MoR 01 - Die Macht und die Liebe
war Scaurus kurulischer Ädil, beim Thespis! Es war einer meiner ersten Besuche im Theater.«
Marius blickte ihn verständnislos an. »Lucius Cornelius, hör jetzt bitte damit auf, dich mit der Frage zu befassen, wer diese überflüssigen Begriffe geprägt hat! Beschäftige dich lieber mit wichtigen Dingen! Kaum erwähnt man das Theater, und schon vergißt du alles andere.«
»Oh, tut mir leid«, sagte Sulla ohne einen Anflug von Reue. Marius wandte sich wieder dem Brief zu.
Wir verlegen jetzt den Schauplatz der Ereignisse vom Forum Romanum nach Sizilien. Dort ist alles mögliche passiert, nichts davon ist gut, manches ist amüsant und ein paar Dinge sind schlichtweg unglaublich.
Wie Du weißt - ich frische Deine Erinnerung dennoch auf weil, ich unvollständige Geschichten verabscheue -, begann Lucius Licinius Lucullus nach dem letzten Herbstfeldzug die Belagerung des Sklavenlagers Triocala, um die Rebellen auszuhungern. Er hatte ihnen einen Herold in ihr Lager geschickt, und der Bote mußte ihnen erzählen, wie einmal ein belagerter Feind die Römer hatte wissen lassen, daß er selbst für eine zehnjährige Belagerung genügend Lebensmittel habe. Die Antwort der Römer hatte gelautet, dann werde man das Lager eben im elften Jahr stürmen. Diese Geschichte jagte den Rebellen tatsächlich Angst ein.
Und Lucullus erledigte seine Sache hervorragend. Er umsäumte Triocala mit Gräben, Türmen, Schutzhütten, Rammböcken, Katapulten und Barrikaden und ließ eine breite Kluft zuschütten, die wie ein natürlicher Burggraben vor den Mauern lag. Anschließend ließ er ein ebenso großartiges Lager für sein eigenes Heer bauen. Das Lager wurde so angelegt, daß die Sklaven, selbst wenn sie einen Ausfall aus Triocala versucht hätten, die Befestigungen nicht hätten einnehmen können. Dann richtete er sich darauf ein, dort den Winter zu verbringen. Seine Soldaten waren sehr gut untergebracht, und er war sicher, daß seine Statthalterschaft verlängert werden würde.
Im Januar kam dann die Nachricht, daß Gaius Servilius der Augur zum neuen Statthalter ernannt worden sei. Mit der offiziellen Nachricht traf ein Brief von unserem lieben Metellus Numidicus Schweinebacke ein, der die ganzen häßlichen Einzelheiten schilderte: die skandalöse Art, in der Ahenobarbus und sein Arschkriecher Augur die Sache durchgezogen hatten.
Du kennst Lucullus nicht so gut, Gaius Marius, aber ich kenne ihn. Wie so viele seiner Art zeigt er der Welt ständig ein kühles, ruhiges, reserviertes und unerträglich hochnäsiges Gesicht. Einer von der Sorte: »Ich bin Lucius Licinius Lucullus, ein edler Römer aus einer der ältesten und angesehensten Familien, und du darfit dich glücklich schätzen, wenn ich mich ab und zu mit dir beschäftige.« Aber unter dieser Fassade lebt ein ganz anderer Mann - dünnhäutig, hoch empfindlich, leidenschaftlich und furchtbar im Zorn. Als Lucullus die Nachricht erhielt, nahm er sie äußerlich mit der ruhigen und gelassenen Resignation auf, die man von ihm erwarten konnte. Dann aber machte er sich daran, alles zu zerstören: alle Geschosse, Rampen, Türme, Panzer, Schutzhütten, die aufgeschütteten Gräben, die Stützmauern am Berg, alles. Er verbrannte, was er verbrennen konnte, und ließ jeden Eimer Schutt, Füllmaterial, Erde, was auch immer, in alle Himmelsrichtungen von Triocala fortschaffen. Dann zerstörte er sein eigenes Lager und alles Material, das er dort liegen hatte.
Glaubst Du, er hätte sich damit zufrieden gegeben? Nicht Lucullus - er kam jetzt erst richtig in Schwung. Er vernichtete sämtliche Berichte über seine Feldzüge in Syrakus und Lilybaeum und marschierte dann mit seinen 17 000 Soldaten zum Hafen von Agrigentum.
Sein Quästor erwies sich als wunderbar loyal und war mit allem einverstanden, was Lucullus unternahm. Inzwischen war der Sold für das Heer eingetroffen, außerdem hatten sie Geld vom Verkauf der Beute nach der Schlacht von Heracleia Minoa. Dann verhängte Lucullus noch Geldstrafen gegen jeden nichtrömischen Bürger Siziliens, der dem bisherigen Statthalter Publius Licinius Nerva zu große Schwierigkeiten gemacht hatte, und fügte dieses Geld dem übrigen hinzu. Und er nahm sich einen Teil der Geldsendung, mit der eigentlich Servilius Augur eine Flotte für den Transport seiner Soldaten hätte bezahlen sollen.
Am Strand bei Agrigentum entließ Lucullus seine Soldaten mit buchstäblich den letzten Sesterzen, die er finden konnte. Nun waren aber Lucullus’ Soldaten ein
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