Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
Vom Netzwerk:
Caesars?« fragte Cicero ahnungslos.
    »Wach auf, Cicero! Es kann nicht in Caesars Absicht gelegen haben, Rabirius tatsächlich verurteilen zu lassen. Das hätte ihm seinen schönen Sieg wieder zunichte gemacht.« Catulus sah alt und krank aus. »Ich habe schreckliche Angst! Er ist wie Odysseus, sein Lebensstrang ist so stark, alle reiben sich daran auf. Ich verliere meine auctoritas, und schließlich wird mir nur noch der Tod bleiben.«
    »Unsinn!« rief Cicero.
    »Kein Unsinn, aber eine schwerverdauliche Tatsache. Weißt du, ich würde dem Mann ja einiges nachsehen, wenn er nicht so verflucht von sich eingenommen, so arrogant und unerträglich selbstzufrieden wäre! Sein Vater war ein ganzer Caesar, und Anklänge an ihn findet man auch in diesem hier, aber eben nur Anklänge.« Er erschauerte. »Dieser hier hat wesentlich mehr Verstand, und er hat keine Hemmungen. Überhaupt keine Hemmungen. Ich fürchte mich vor ihm.«
    »Schade, daß Cato heute nicht hier ist«, sagte Cicero, um das Thema zu wechseln. »Metellus Nepos wird auf der Rostra ohne Konkurrenz sein. Schon sonderbar, wie sich die beiden Brüder plötzlich für populäre Ideen stark machen.«
    »Pompeius Magnus’ Schuld«, sagte Catulus verächtlich.
    Cicero hatte seit ihrer gemeinsamen Dienstzeit unter Pompeius Magnus im Italischen Krieg eine Schwäche für Pompeius, also hätte man erwarten sollen, daß er vehement für den abwesenden Feldherrn eintreten würde. Doch ihm hatte etwas anderes die Sprache verschlagen. »Sieh mal!«
    Catulus wandte sich um und sah Marcus Porcius Cato über den leeren Platz zwischen Curtiusbrunnen und Komitium schreiten. Diesmal trug er eine Tunika unter der Toga. Jeder, der ihn erblickte, blieb staunend stehen, aber nicht etwa wegen der Tunika. Von den Augenbrauen bis zu der Stelle, wo der Hals in die Schultern überging, liefen auf beiden Seiten fünf blutrote, entzündete, eitrige Streifen über sein Gesicht.
    »Jupiter!« flüsterte Cicero.
    »Ach, ich könnte ihn küssen!« rief Catulus, lief zu Cato hinüber und ergriff seine Hand. »Cato, Cato, warum bist du gekommen?«
    »Weil ich Volkstribun bin und heute der erste Tag meiner Amtszeit ist«, antwortete Cato mit seiner gewohnt lauten Stimme.
    »Aber dein Gesicht!« erwiderte Cicero.
    »Gesichter heilen, Fehler nicht. Wenn ich Nepos auf der Rostra nicht entgegentrete, spielt er vollends verrückt.« Unter donnerndem Applaus stieg er hinauf auf die Rostra, um seinen Platz unter den zehn Männern einzunehmen, die an diesem Tag ihr Amt antraten. Er bemerkte den Beifall überhaupt nicht, so sehr war er damit beschäftigt, Metellus Nepos anzustarren. Pompeius’ Mann. Abschaum!
    Die Volkstribunen wurden nicht vom ganzen Volk (Patriziern und Plebejern) gewählt und vertraten nur die Interessen der Plebs, deshalb hatten die Sitzungen der Plebejischen Versammlung nicht den offiziellen Charakter der Volks- oder Zenturiatsversammlungen. Sie begannen oder endeten mit den kargen Zeremonien; es wurden keine Auspizien angestellt, keine rituellen Gebete gesprochen. Diese Schlichtheit trug erheblich zur Beliebtheit der Plebejischen Versammlung bei. Es ging gleich richtig los, man mußte sich weder über langweilige Litaneien noch über gackernde Auguren ärgern.
    Die heutige Sitzung der Plebejischen Versammlung war sehr gut besucht, zwischen der eiternden Wunde der Hinrichtungen ohne Prozeß und dem Balsam des Wissens würden die Funken sprühen. Die alten Volkstribunen verabschiedeten sich würdevoll; Labienus und Rullus bekamen den meisten Jubel. Und danach begann die eigentliche Sitzung.
    Metellus Nepos redete als erster, und niemand wunderte sich darüber; Cato war jemand, der lieber reagierte, als daß er die Initiative ergriff. Nepos hatte ein dankbares Thema — die Hinrichtung von Bürgern ohne einen Prozeß — und breitete sich mit brillanter Ironie und treffenden Metaphern darüber aus.
    »Und deshalb plädiere ich für ein Plebiszit, das so milde, so gnädig und vorsichtig formuliert ist, daß keinem der Anwesenden etwas anderes übrigbleiben wird, als seiner Umwandlung in ein Gesetz zuzustimmen!« sagte Nepos am Ende einer langen Rede, die sein Publikum mal zum Weinen, mal zum Lachen und nicht selten zum Nachdenken gebracht hatte. »Keine Todesurteile, kein Exil, keine Geldstrafen. Mitglieder der Plebs, ich schlage nichts weiter vor, als daß ein Mann, der die Hinrichtung römischer Bürger ohne Prozeß zu verantworten hat, bis an sein Lebensende keine öffentliche Rede

Weitere Kostenlose Bücher