MoR 04 - Caesars Frauen
Ach, was für ein Jammer, ich hab’s vergessen!« Nur noch Daumen und Zeigefinger waren übriggeblieben. An dieser Stelle unterbrach er die Zählung und schlug sich mit der rechten Hand auf die Stirn. »Oh! Oh! Wie konnte ich meinen eigenen großen Bruder vergessen? Eigentlich sollte er auch dort oben sein, aber er mußte nach Rom zurückkehren, um an einem gerechten Akt teilzunehmen. Ich denke, ich werde es dem ungezogenen Lümmel nachsehen müssen.«
Diese Tirade rief Quintus Minucius Thermus auf den Plan. »Worauf willst du hinaus, Nepos?« fragte er. »Was soll dieser Unfug?«
»Unfug? Ich und Unfug?« Nepos wich tatsächlich einen Schritt zurück. »Thermus, Thermus, gib acht, daß das Feuer unter deinem fetten Hintern dich nicht zum Sieden bringt. Lauwarm steht dir besser, Schätzchen!« flötete er und klimperte Thermus anzüglich mit den Augendeckeln zu, während die Plebs in grölendes Gelächter ausbrach. »Nein, Schätzchen, ich wollte unsere plebejischen Freunde nur daran erinnern, daß wir da draußen ein paar Armeen im Felde stehen haben, die gegen Catilina kämpfen sollen — falls sie ihn überhaupt finden. Der Norden unserer Halbinsel ist nämlich ein ziemlich großes Gebiet, in dem man sich leicht verlaufen kann. Besonders, wenn über Vater Tiber der Morgennebel aufsteigt, findet so mancher keinen Platz mehr, wo er seinen Nachttopf aus Porphyrit ausleeren kann!«
»Hättest du Vorschläge zu machen?« fragte Thermus drohend. Er war heldenhaft bemüht, Catos Beispiel zu folgen, aber Nepos warf ihm Kußhändchen zu, und die Menge raste vor Begeisterung.
»Ja, ihr Ferkelchen, ich hätte da ein paar Vorschläge!« verkündete Nepos strahlend. »Gerade habe ich dagestanden und mir dieses herrliche Muster auf Catos Gesicht betrachtet, da schwebte mir auf einmal ein anderes Gesicht vor Augen — nein, mein Lieber, nicht deins! Seht ihr den da drüben? Diesen soldatischen Menschen auf dem viertletzten Sockel in der Reihe der konsularischen Büsten? Was für ein hübsches Gesicht, denke ich immer! So blond, und diese wunderschönen blauen Augen! Nicht so hinreißend wie deine, aber immerhin.« Nepos legte die Hände um den Mund und brüllte: »Heda, Quiris — ja, du da hinten, neben den Büsten der Konsuln! Lies mir doch einmal den Namen vor. Ja, genau, die mit dem goldenen Haar und den großen blauen Augen! Wie heißt er? Pompeius? Pompeius wie? Manus, hast du gesagt? Oder Magnus? Ach, Magnus! Verbindlichen Dank! Pompeius Magnus heißt er!«
Thermus ballte die Fäuste. »Das traust du dich nicht!« knurrte er.
»Was denn?« fragte Nepos unschuldig. »Aber ich muß zugeben, daß Pompeius Magnus sich alles traut. Ist ihm jemand gewachsen auf dem Schlachtfeld? Ich glaube, kaum. Und jetzt ist er in Syrien und bereitet sich auf die Heimreise vor. Alle Schlachten sind geschlagen. Der Osten ist erobert, und es war Gnaeus Pompeius Magnus, der ihn erobert hat. Das ist mehr, als man von dem zickigen Metellus und dem königlichen Rex behaupten kann! Ich wollte, ich wäre mit einem von den beiden in den Krieg gezogen, und nicht mit Pompeius Magnus. Was für mickrigen Feinden müssen sie begegnet sein, um solche Triumphe feiern zu können!
Aus mir wäre noch ein richtiger Held geworden, wenn ich mit denen in den Krieg gezogen wäre. Und dann hätte ich es wie Gaius Caesar machen und mein spärliches Haar unter einem Kranz aus Eichenblättern verstecken können!«
Nepos verbeugte sich leicht und grüßte Caesar, der auf den Stufen der Curia Hostilia stand — mit einem Kranz aus Eichenblättern auf dem Kopf.
»Ich schlage euch vor, Quirites, wir fassen jetzt einen hübschen kleinen Beschluß, holen Pompeius Magnus nach Hause und geben ihm den Auftrag, den Grund, weshalb wir noch immer dieses nicht enden wollende Senatus Consultum Ultimum ertragen müssen, kurzerhand zu zermalmen! Ich sage euch, holt Pompeius Magnus nach Hause, damit er erledigt, was der Gichtkrüppel noch nicht einmal in Angriff genommen hat — Catilina!«
Wieder brandete Beifall auf, bis Cato, Thermus, Fabricius und Lucius Marius ihr Veto einlegten.
Der Vorsitzende des Kollegiums und Leiter der Versammlung, Metellus Nepos, fand, daß es nun genug sei. Er schloß die Versammlung, höchst zufrieden mit dem, was er erreicht hatte, und ging Arm in Arm mit seinem Bruder Celer hinaus; gutgelaunt nahmen die beiden den Jubel der überglücklichen Plebejer entgegen.
»Wie würde es dir gefallen, einen kahlen Kopf zu bekommen, wenn dein Nachname
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