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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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erste mag nicht sehr vernünftig klingen. Als ich dich gestern bei den Feierlichkeiten zur Amtseinführung sah, hatte ich plötzlich eine Vorahnung. Normalerweise gebe ich nichts auf Vorahnungen, aber ich schwöre dir bei den Göttern, daß ich auf einmal wußte, daß vor mir der Mann stand, der - hätte er die Möglichkeit dazu - Rom auf seinen eigenen Schultern aus schrecklicher Gefahr tragen würde. Und ich wußte plötzlich, daß Rom ohne dich verloren ist.« Caesar erschauerte. »Nun, in jedem Römer steckt ein Stück Aberglaube, und in den wirklich alten Familien ist er sehr verbreitet. Die Vorahnung hat mich nicht mehr losgelassen. Und ich dachte mir auch, wie wunderbar es wäre, wenn ich, ein einfacher Hinterbänkler im Senat, Rom zu dem Mann verhelfen könnte, den es so dringend braucht.«
    »Auch ich habe eine solche Vorahnung«, warf Marius ein. »Seit Numantia.«
    »Siehst du! Jetzt sind wir schon zwei.«
    »Und dein zweiter Grund, Gaius Julius?«
    Caesar seufzte. »Ich muß mich der Tatsache stellen, daß es mir trotz meines Alters noch nicht gelungen ist, für meine Kinder so vorzusorgen, wie es einem Vater ansteht. An Liebe hat es ihnen nicht gefehlt, und sie haben auch eine hervorragende Erziehung genossen. Aber dieses Haus und fünfhundert iugera Land in den Albaner Bergen sind alles, was ich besitze.« Er richtete sich auf und beugte sich vor. »Ich habe vier Kinder, und das ist, wie du wohl weißt, zuviel. Zwei Söhne und zwei Töchter. Mein Besitz reicht nicht einmal aus, meinen beiden Söhnen eine politische Laufbahn als Hinterbänkler im Senat zu sichern. Wenn ich meinem Ältesten Sextus alles vermache, kann er sich gerade im Senat halten wie ich. Mein jüngerer Sohn Gaius dagegen wird so arm sein, daß es nicht einmal zum Ritter reicht. Ich würde praktisch einen Lucius Cornelius Sulla aus ihm machen - kennst du Lucius Cornelius Sulla?«
    »Nein.«
    »Seine Stiefmutter wohnt gleich nebenan. Eine schreckliche Frau: niedere Herkunft, kein Verstand, aber sehr reich. Soviel ich weiß, wird nicht ihr Stiefsohn, sondern ein Neffe sie beerben. Sie hat mir keine Ruhe gelassen, bis ich ihr geholfen habe, ihr Testament aufzusetzen. Hat ununterbrochen geredet. Ihr Stiefsohn Lucius Cornelius Sulla wohnt bei ihr, weil er ihr zufolge nirgendwo sonst unterkommt. Seine Familie ist schon lange verarmt, sein Vater besaß buchstäblich nichts und hat auch noch getrunken. Du hast entschieden mehr Glück gehabt, Gaius Marius, denn immerhin hatte deine Familie genug Geld, daß du Senator werden konntest. Lucius Cornelius Sulla stammt aus einer vornehmen patrizischen Familie, allein die Armut ist schuld, daß er nicht den Platz in der Gesellschaft einnehmen kann, der ihm zusteht.« Und mit bewegter Stimme schloß Caesar: »Mir liegt das Wohlergehen meines jüngeren Sohnes zu sehr am Herzen, als daß ich ihn, seine Kinder oder Kindeskinder dem Schicksal eines Lucius Cornelius Sulla aussetzen möchte.«
    »Keiner kann etwas für seine Geburt!« sagte Marius gleichfalls bewegt. »Warum soll die Geburt über unser ganzes weiteres Leben bestimmen?«
    »Warum das Geld?« entgegnete Caesar. »Du mußt zugeben, Gaius Marius, daß Geburt und Geld überall auf der Welt zählen. Verglichen mit dem Partherreich etwa finde ich die römische Gesellschaft sogar noch relativ mobil. In Rom ist es immerhin schon vorgekommen, daß mittellose Männer Karriere gemacht haben.« Nachdenklich fügte er hinzu: »Glaube nicht, daß ich diese Männer jemals bewundert hätte. Der Kampf um den Aufstieg scheint sie menschlich zu ruinieren.«
    »Dann ist es vielleicht besser, Lucius Cornelius Sulla bleibt, wo er ist.«
    »Nein!« entgegnete Caesar fest. »Ich bin meiner Klasse immerhin so sehr verbunden, daß ich das Schicksal des Lucius Cornelius Sulla außerordentlich bedauere! « Er setzte eine geschäftliche Miene auf. »Im Moment geht es mir aber um die Zukunft meiner Kinder. Ich kann meinen Töchtern keine Mitgift geben, Gaius Marius, weil meine Söhne sonst völlig mittellos wären. Das bedeutet, daß meine Töchter niemals einen Mann aus ihrer Klasse heiraten können. Bitte entschuldige, wenn diese Worte dich kränken. Ich wollte damit nicht sagen, daß... « Er brach ab und machte eine hilflose Handbewegung. »Ich will lediglich anständige, ehrbare, sympathische Männer für meine Töchter.«
    Caesar erhob sich schwerfällig. »Der Abend war lang und anstrengend für mich, und ich fange an, meine Knochen zu spüren. Hast du etwas

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