MoR 01 - Die Macht und die Liebe
zusammengewürfelter Haufen, der beste Beweis, daß es bei den Proletariern in Italien genausowenig zu holen gibt wie bei allen anderen Klassen, wenn es darum geht, Truppen zu stellen. Abgesehen von den italischen und römischen Veteranen, die er in der Campania angeworben hatte, verfügte er über eine Legion und ein paar zusätzliche Kohorten aus Bithynien, aus Griechenland und aus dem makedonischen Thessalien, die ihm König Nikomedes von Bithynien gestellt hatte.
Nun entließ also Lucullus die römischen, italischen und bithynischen Soldaten nach Hause. Alle bekamen Entlassungspapiere ausgehändigt, und nachdem er die letzten Spuren seiner Statthalterschaft aus den Annalen Siziliens getilgt hatte, segelte auch Lucullus von dannen.
Kaum war er abgereist, brachen König Tryphon und sein Ratgeber Athenion aus ihrem befestigten Lager Triocala aus und fingen erneut an, Sizilien zu plündern und zu verwüsten. Sie sind jetzt vollkommen sicher, daß sie den Krieg gewinnen werden, und ihr Kriegsruf lautet: »Wir wollen nicht Sklaven sein, wir wollen Sklaven haben!« Es wird kein Getreide mehr angebaut, und die Städte werden von den Landflüchtigen überflutet. Sizilien ist wieder zu einer Ilias des Leidens geworden. In diese erfreuliche Situation platzte nun Servilius Augur. Natürlich traute er seinen Augen nicht. Und er weinte sich in einem Brief nach dem anderen bei seinem Gönner Ahenobarbus Pimmel aus.
Lucullus war mittlerweile wieder in Rom eingetroffen und bereitete sich auf die Anklage vor. Als Ahenobarbus ihm im Senat vorwarf er habe römisches Staatseigentum mutwillig zerstört - vor allem die Befestigungsanlagen und das Lager -, setzte Lucullus eine unschuldige Miene auf. Er sagte, er habe angenommen, der neue Statthalter werde lieber auf seine Art neu beginnen wollen. Er selbst, Lucullus, lasse die Dinge immer gern so zurück, wie er sie vorgefunden habe, und genau das habe er nach Ablauf seiner Statthalterschaft getan - er habe Sizilien so verlassen, wie er es vorgefunden habe. Servilius Augur hatte sich besonders darüber beschwert, daß er kein Heer mehr habe - er hatte einfach angenommen, daß Lucullus seine Legionen in Sizilien lassen würde, aber er war nicht auf die Idee gekommen, Lucullus formell um die Überlassung der Truppen zu bitten. Und weil Servilius ihn nicht darum ersucht hatte, beharrte nun Lucullus darauf, daß er mit seinen eigenen Truppen habe tun und lassen können, was er wollte. Und er sei der Ansicht gewesen, daß die Truppen reif für die Entlassung gewesen seien.
»Ich habe Gaius Servilius einen sauberen Tisch hinterlassen, jede Spur meines Wirkens habe ich weggewischt«, erklärte Lucullus dem Senat. »Gaius Servilius Augur ist ein homo novus , und diese Männer wollen gewöhnlich alles auf ihre eigene Art tun. Ich glaubte deshalb, ich würde ihm einen Gefallen tun.«
Ohne Heer kann Servilius in Sizilien natürlich kaum etwas ausrichten. Catulus Caesar bringt nur die paar Rekruten zusammen, die ihm von Italien gestellt werden, und so ist es sehr unwahrscheinlich, daß dieses Jahr noch ein Heer für Sizilien zustande kommt. Lucullus’ Veteranen sind in alle Winde zerstreut, die meisten mit dicken Börsen, und haben demzufolge kein Interesse daran, sich noch einmal aufstöbern zu lassen.
Lucullus ist natürlich klar, daß er angeklagt wird. Ich glaube aber nicht, daß ihm das Kummer bereitet. Er empfindet unendliche Genugtuung darüber, daß Servilius keine Möglichkeit mehr hat, seine, Lucullus’, Lorbeeren einzusammeln. Und das ist ihm wichtiger als eine mögliche Anklage. Deshalb gibt er sich große Mühe, seine Söhne zu schützen. Saturninus hat vor kurzem einen neuen Gerichtshof eingerichtet, der den Rittern unterstellt ist. Offenbar glaubt nun Lucullus, daß Ahenobarbus und der Augur dieses Gericht anstiften wollen, einen Prozeß gegen ihn zu eröffnen und ihn zu verurteilen. Er hat deshalb seinen Besitz, soweit es ging, auf seinen ältesten Sohn Lucius Lucullus übertragen, und seinen jüngeren Sohn, der jetzt dreizehn Jahre alt ist, hat er der Familie Terentius Varro zur Adoption gegeben. In dieser Generation gibt es keinen Marcus Terentius Varro, und die Familie ist außerordentlich reich.
Schweinebacke ist durch diese Ereignisse ganz verstört. Dazu hat er auch allen Grund, denn wenn Lucullus verurteilt wird, muß Numidicus seine skandalträchtige Schwester Metella Calva wieder bei sich aufnehmen. Schweinebacke sagt, die beiden Jungen hätten geschworen, sich an
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