Montgomery u Stapleton 06 - Crisis
Bowman ein großartiger, mitfühlender, wohltätiger Arzt mit einer Bilderbuch-Familie sei, aber die Wirklichkeit sieht ganz anders aus.«
»Einspruch!«, wandte Randolph ein. »Dr. Bowmans Privatleben spielt hier keine Rolle. Der Anwalt versucht, meinen Mandanten zu verunglimpfen.«
Richter Davidson nahm seine Lesebrille ab und starrte auf Tony hinab. »Sie schweifen weit ab, mein Sohn. Ist die Richtung, die Sie eingeschlagen haben, für diesen speziellen Vorwurf der Vernachlässigung der ärztlichen Sorgfaltspflicht relevant?«
»Unbedingt, Euer Ehren. Sie ist ganz entscheidend für den Fall.«
»Sowohl Sie als auch die Klage Ihres Mandanten werden sich in Teufels Küche wiederfinden, wenn das nicht der Fall sein sollte. Einspruch abgelehnt. Fahren Sie fort.«
»Danke, Euer Ehren«, sagte Tony, bevor er sich wieder den Geschworenen zuwandte. »Am Abend des 8. September 2005, als Patience Stanhope ihrem vorzeitigen Ende entgegensah, saß Dr. Craig Bowman nicht gemütlich mit seiner herzigen Familie in seinem kuscheligen, schnieken Haus in Newton. Oh nein! Sie werden von einer Zeugin, die nicht nur seine Angestellte, sondern auch seine Geliebte war, hören, dass er sich mit ihr zusammen in seinem Liebesnest in der Innenstadt aufhielt.«
»Einspruch!«, sagte Randolph mit für ihn untypischer Vehemenz. »Aufwiegelnd und Hörensagen. Ich kann eine solche Ausdrucksweise nicht dulden.«
Craig spürte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss. Er wollte sich umdrehen und Alexis anschauen, aber er brachte es einfach nicht über sich, nicht unter diesen demütigenden Umständen.
»Stattgegeben! Mr Fasano, bleiben Sie bei den Fakten und enthalten Sie sich aufwiegelnder Ausschmückungen, bis die Zeugin aussagt.«
»Natürlich, Euer Ehren. Es fällt mir nur schwer, meine Emotionen zu zügeln.«
»Wenn Sie es nicht schaffen, werde ich Sie wegen Missachtung des Gerichts belangen.«
»Verstanden«, sagte Tony. Es richtete seinen Blick wieder auf die Geschworenen. »Was Sie von dieser Zeugin hören werden, ist, dass sich Dr. Bowmans Lebensstil dramatisch gewandelt hatte.«
»Einspruch«, sagte Randolph. »Privatleben, Lebensstil – nichts von alldem ist für den vorliegenden Fall von Belang. Hier handelt es sich um ein Arzthaftungsverfahren.«
»Grundgütiger!«, rief Richter Davidson frustriert. »Die Anwälte bitte an meinen Tisch!«
Gehorsam traten Randolph und Tony an die Seite der erhöhten Richterbank, wo sie niemand im Gerichtssaal hören konnte, vor allem nicht die Protokollführerin und die Geschworenen.
»In diesem Tempo wird sich die Verhandlung noch ein ganzes Jahr hinziehen, Herrgott noch mal«, schimpfte Richter Davidson. »Wenn Sie so weitermachen, kann ich meinen Zeitplan für den ganzen Monat in den Papierkorb werfen.«
»Ich kann nicht dulden, dass diese Farce so weitergeht«, beschwerte sich Randolph. »Sie schadet meinem Mandanten.«
»Bei diesen ewigen Unterbrechungen verliere ich ständig den Faden«, grummelte Tony.
»Halten Sie endlich die Klappe! Ich will keinen von Ihnen beiden mehr nörgeln oder jammern hören. Mr Fasano, würden Sie Ihr Abweichen von den relevanten medizinischen Fakten bitte begründen!«
»Dr. Bowman hat beschlossen, der Verstorbenen einen Hausbesuch abzustatten, statt der Bitte des Klägers zu entsprechen, seine Frau auf schnellstem Wege ins Krankenhaus zu bringen, obwohl Dr. Bowman, wie er selbst bezeugen wird, einen Herzinfarkt vermutete.«
»Ja und?«, fragte Richter Davidson. »Ich nehme doch an, dass Dr. Bowman ohne unangemessene Verzögerung auf den Notfall reagiert hat.«
»Das bestreiten wir gar nicht, aber bevor Dr. Bowman in seine Midlife-Crisis geriet und mit seiner Geliebten in die Innenstadt zog, hat er nie Hausbesuche gemacht. Meine Sachverständigen werden aussagen, dass die Verzögerung durch diesen Hausbesuch für Patience Stanhopes Tod entscheidend war.«
Richter Davidson dachte darüber nach. Dabei verzog er geistesabwesend seine Unterlippe, so dass sein Schnurrbart fast ans Kinn hinabreichte.
»Ob jemand das Leben eines braven Familienvaters führt, ist bei einem ärztlichen Behandlungsfehler überhaupt nicht von Belang«, versetzte Randolph. »Rechtlich gesehen, stellt sich doch nur die Frage, ob es eine Abweichung von allgemeinen Behandlungsstandards gab, die zu einer Schädigung führte, welche Schadenersatzansprüche begründet.«
»Generell haben Sie recht, aber ich glaube, Mr Fasanos Argument ist schlüssig, vorausgesetzt, es wird in der
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