Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Montgomery u Stapleton 06 - Crisis

Montgomery u Stapleton 06 - Crisis

Titel: Montgomery u Stapleton 06 - Crisis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
Vom Netzwerk:
Craig an jenem Tag Randolphs Kanzlei verließ, hatte er seinen Anwalt beiseitegenommen und ihm direkt in die Augen gesehen. »Ich möchte, dass Sie eines wissen«, hatte er in eindringlichem Ton gesagt. »Ich habe manchmal Fehler gemacht, genau wie ich es Fasano gesagt habe, auch wenn ich, verdammt noch mal, mein Möglichstes getan habe, um ein guter Arzt zu sein. Aber nicht bei Patience Stanhope. Das war keine Sorgfaltspflichtverletzung.«
    »Ich weiß«, hatte Randolph entgegnet. »Glauben Sie mir, ich verstehe Ihren Frust und Ihren Schmerz, und ich verspreche Ihnen, was auch immer passiert, ich werde mein Bestes tun, um die Geschworenen ebenfalls davon zu überzeugen.«
    Zurück im Gerichtssaal nahm Craig wieder auf seinem Stuhl Platz. Das Auswahlverfahren war beendet und die Jury vollständig. Richter Davidson war gerade dabei, den Geschworenen erste Anweisungen zu geben, unter anderem, dass sie ihre Handys ausschalten sollten. Dann erläuterte er ihnen das Zivilverfahren, dessen Zeugen sie werden würden. Er erklärte ihnen, dass sie, und nur sie alleine, in diesem Fall über die Sachfragen entscheiden würden. Am Ende des Prozesses würde er ihnen die entsprechende Rechtslage erläutern, die in seinen Zuständigkeitsbereich fiel. Dann dankte er ihnen erneut für ihre Bereitschaft, ihrer Geschworenenpflicht nachzukommen, ehe er über seine Brille hinweg zu Tony Fasano hinübersah.
    »Ist der Kläger bereit?«, fragte Richter Davidson. Er hatte den Geschworenen bereits erklärt, dass das Verfahren mit der Eröffnung des klägerischen Anwalts beginnen würde.
    »Einen Moment noch, Euer Ehren«, sagte Tony. Er beugte sich zu seiner Assistentin, Ms Relf, hinüber und flüsterte ihr etwas zu. Sie nickte und reichte ihm dann einen Stapel Karteikarten.
    Während dieser kurzen Verzögerung versuchte Craig, einen ersten Kontakt zu den Geschworenen herzustellen, wie Randolph es ihm empfohlen hatte, indem er jeden einzelnen von ihnen anschaute und dabei auf Blickkontakt hoffte. Dabei betete er, dass sich seine Gedanken nicht in seiner Miene widerspiegelten. In seinen Augen war die Vorstellung, dass dieser bunt gemischte Haufen von Laien seinesgleichen sein sollte, bestenfalls lächerlich. Zu den Geschworenen gehörte ein lässiger Feuerwehrmann, unter dessen blütenweißem T-Shirt sich seine schwellenden Muskeln abzeichneten, ein paar Hausfrauen, die von dieser Erfahrung geradezu elektrisiert wirkten, und eine blauhaarige pensionierte Lehrerin, die genauso aussah, wie man sich eine Großmutter vorstellte. Ein übergewichtiger Klempnergehilfe in Jeans und dreckigem T-Shirt hatte einen Fuß auf das vordere Geländer der Geschworenenbank gelegt. In scharfem Kontrast dazu saß neben ihm ein gut gekleideter junger Mann mit einem scharlachfarbenen Einstecktuch, das aus der Brusttasche seines hellbraunen Leinenjacketts quoll. Als Nächste kam eine züchtige Krankenschwester asiatischer Herkunft mit im Schoß gefalteten Händen. Daneben saßen zwei einfache Geschäftsleute in Polyesteranzügen, die nicht nur offensichtlich gelangweilt wirkten, sondern auch wütend darüber, dass sie gezwungen worden waren, ihren staatsbürgerlichen Pflichten nachzukommen. Gleich hinter diesen beiden saß in der zweiten Reihe ein begüterter Börsenmakler.
    Craigs Verzweiflung wuchs, während sein Blick von einem Geschworenen zum nächsten wanderte. Abgesehen von der asiatischen Krankenschwester war keiner von ihnen bereit, auch nur kurz Blickkontakt mit ihm aufzunehmen. Ihm drängte sich das Gefühl auf, dass außer der Krankenschwester wahrscheinlich keiner dieser Leute eine Ahnung davon haben konnte, was es bedeutete, in der heutigen Welt Arzt zu sein. Und wenn er diese Erkenntnis mit seinem Auftritt bei der Befragung im Beweiserhebungsverfahren, Leonas bevorstehender Aussage und den Bewertungen der Sachverständigen des Klägers kombinierte, erschienen ihm die Chancen für einen glücklichen Ausgang des Verfahrens bestenfalls winzig. Es war alles furchtbar deprimierend, und doch ein passender Abschluss für acht grauenvolle Monate voller Angst, Kummer, Isolation und Schlaflosigkeit. Craig war sich bewusst, dass sich diese Erfahrung äußerst negativ auf ihn auswirkte und ihm sein Selbstvertrauen, seinen Gerechtigkeitssinn, seine Selbstachtung und sogar seine Liebe zum Arztberuf raubte. Während er dort saß und die Geschworenen betrachtete, fragte er sich, ob er, unabhängig vom Ausgang des Prozesses, jemals wieder der Arzt werden könne, der

Weitere Kostenlose Bücher