Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
nicht.«
»Mein Gott«, sagte Candace und setzte sich aufrecht hin. »Dann muß wohl heute mein Glückstag sein.« Melanie und Candace begannen sich zwanglos über ihre jeweiligen Jobs zu unterhalten. Kevin hörte ihnen zu, konzentrierte sich aber vor allem auf seinen Hamburger.
»Dann arbeiten wir also alle drei an demselben Projekt«, stellte Melanie fest, als Candace ihr erzählte, daß sie die Intensivschwester des OP-Teams aus Pittsburgh war. »Wir sind sozusagen drei Leute im selben Boot.«
»Wie großzügig von Ihnen«, entgegnete Candace. »Allerdings zählen Sie beide zu den Häuptlingen, während ich wohl eher nur ein einfacher Indianer bin. Ich würde mich jedenfalls nie mit Ihnen auf dieselbe Ebene stellen. Schließlich sind Sie doch diejenigen, die das alles möglich machen. Wie, um Himmels willen, haben Sie das nur geschafft - wenn Sie mir die Frage gestatten?«
»Sie ist die wichtigste Person«, meldete sich Kevin jetzt erstmals zu Wort und nickte in Melanies Richtung.
»Ach kommen Sie, Kevin!« widersprach Melanie. »Die Entwicklung meiner Techniken war längst nicht so kompliziert, wie das bei Ihnen der Fall war. Meinen Job hätten alle möglichen Leute erledigen können. Ihr Job hingegen war nur von Ihnen allein durchzuführen. Ihr Durchbruch war der Schlüssel zu allem.«
»Bloß nicht streiten«, schaltete sich Candace ein. »Erzählen Sie mir doch einfach mal, wie das alles funktioniert. Ich habe mich von Anfang an für die ganze Sache interessiert, aber man hat mir immer nur alles auf die Schnelle erklärt. Kevin hat mir eben ein bißchen den wissenschaftlichen Hintergrund erläutert, aber die Logistik durchschaue ich bisher noch gar nicht.«
»Kevin bekommt von einem Kunden eine Knochenmarkprobe«, erklärte Melanie. »Aus dieser Probe isoliert er eine Zelle, die gerade vor der Teilung steht; in diesem Zustand sind die Chromosomen kondensiert. Vorzugsweise nimmt er eine Stammzelle - wenn ich das richtig sehe.«
»Eine Stammzelle findet man äußerst selten«, schaltete Kevin sich ein.
»Am besten erzählen Sie einfach selber, was Sie tun«, entgegnete Melanie und bedachte ihn mit einer abwinkenden Handbewegung. »Ich werfe sowieso alles durcheinander.«
»Ich arbeite mit einer Transponase, die ich vor etwa sieben Jahren entdeckt habe«, erklärte Kevin. »Sie katalysiert die homologe Transposition oder das Crossing over der kleinen Arme von Chromosom 6.«
»Und was ist der kleine Arm von Chromosom 6?« fragte Candace.
»Chromosomen haben ein sogenanntes Zentromer«, erklärte Melanie. »Es unterteilt die Chromosomen in zwei Segmente. Bei dem Chromosom 6 sind die Segmente unterschiedlich lang, weshalb der jeweils kürzere Teil als der ›kleine Arm‹ bezeichnet wird.«
»Verstanden«, sagte Candace. »Danke für die Erklärung.«
»Also«, setzte Kevin erneut an und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. »Ich tue folgendes: Ich nehme die Zelle eines Kunden, die sich gerade auf ihre Teilung vorbereitet, und füge ihr meine geheime Transponase hinzu. Ich lasse die Transposition jedoch nicht zum Abschluß kommen. Ich stoppe den Vorgang, sobald die beiden kleinen Arme sich von ihren jeweiligen Chromosomen losgelöst haben. Dann extrahiere ich sie.«
»Ist ja wahnsinnig!« rief Candace. »Sie entnehmen dem Zellkern tatsächlich diese winzig kleinen Stränge! Wie ist das nur möglich?«
»Das ist eine andere Geschichte«, erwiderte Kevin. »Ich verwende ein monoklonales Antikörpersystem, das den hinteren Teil der Transponase erkennt.«
»Oje«, warf Candace ein. »Da komme ich nicht mehr mit.«
»Vergessen Sie einfach, wie er die kleinen Arme herauslöst«, riet Melanie. »Nehmen Sie es einfach so hin.«
»Okay«, willigte Candace ein. »Was machen Sie also mit den losgelösten kleinen Armen?«
Kevin zeigte auf Melanie. »Ich warte darauf, daß sie ihre magische Arbeit verrichtet.«
»Meine Arbeit hat mit Magie nichts zu tun«, widersprach Melanie. »Ich bin Technikerin. Alles, was ich tue, ist, daß ich bei den Bonobos die Technik der Invitro-Fertilisation anwende. Dabei bediene ich mich derselben Technik, die man zur Steigerung der Fruchtbarkeit gefangen gehaltener Berggorillas entwickelt hat. Kevin und ich müssen unsere Arbeit eng miteinander koordinieren, denn er braucht eine befruchtete Eizelle, die sich aber noch nicht geteilt haben darf. Das richtige Timing ist unheimlich wichtig.«
»Die Eizelle muß kurz vor der Teilung stehen«, erklärte Kevin. »Ich muß mich also
Weitere Kostenlose Bücher