten wir, wir sehen mal kurz vorbei.«
»Schön, daß ihr da seid«, freute sich Yuri.
»Wir haben gehört, daß du auf der Feuerwache gewesen bist«, tadelte Steve ihn.
Yuri nickte eifrig. »Ja. Ich wollte mit euch sprechen …«
»Das wissen wir bereits«, schnitt Curt ihm brüsk das Wort ab. »Du hast auf der Wache nichts zu suchen«, fügte Steve hinzu. »Warum nicht?« wollte Yuri wissen.
»Wenn du das nicht selber weißt, haben wir wohl ein Problem«, ergriff Steve wieder das Wort.
»Bei einer Operation dieser Größenordnung sind Sicherheitsvorkehrungen von größter Bedeutung«, erläuterte Curt. »Je weniger Leute uns miteinander in Verbindung bringen, desto besser ist es für uns alle – erst recht, weil du auch noch Ausländer bist. Wir haben nämlich nicht besonders viele Freunde mit russischem Akzent. Wenn du auf der Wache aufkreuzt, erweckst du die Neugier sämtlicher Feuerwehrmänner.«
»Tut mir leid«, entgegnete Yuri. »Darauf wäre ich nie gekommen. Ihr habt doch gesagt, daß von euren Kameraden bei der Feuerwehr viele genauso denken wir ihr.«
»Ein paar Patrioten gibt es tatsächlich unter unseren Kollegen«, bestätigte Curt. »Allerdings sind sie längst nicht so patriotisch wie wir. Vielleicht hätten wir dir das ein bißchen deutlicher verklickern müssen. Jetzt weißt du jedenfalls Bescheid – die Feuerwache ist für dich tabu!«
»Okay.« Yuri hatte kapiert. »Ich lasse mich nicht mehr blicken.«
»Willst du uns hier draußen stehenlassen?« fragte Curt.
Yuri warf einen Blick über seine Schulter. Connies Schlafzimmertür war angelehnt. »Nein, kommt rein.« Er ging einen Schritt zur Seite und bedeutete den beiden einzutreten. Nachdem er die Haustür geschlossen hatte, führte er seinen Besuch ins Wohnzimmer, wo ein niedriges zerschlissenes Sofa und zwei Stühle standen. Er nahm ein paar Zeitungen vom Sofakissen und legte sie auf den Boden.
Curt ließ sich auf das Sofa fallen, das so niedrig war, daß seine Knie steil nach oben ragten. Steve wuchtete seinen muskulösen Körper auf einen der Stühle.
»Darf ich euch Wodka mit Eis anbieten?« fragte Yuri.
»Ich nehme ein Bier«, erwiderte Curt.
»Ich auch«, schloß Steve sich seinem Kumpel an.
»Tut mir leid«, gestand Yuri. »Ich habe nur Wodka.«
Steve verdrehte die Augen.
»Dann trinken wir eben Wodka!«
Während Yuri zum Kühlschrank ging und die Drinks zubereitete, beugte Steve sich nach vorn und flüsterte Curt zu: »Verstehst du jetzt, warum ich mir Sorgen mache? Der Typ ist ein Idiot. Es ist ihm nicht einmal in den Kopf gekommen, daß es vielleicht ungünstig sein könnte, auf der Feuerwache aufzukreuzen.«
»Reg dich ab«, empfahl Curt. »Er hat keine militärische Erfahrung. Einem Laien wie ihm hätten wir die Sache eben ein bißchen deutlicher stecken müssen. Wir müssen
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