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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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lachte.
    Das Lachen hatte ganz leise begonnen, wurde allmählich lauter, schwoll an zu einem dröhnenden Gelächter, einem Brüllen, einem wiehernden Kreischen. Die Diener hörten starr vor Schrecken zu und berieten, wer sich in Clitumnas Wohnzimmer hineinwagen sollte. Aber noch ehe sie zu einer Entscheidung gekommen waren, verstummte das Lachen.

    Clitumna alterte beinahe über Nacht. Zwar war sie erst fünfzig, aber der Tod ihres Neffen hatte den Alterungsprozeß stark beschleunigt, und jetzt war außerdem ihre beste Freundin gestorben. Nicht einmal Sulla gelang es, sie aus ihrer Schwermut herauszuholen, und weder eine Pantomime noch eine Posse konnte sie aus dem Haus locken. Sie litt darunter, daß der Kreis ihrer Vertrauten so drastisch schrumpfte. Wenn Sulla sie jetzt auch noch verließ - das Geld von Nikopolis hatte ihn unabhängig gemacht -, war sie ganz allein. Eine Aussicht, vor der ihr graute.
    Wenige Tage nach Nikopolis’ Tod schickte sie nach Gaius Julius Caesar. »Toten kann man nichts hinterlassen«, sagte sie, »deshalb muß ich mein Testament noch einmal ändern.«
    Also wurde das Testament geändert und anschließend wieder bei den Vestalinnen hinterlegt.
    Clitumna trauerte weiter. Sie vergoß Ströme von Tränen, und ihre früher rastlosen Hände lagen gefaltet und müßig in ihrem Schoß. Alle sorgten sich um sie, aber alle wußten, daß man nichts anderes tun konnte als darauf warten, daß die Zeit die Wunden hellen würde. Falls noch Zeit war.
    Für Sulla war es jetzt Zeit zu handeln.
    Julillas letzter Brief hatte gelautet:
    Ich liebe Dich, obwohl die Monate, aus denen inzwischen schon Jahre geworden sind, mir gezeigt haben, wie wenig meine Liebe erwidert wird, wie wenig Dich mein Schicksal rührt. Im Juni bin ich achtzehn geworden, und eigentlich sollte ich jetzt verheiratet werden, aber es ist mir gelungen, dieses Übel durch meine Krankheit hinauszuzögern. Ich will Dich heiraten, Dich und keinen anderen.
    Mein Vater zögert, da er mich niemandem als begehrenswerte Braut anbieten kann, und ich werde dafür sorgen, daß es dabei bleibt, bis Du zu mir kommst und mir sagst, daß Du mich heiraten willst. Du hast einmal zu mir gesagt, ich sei ein kleines Kind, ich würde aus meiner unreifen Liebe zu Dir herauswachsen. Aber ich habe bewiesen, daß meine Liebe zu dir so verläßlich ist wie die Rückkehr der Sonne aus dem Süden im Frühjahr. Deine magere griechische Freundin, die ich mit jedem Atemzug gehaßt und verflucht habe, ist tot.
    Du siehst, wie mächtig ich bin, Lucius Cornelius! Warum begreifst Du nicht, daß Du mir nicht entrinnen kannst? Du liebst mich, ich weiß, daß Du mich liebst. Gib nach, Lucius Cornelius, gib nach!
    Komm mich besuchen, knie an meinem Schmerzenslager nieder und küsse mich. Verurteile mich nicht zum Tod!
    Ja, es war Zeit für Sulla. Zeit, vielen Dingen ein Ende zu setzen, Zeit, Clitumna und Julilla abzuschütteln und all die anderen menschlichen Bindungen, die seinen Geist so schrecklich einengten. Auch Metrobius mußte verschwinden.
    Er mußte handeln, ehe Clitumnas Stimmung sich aufheiterte. Und er brauchte Gaius Julius Caesar hinter sich. So klopfte Sulla eines Tages Mitte Oktober an Caesars Tür.
    Der Junge, der den Türdienst versah, ließ ihn ohne Zögern ein. Sulla erkannte, daß er auf die Liste derjenigen gesetzt worden war, die Caesar jederzeit empfing, wenn er zu Hause war.
    »Ist Gaius Julius zu sprechen?«
    »Ja, Lucius Cornelius. Bitte warte einen Augenblick«, sagte der Junge und verschwand eilig in der Richtung von Caesars Arbeitszimmer.
    Sulla richtete sich darauf ein, eine Weile warten zu müssen, und schlenderte durch das bescheidene Atrium. Im Vergleich zu diesem schlichten, schmucklosen Raum wirkte Clitumnas Atrium wie das Vorzimmer zum Harem eines orientalischen Herrschers. Noch während er sich Gedanken über Caesars Atrium machte, kam Julilla herein.
    Wie lange hatte sie wohl jeden Sklaven, der für den Türdienst in Frage kam, beschwatzt, daß er sie sofort benachrichtigen müsse, wenn Lucius Cornelius zu Besuch kam? Und wie lange würde es jetzt dauern, bis der Junge dorthin eilte, wo er sofort hätte hineilen sollen, und Caesar sagte, wer ihn sprechen wollte?
    Diese beiden Fragen schossen Sulla durch den Kopf, schneller als ein Blitz aufzuckt und wieder verglüht, schneller als sein Körper auf den Schock von Julillas Anblick reagierte.
    Seine Knie gaben nach, er mußte die Hand ausstrecken und nach dem ersten Gegenstand greifen, den er

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