MoR 03 - Günstlinge der Götter
das«, würgte sie heraus. Ihre Kehle war trok- ken.
Der Griff um ihren Hals wurde fester. »Dein Vater mochte Cinna nicht. Aber gegen Carbo hat er nichts, weshalb es ein Vergnügen für mich wäre, ihn zu töten. Doch dich zu töten, wäre kein Vergnügen. Ich bringe keine Frauen um. Aber hüte deine Zunge, Antistia. Ich bin an Cinnas Tod nicht schuld; es war ein Unfall.«
»Ich will nach Rom zu meinen Eltern!«
Pompeius ließ sie los und gab ihr einen Stoß. »Die Antwort lautet nein. Und jetzt laß mich in Ruhe!«
Er rief nach dem Verwalter und verschwand. Antistia hörte, wie er dem widerwärtigen Menschen befahl, dafür zu sorgen, daß sie die nähere Umgebung der Burg nicht verließ, solange er im Krieg war. Zitternd ging Antistia ins Schlafzimmer zurück, das sie zweieinhalb Jahre lang mit Pompeius geteilt hatte. Als dessen erste Frau. Die nicht gut genug war, ihm Kinder zu gebären. Wie oft hatte sie sich gefragt, weshalb er sich, wenn sie sich liebten, stets vorzeitig zurückzog.
Antistia traten die Tränen in die Augen. Wenn sie jetzt anfing zu weinen, würde sie stundenlang nicht aufhören können. Die jähe Enttäuschung einer noch nicht erloschenen Liebe war schrecklich.
Wieder hörte sie in der Ferne einen markerschütternden barbarischen Schrei und dann Pompeius’ Stimme. »Auf in den Krieg! Sulla ist in Italien, es ist Krieg!«
Kurz nach Tagesanbruch führte Pompeius in glitzernder silberner Rüstung und begleitet von seinem achtzehnjährigen Bruder und Varro eine kleine Gruppe von Schreibern zum weiträumigen Marktplatz von Auximum. Er stellte die Standarte seines Vaters auf, auf der ein Specht abgebildet war, und wartete ungeduldig, bis die Schreiber sich hinter einigen auf Böcken ruhenden Tischen versammelt hatten und alle Schreibfedern gespitzt waren, Papier bereitlag und Tinte in schweren Steinbehältern aufgelöst war.
Inzwischen hatte sich auf dem Platz und den angrenzenden Straßen und Gassen eine große Menschenmenge versammelt. Behende sprang Pompeius auf ein behelfsmäßiges Podium unter der Standarte. »Wir sind am Ziel!« schrie er. »Lucius Cornelius Sulla ist in Brundisium gelandet und fordert, was ihm zusteht: ein Imperium, einen Triumph und das Privileg, seinen Lorbeer Jupiter Optimus Maximus auf dem Kapitol in Rom zu Füßen legen zu dürfen! Im vergangenen Jahr hat ein anderer Lucius Cornelius — der sogenannte Cinna — versucht, nicht weit von hier die Veteranen meines Vaters für sich zu gewinnen. Es gelang ihm nicht; er mußte sterben. Heute seht ihr mich vor euch stehen, und ich sehe viele Veteranen meines Vaters vor mir. Ich bin sein Erbe! Seine Leute sind auch meine. Seine Vergangenheit ist meine Zukunft. Ich ziehe nach Brundisium und kämpfe für Sulla, denn er ist im Recht. Wer von euch begleitet mich?«
Er drückt sich kurz und einfach aus, dachte Varro voller Bewunderung. Vielleicht hatte Pompeius recht, wenn er sich mit dem Speer und nicht mit schönen Reden auf den Elfenbeinstuhl des Konsuls schwingen wollte. Die Männer folgten seiner Rede begeistert. Er hatte kaum geendet, da redeten die Frauen bereits davon, daß ihre Männer und Söhne bald in den Krieg ziehen würden; einige rangen bei dem Gedanken verzweifelt die Hände. Andere gingen unverzüglich daran, Kleidersäcke mit Tuniken und Socken zu füllen, wieder andere blickten beflissen zu Boden, damit niemand sah, wie sie verschlagen lächelten. Die Männer schoben aufgeregte Kinder aus dem Weg und drängten sich um die Tische der Schreiber. Wenige Augenblicke später begannen diese eifrig zu schreiben.
Varro beobachtete den Trubel von seinem erhöhten Platz auf den Stufen des alten Picus-Tempels. Waren diese Männer einem Aufruf Pompeius Strabos genauso begeistert gefolgt? Nein. Strabo war unnahbar gewesen, ein strenger Führer, wenngleich ein ausgezeichneter Soldat. Sie hatten ihm gutwillig, aber ohne Begeisterung gedient. Bei seinem Sohn war das offensichtlich anders. Er ist ein Phänomen, dachte Varro. Die Myrmidonen hätten nicht fröhlicher für Achilles in den Kampf ziehen können, und auch nicht die Mazedonier für Alexander den Großen. Sie liebten ihn! Er war ihr Vorbild, ihr Glücksbringer, ihr Sohn und ihr Vater.
Eine massige Gestalt setzte sich auf die Stufen neben ihn, und als Varro den Kopf wandte, sah er ein rotes Gesicht und üppige rote Haare. Intelligente blaue Augen musterten ihn, den einzigen Fremden weit und breit.
»Wer bist du?« fragte der rote Riese.
»Ich heiße Marcus
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