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Montgomery u Stapleton 06 - Crisis

Montgomery u Stapleton 06 - Crisis

Titel: Montgomery u Stapleton 06 - Crisis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Jack vermutete, dass Tony Jordan gerade letzte Anweisungen für seine Aussage gab. Seine Stimme ging zwar im allgemeinen Gemurmel unter, aber seine Lippen bewegten sich hastig, und er gestikulierte mit beiden Händen.
    »Ich habe den unangenehmen Verdacht, dass das heute Nachmittag die reinste Show wird«, bemerkte Jack, während sie sich einen Weg in die gleiche Reihe bahnten, in der sie auch schon am Morgen gesessen hatten. Alexis hatte ihm erklärt, dass sie gerne in der Nähe der Geschworenen saß, um ihre Mienen und Gesten zu beobachten. Doch noch waren die Geschworenen nicht zurück.
    »Ich fürchte, da hast du Recht«, sagte Alexis, als sie sich hinsetzte und ihre Tasche vor sich auf den Boden stellte.
    Jack ließ sich auf die Bank sinken und machte es sich auf dem harten Eichenholz so bequem wie möglich. Sein Blick schweifte ziellos durch den Gerichtssaal und über das volle Bücherregal mit juristischen Werken hinter dem Richtertisch. In dem abgetrennten Bereich davor stand zusätzlich zu den Tischen des Klägers und des Beklagten eine auf Rädern montierte Tafel auf dem gesprenkelten Teppich. Als Jack den Blick ganz nach rechts zum Platz des Gerichtsdieners wandte, sah er sich erneut Francos feindseligem Starren ausgesetzt. Im Gegensatz zum Morgen konnte Jack dank des aktuellen Sonnenstands diesmal seine tief liegenden Augen erkennen. Sie glichen zwei glänzenden schwarzen Murmeln. Jack verspürte erneut den Drang, ihm zuzuwinken, aber diesmal siegte die Vernunft. Er hatte am Morgen schon seinen Spaß gehabt. Es war vollkommen unsinnig, ihn über Gebühr zu provozieren.
    »Warst du von Craigs Bemerkungen beim Mittagessen genauso überrascht wie ich?«, wollte Alexis wissen.
    Bereitwillig brach Jack den Blickkontakt mit Franco ab und drehte sich hastig zu seiner Schwester um. »Ich würde sagen, ›platt‹ trifft es besser. Ich will ja nicht zynisch klingen, aber das passt doch gar nicht zu ihm. Sind sich Narzissten ihres Narzissmus bewusst?«
    »Normalerweise nicht, es sei denn, sie befinden sich in Therapie und sind motiviert. Natürlich spreche ich jetzt von jemandem mit einer wirklichen dysfunktionalen Persönlichkeitsstörung, nicht von den leicht narzisstischen Zügen, die bei den meisten Ärzten zu beobachten sind.«
    Jack enthielt sich eines Kommentars. Er wollte sich nicht mit Alexis darüber streiten, welcher Kategorie Craig angehörte. Stattdessen fragte er: »Ist diese Erkenntnis eine vorübergehende Reaktion auf die Stresssituation oder tatsächlich eine Veränderung in seiner Selbstwahrnehmung?«
    »Das wird sich zeigen«, sagte Alexis. »Aber ich will es hoffen. Das wäre eine sehr positive Entwicklung. Im Grunde ist Craig das Opfer eines Systems, das ihn dazu getrieben hat, sich ständig mit andern zu messen und sie zu übertreffen, und die einzige Möglichkeit, zu erkennen, dass er besser war als andere, war nun mal das Lob seiner Lehrer wie zum Beispiel Dr. Brown. Wie er selbst zugegeben hat, wurde er mit der Zeit süchtig nach dieser Art von Bestätigung. Nach dem Ende seines Studiums war er plötzlich davon abgeschnitten, wie ein Süchtiger, dem man seine Droge verweigert, während er gleichzeitig von der Realität des Arztberufs enttäuscht war.«
    »Ich glaube, so geht es vielen Ärzten. Sie brauchen Lob.«
    »Bei dir war das aber nicht der Fall. Wie kommt das?«
    »Doch, bis zu einem gewissen Grad war es bei mir genauso, als ich noch meine Augenarztpraxis hatte. Randolph hat Dr. Brown dazu gebracht, zuzugeben, dass das an der wettbewerbsorientierten Struktur des Medizinstudiums liegt. Aber ich war als Student nicht so monomanisch wie Craig. Ich hatte neben der Medizin auch noch andere Interessen. Und ich habe für mein Praktikum in der Inneren im dritten Jahr nur ein A minus bekommen.«
    Jack zuckte zusammen, als das Handy in seiner Hosentasche vibrierte. Er hatte den Klingelton abgestellt. Hektisch versuchte er es aus der Tasche zu zerren. Aus unerfindlichen Gründen jagte ihm das Handy immer einen Schrecken ein.
    »Ist irgendwas?«, fragte Alexis, die verwundert seine Verrenkungen musterte.
    »Das verdammte Handy«, erklärte Jack. Schließlich gelang es ihm, es herauszuziehen. Er warf einen Blick auf das Display. Es war eine 617er Vorwahl, also Boston. Dann erkannte er die Nummer wieder. Es war das Bestattungsinstitut.
    »Ich bin gleich wieder da«, sagte Jack. Er stand auf und verließ hastig die Sitzreihe. Wieder spürte er Francos starren Blick, doch diesmal erwiderte er ihn

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