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Moon

Moon

Titel: Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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Konzept des Stundenplanes wirklich bis zum Ende der Woche fertiggestellt haben.«
    »Ich gebe Ihnen Bescheid.« Er versuchte ein Lächeln -und ärgerte sich über den entschuldigenden Tonfall in seiner Stimme.
    Ihr knapper Seufzer drückte ihre Erbitterung aus und hörte sich sehr verstimmt an. »Also am Donnerstag.«
    Er war entlassen. Kein weiteres Wort, kein »Guten Tag«. Er war einfach nicht mehr anwesend. Miss Piprelly rief zu einer Gruppe von Mädchen hinüber, die den Fehler begangen hatten, Childes' Weg über den geheiligten Rasen zu nehmen. Er wandte sich ab, und irgendwie hatte er das Gefühl, sich aus dem Staub zu machen. Er mußte sich Mühe geben, eine gewisse Forschheit in seine Schritte zu legen.
    Nachdem Estelle Piprelly die (buchstäblich) vom rechten Weg abgekommenen Mädchen getadelt hatte - eine Aufgabe, für die sie nur sehr wenige Worte und eine kaum erhobene Stimme benötigte -, wandte sie ihre Aufmerksamkeit dem davongehenden Gastlehrer zu. Seine Schultern waren leicht nach vorn gebeugt, er schien den Boden vor sich zu betrachten, als plane er jeden einzelnen Schritt genau, ein recht junger Mann, der manchmal ungewöhnlich ermüdet zu sein schien. Nein, ermüdet war die falsche Bezeichnung. Es gab manchmal einen Schatten hinter seinen Augen, einen ruhelosen Schatten, den gelegentlichen Eindruck einer verborgenen Angst.
    Ihre Braue furchte sich - weitere parallele Linien -, und ihre Finger zupften, ohne daß ihr dies bewußt geworden wäre, an einem losen Faden ihres Ärmels.
    Childes beunruhigte sie, und sie vermochte nicht zu ergründen, weshalb. Seine Arbeit war ausgezeichnet, peinlich exakt, und sie hatte den Eindruck, daß er bei den Schülerinnen beliebt war, wenn nicht bei einigen gar eine Spur zu beliebt. Sein Spezialwissen bedeutete eine nützliche Ergänzung der angebotenen Fächer, und ganz ohne Zweifel war er für ihre überlasteten Lehrer der Naturwissenschaften eine beträchtliche Unterstützung. Und dennoch, obwohl sie zusätzliche Unterrichtsstunden von ihm gefordert hatte, bereitete ihr etwas in seiner Gegenwart Unbehagen.
    Vor langer, langer Zeit, da sie selbst noch ein Kind gewesen war und die deutsche Wehrmacht diese Insel als Brückenkopf für ihren Angriff auf das britische Festland besetzt hatte, da war es deutlich zu spüren gewesen... diese durchdringende Aura der Vernichtung. Nicht ungewöhnlich für jene dramatischen Kriegszeiten, jedoch kam ihr Jahre später zu Bewußtsein, daß sie eine weit höhere Sensibilität besaß als die meisten anderen Menschen. Nichts Dramatisches, o nein - sie war weder Medium noch Hellseher -, nur ein scharfumrissenes Empfinden. Im Laufe der Zeit war es abgestumpft, begraben unter dem Pragmatismus der gewählten Laufbahn, und doch... es war niemals gänzlich verschwunden. Damals hatte sie den Tod in den Gesichtern der deutschen Soldaten gesehen - gespürt -, eine unnatürliche Vorankündigung in ihren Gesichtern, in ihrer Stimmung.
    Auf eine verwirrende Art und Weise spürte sie bei Childes dasselbe. Obgleich er jetzt nicht mehr zu sehen war, fröstelte Miss Piprelly.

Er kam mit den Getränken aus der Hotelbar zurück, schlängelte sich um die Gartentische und -stühle herum und sah gerade noch, wie Amy ihre strenge LehrerinnenFrisur geschickt verwandelte; sie löste die Spangen und faßte ihre Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen, eine alte Mode, die aber durch sie Wiederauferstehung feierte... eine sehr zeitgemäße und schicke Auferstehung.
    Amy besaß eine unterschwellige Eleganz, die angeboren und nicht anerzogen war, und Childes dachte nicht zum ersten Mal, daß sie ganz und gar nicht wie eine Lehrerin aussah - jedenfalls nicht wie eine von der Sorte, die ihn unterrichtet hatte.
    Im Schatten des Sonnenschirms wirkte ihre Haut beinahe golden, und ihre blaßgrünen Augen und die helleren Haarsträhnen, die sich über ihren Ohren lockten, verstärkten diesen Effekt noch. Wie üblich trug sie ein Minimum an Make-up, ein Hang, der sie einigen der Mädchen ähnlich sehen ließ, die sie unterrichtete. Ihre kleinen Brüste, nur zarte Schwellungen, störten diese Illusion kaum. Doch mit ihren dreiundzwanzig Jahren - sie war elf Jahre jünger als er - besaß sie auch eine stille Reife, was ihn nur sehr wenig erstaunte; sie war nicht immer vorhanden, denn da gab es auch eine aufreizende Unschuld an ihr, die den Eindruck der Pubertät noch betonte. Diese Kombination war oft verwirrend, denn sie selbst war sich dieser Eigenschaften eindeutig

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