Moon
okay, ich hätte mich inzwischen allmählich daran gewöhnen können«, sagte sie. »Aber... Du hast nicht nur geträumt.«
»Nein. Ich habe an früher gedacht.«
»Das ist Vergangenheit, und das bleibt es am besten auch, Jon.«
Er nickte, weil er es sich nicht einmal selbst richtig erklären konnte. Es war... eine Unsicherheit, und sie kam von dem schleichenden Unbehagen, das er seit jenem
Alptraum in sich spürte... damals, vor zwei Wochen...
Sie stützte die verschränkten Arme auf den Tisch. »He, du hast mir noch keine Antwort gegeben.« Sie bemerkte seine verwunderte Miene und runzelte die Stirn. »Meine Einladung zum Essen: Du hast mir noch nicht gesagt, ob du kommst.«
»Hab' ich denn eine Wahl?« Für den Augenblick waren die düsteren Gedanken gewichen - besiegt von Amys sündhaft unschuldigem Lächeln.
»Natürlich. Du kannst entweder annehmen oder abgeschoben werden. Daddy haßt schlechte Manieren.«
»Und wir alle kennen seinen Einfluß bei gewissen Angelegenheiten dieser wunderbaren Insel.«
»Genau.«
»Dann komme ich.«
»Sehr vernünftig.«
»Wieviel Überredungskunst hat deine Mutter gebraucht?«
»Nicht viel. Sie hat sich auf Drohungen verlegt.«
»Schwer, sich vorzustellen, daß dein Vater vor irgend-wem Angst hat.«
»Du kennst Mutter nicht. Auf den ersten Blick scheint sie ganz aus Sanftmut und Unkompliziertheit zu bestehen, aber da gibt es eine verborgene Ader unter alldem... purer Stahl, und das macht sogar mir manchmal angst.«
»Ein Trost, zu wissen, daß wenigstens sie mich mag.«
»Oh, ich würde nicht so weit gehen. Sagen wir einfach, sie ist nicht vollkommen gegen dich.«
Er lachte leise. »Ich freue mich wirklich auf den Abend.«
»Weißt du, ich nehme an, sie ist ganz gefesselt von dir. Ein geheimnisvoller, attraktiver Mann mit zwielichtiger Vergangenheit und so.«
Einen Moment lang sah Childes in sein Bier hinab. »Sieht sie meine Vergangenheit so?« fragte er.
»Sie ist der Meinung, daß du rätselhaft bist, und das gefällt ihr.«
»Und der liebe Daddy?«
»Du bist nicht gut genug für seine Tochter, das ist alles.«
»Weißt du das genau?«
»Nein, aber es ist auch nicht wichtig. Er respektiert meine Gefühle, und ich habe aus meinem Herz keine Mördergrube gemacht - er weiß, was ich für dich empfinde. So eigensinnig er manchmal auch ist... er würde mir nie weh tun. Deshalb unternimmt er nichts gegen dich.«
Childes wünschte, er könnte dessen sicher sein. Bei den wenigen Gelegenheiten, bei denen sie sich begegnet waren, hatte der Finanzier aus seiner Feindseligkeit kaum ein Geheimnis gemacht. Vielleicht mochte er geschiedene Männer nicht; vielleicht mißtraute er ganz einfach jedem, der seinem Standard, seiner Vorstellung von >Normalität< nicht entsprach.
Bevor er wieder zu ernst werden konnte, fragte er mit einem Grinsen: »Brauche ich einen Smoking?«
»Nun, er hat auch ein oder zwei Geschäftsfreunde eingeladen - und zufällig ist auch ein Vorstandsmitglied von La Roche und dessen Frau darunter... also nichts zu Zwangloses. Eine Krawatte wäre nett.«
»Und ich dachte schon, die Soiree sei nur zu meinem Besten.«
»Daß du da bist, ist zu meinem Besten.« Sie betrachtete ihn aufmerksam. »Vielleicht kommt es dir belanglos vor, aber es bedeutet mir viel, dich bei mir zu haben. Ich weiß auch nicht, weshalb es diesen Graben zwischen dir und meinem Vater gibt, Jon, aber er ist unnötig... er zerstört viel durch seine bloße Existenz.«
»Die Feindseligkeit geht nicht von mir aus, Amy.«
»Das weiß ich. Ich will nur, daß er uns bei einem ganz normalen Treffen zusammen sieht... ich will ihm zeigen, wie gut wir zusammenpassen.«
Er mußte unwillkürlich lachen, und sie warf ihm einen tadelnden Blick zu. »Ich weiß, was du jetzt denkst, aber das hab' ich nicht gemeint. Ich bin immer noch sein kleines Mädchen, denk daran.«
»Er wird wohl nie begreifen, wie sehr du eine Frau bist.«
»Das braucht er auch nicht. Andererseits glaube ich aber, daß er sich auch nicht allzusehr verrennt, etwa: meine Tochter ist so rein wie frischgefallener Schnee...«
»Da wäre ich nicht zu sicher. Solchen Dingen kann sich ein entsprechend kindischer Vater nur schwer stellen.« Die Vertraulichkeit ihrer Unterhaltung überwältigte ihn; da war so viel Freude, und er fühlte sich gut bei ihr, geborgen in ihrer Gegenwart. Und Amy empfand ebenso, denn ihr Lächeln war so anders, nicht geheimnisvoll, sondern wissend, und ihre blaßgrünen Augen hell und strahlend.
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